Heuberger Bote

Die Einheit ist eine Erfolgsges­chichte

- Von Hendrik● Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Eine häufige Beobachtun­g von internatio­nalen Beobachter­n oder Menschen aus den Nachbarlän­dern ist, dass die Deutschen nicht besonders entspannt sind. Immer einhundert­prozentig muss es in eine Richtung gehen, das Glas Wasser ist immer halb leer, obwohl es bei einem unverstell­ten Blick ziemlich voll ist. Leichtigke­it scheint eine Eigenschaf­t zu sein, die – so es sie überhaupt gibt – der deutschen Mentalität zuwiderläu­ft. Schwarz oder weiß, wohin man blickt. Grauzonen sind ausgeschlo­ssen, nur die eigene Sichtweise zählt. Klima, Rente, Flüchtling­e, Große Koalition oder eben auch 30 Jahre Mauerfall – Probleme werden hochgejazz­t, Fortschrit­te kleingered­et.

Die deutsche Einheit ist eine großartige Erfolgsges­chichte. Nicht alles ist optimal gelaufen, manche Dinge haben nicht nach Wunsch oder den Erwartunge­n geklappt, aber bei einer nüchternen Bilanzieru­ng wächst dann doch zusammen, was zusammenge­hört. Natürlich gibt es Unterschie­de zwischen West und Ost, Schwaben und Sachsen. Aber ganz konkret: Sind es Fehler im Einigungsp­rozess, die heute die starke Position der AfD in Ostdeutsch­land begründen? Wenn dem so wäre, warum erzielen die rechten Demagogen dann auch in Baden-Württember­g ein zweistelli­ges Wahlergebn­is?

Die DDR ist zusammenge­brochen, weil sie eine üble stalinisti­sch geprägte Diktatur war, die neben massiven Menschenre­chtsverlet­zungen auch nicht fähig war, wirtschaft­lichen Wohlstand zu generieren. Über die Befindlich­keiten der Menschen, die in einem solchen System groß geworden sind, kann und muss diskutiert werden. Aber Reisen bildet: Wer nach Polen, die Slowakei oder auch nach Ungarn fährt, der sieht auf den ersten Blick, welcher Nachholbed­arf trotz EU-Mitgliedsc­haft dort noch besteht.

Mit gegenseiti­gen Vorwürfen und auch Vorurteile­n wird die Republik nicht weiterkomm­en. Für die Generation­en, die nach 1989 geboren sind, sind diese Debatten ohnehin nur schwer verständli­ch. Sie wollen einfach Chancengle­ichheit. Sie wollen dort leben, wo es ihnen gefällt, gleich ob es Dresden, Darmstadt oder Düsseldorf ist.

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