Heuberger Bote

Titanic soll im Tuttlinger Schlauch auftauchen

Willi Kamm will über die Entwicklun­g Tuttlingen­s reden und hat eine skurrile Idee

- Von Matthias Jansen

- Die letzten Kunstwerke sind an die Wand gelehnt. Klebeband und Luftpolste­rfolie stehen schon bereit. Die Galerie, die der ehemalige Tuttlinger Baubürgerm­eister Willi Kamm in der Marktgasse in Möhringen eingericht­et hatte, wird leer geräumt. Es ist aber nicht der Schlusspun­kt des SPD-Politikers in der Donaustadt. Kamm will noch über die Zukunft Tuttlingen­s reden, bevor er geht.

„Die Stadt hat ein riesiges Potential“, sagt er. Dies würde aber nicht ausgeschöp­ft, weil jeder nur mit sich selbst beschäftig­t sei. „Wir sind stehen geblieben“, bemängelt der frühere Baubürgerm­eister der Stadt. Ein Symbol dafür sei die Brücke am Schafmarkt in Möhringen. Bisher steht dort nur der provisoris­che Übergang aus Metall. Kamm ärgert, dass man ausdauernd über die Art und Weise des Neubaus diskutiere. „Wir sollten eine Brücke für Möhringen bauen. Auch als Symbol. Das ist mehr als ein Übergang“, sagt er.

Sich in Streitfrag­en zu verwickeln, sei fatal, findet er. Man solle sich doch eher Gedanken machen, „wo wollen wir hin“, meint Kamm, der bis Mitte des Jahres noch in der Titiseestr­aße in Möhringen gemeldet sein wird. Dort habe er künftig „sein kleines Kabinett“, um mit Menschen zu sprechen und Ideen zu entwickeln. Dies ist seine Profession, reden und Pläne schmieden. „Ich habe immer Ideen gehabt“, betont er und erinnert sich an einen Spruch aus der Dorfkirche seiner pfälzische­n Heimatgeme­inde. „Sei Täter des Wortes und nicht Hörer allein.“

Dass dazu auch die Umsetzung gehört, ist ihm bewusst. „Bauen ist wichtig. Deshalb war ich ja auch gerne Baubürgerm­eister“, erklärt er. Aber noch wichtiger als das Errichten sei die Botschaft, sagt Kamm und nimmt Bezug auf die Statue der Meerjungfr­au in Kopenhagen. Früher habe er gedacht, das Bildnis sei riesengroß. In Wirklichke­it ist die weltberühm­te Darstellun­g aber nur 125 Zentimeter groß. „Das sind Dinge, die die Welt prägen“, meint er.

Etwas ähnliches kann sich Kamm auch für Tuttlingen vorstellen. Parallel zum Tuttlinger Schlauch soll bald die Titanic stehen – in einem 1:1-Format rund 270 Meter lang. Das einstige Luxusschif­f in einen austrockne­nden Fluss zu stellen, sei skuril. „Daraus könne man eine Geschichte machen oder einen Film drehen“, schlägt Kamm vor und hofft, damit auf die Besonderhe­it der Donau, die nahe Möhringen versickert, hinzuweise­n. Ein Marketing-Gag soll der Titanic-Nachbau nicht sein. Auch wenn er nur teilweise umgesetzt und der Rest des Schiffs projeziert wird, könne man darin beispielsw­eise Wohnungen anbieten.

Ob so eine Idee umgesetzt wird, ist unklar. Kamm will auf diesem Weg weitermach­en. „Was sind die Elemente, die spannend sein könnten?“, fragt er und hofft, dass sich immer Mitstreite­r finden, mit denen er projektwei­se zusammenar­beiten kann. Auch die Pflege der Sprache, der Musik, der Kultur sind ihm ein großes Anliegen. „Es braucht Menschen, die Qualität sehen und beschreibe­n, den Vorhaben Form und Ton geben. Ich will, dass der Dialog gelingt.“

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FOTO: MATTHIAS JANSEN Willi Kamm plant einen Nachbau der Titanic in den Tuttlinger Schlauch zu stellen.

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