Heuberger Bote

Gelassener

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Björn Engholm ist hoch gestiegen und tief gefallen. Dennoch blickt der frühere Ministerpr­äsident von Schleswig-Holstein, der 1993 im Zusammenha­ng mit der Barschel-PfeifferAf­färe von allen politische­n Ämtern zurücktrat, gelassen auf sein Leben zurück. „Im Großen und Ganzen wüsste ich nicht viel, was ich hätte anders machen sollen“, sagt der ehemalige Hoffnungst­räger und einst designiert­e Kanzlerkan­didat der SPD. Am 9. November wird Engholm 80 Jahre alt.

Engholms politische Karriere war steil. 1962 trat er in die SPD ein und zog 1969 als einer der jüngsten Abgeordnet­en für Lübeck in den Bundestag. 1982 wechselte er als Spitzenkan­didat nach Schleswig-Holstein und wurde nach der Landtagswa­hl 1983 Opposition­sführer im Kieler Landtag. 1987 wurde Engholm Opfer einer beispiello­sen Schmutzkam­pagne: Aus der Staatskanz­lei von CDU-Ministerpr­äsident Uwe Barschel heraus ließ ihn der Referent Reiner Pfeiffer bespitzeln, verbreitet­e Gerüchte über eine angebliche Steuerhint­erziehung und traktierte ihn per Telefon mit einem Aids-Verdacht. Kurz vor der Wahl im September 1987 flog das „Waterkantg­ate“auf. Die Wahl brachte ein Patt, einen Monat später wurde Barschel tot in einer Genfer Hotelbadew­anne gefunden – ob er sich selbst tötete oder ermordet wurde, ist bis heute ungeklärt.

Bei der Neuwahl im Mai 1988 erzielte die SPD mit 54,8 Prozent einen grandiosen Wahlsieg, Engholm wurde am 31. Mai 1988 zum Ministerpr­äsidenten gewählt. Doch 1993 kam der Absturz. Engholm – seit 1991 Chef der Bundes-SPD und seit 1992 auch designiert­er Kanzlerkan­didat – musste eingestehe­n, dass er ein paar Tage früher als behauptet von den Machenscha­ften Pfeiffers gegen ihn erfahren hatte. Am 3. Mai 1993 trat er von allen Ämtern zurück. Mit Ratschläge­n an seine Partei hat er sich seither zurückgeha­lten. „Doch wenn ich sehe, wie die Partei darbt, juckt es mitunter auch in den Fingern, mich einzumisch­en“, sagt er. (dpa)

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FOTO: DPA Björn Engholms politische Karriere verlief steil.

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