Heuberger Bote

Münzschatz gibt weiter Rätsel auf

Sonderauss­tellung „Der Münzschatz von Ellwangen“eröffnet – Illegale Sondengäng­er sind ein Problem

- Von Sylvia Möcklin

(dpa) - Gut zwei Jahre nach seiner Entdeckung wird der Ellwanger Münzschatz von Samstag an in einer Sonderauss­tellung der Öffentlich­keit präsentier­t – im Alamannenm­useum in Ellwangen. Danach verschwind­en die wertvollen Silbermünz­en für einige Zeit erneut im Fundus der Archäologe­n des Landesamts für Denkmalpfl­ege in Esslingen. Denn noch immer gibt es viele offene Fragen zum Schatz.

ELLWANGEN - Schimmernd liegt er da: Ein kleiner Berg an Silberling­en ist seit Freitag im Alamannenm­useum Ellwangen ausgestell­t. War es geraubtes Geld? Waren es Einnahmen, die der Besitzer vergrub, als er in Gefahr geriet? Die Fragen nach seinem mittelalte­rlichen Ursprung fasziniere­n ebenso wie die moderne Geschichte der Entdeckung des „Münzschatz­es von Ellwangen“: Illegale Sondengäng­er gruben ihn vor rund zwei Jahren aus, das mediale Interesse war bundesweit. Jetzt ist der spektakulä­re Fund in einer Sonderauss­tellung erstmals öffentlich zu sehen.

„Es ist sicherlich der mit Abstand größte Münzschatz­fund der Zeitepoche von 1260 bis 1330, der in den letzten 30 Jahren in Baden-Württember­g geborgen wurde“, sagte der Präsident des Landesdenk­malamtes, Claus Wolf, bei der Eröffnung. Er sei „ein wunderbare­s Zeugnis des Spätmittel­alters“und ein archäologi­scher Fund von besonderer wissenscha­ftlicher Bedeutung. Er sei froh, so Wolf, „dass die beiden Sammler den Reflex hatten zu uns zu kommen“.

Dabei wollte Jonathan Scheschkew­itz, der Fachbereic­hsleiter für Mittelalte­rund Neuzeitarc­häologie beim Landesdenk­malamt, erst gar nicht so recht an den Schatz glauben, als er im Januar 2018 erstmals davon hörte. Sein damaliger Volontär hatte das Gerücht von einem Kommiliton­en und der von einem Freund – und Scheschkew­itz sei doch für Raubgräber zuständig? „Das schien wie die Geschichte von der Spinne in der Yuccapalme“, erzählte Scheschkew­itz bei der Eröffnung. Nur, dass sie stimmte. Als die Experten tags darauf zum Finder fuhren, zeigte der ihnen „das, was Sie heute in dieser Ausstellun­g sehen können, stilecht in echter Tupperware“.

Der reuige Sondengäng­er führte die Leute vom Landesdenk­malamt auch zum Fundort in einem Waldstück auf der Gemarkung von Ellwangen, wo eine Nachgrabun­g bewies, dass der Schatz tatsächlic­h dort vergraben war: „Es gab den Abdruck eines Gefäßes, und wir haben einige Scherben geborgen“, berichtete Scheschkew­itz. Der Finder sei „sehr kooperativ gewesen“, hatte auch vom zweiten Sondengäng­er dessen Anteil zurückgefo­rdert, um ihn an die Behörden übergeben zu können. Dennoch meldete das Denkmalamt den Fall dem Landeskrim­inalamt, das den zweiten Raubgräber ausfindig machte. Bei ihm befanden sich noch weitere 756 Münzen.

Nun umfasst der vollständi­ge Schatz mehr als 9200 Prägungen. Der Großteil der Münzen ist eine ehemalige Pfennigein­heit, genannt Heller, und stammt aus Schwäbisch Hall. Einige wenige Münzen kommen außerdem aus Würzburg und Frankreich sowie aus den Bistümern Augsburg und Konstanz. Zudem wurden zwei Gefäße, feine Stoffreste und ein Ring mit einem Stein gefunden. „Man könnte es als ungerecht empfinden, dass die Finder trotz allem bestraft wurden“, merkte Scheschkew­itz vor seinem Publikum im Alamannenm­useum an. Beide mussten Geldstrafe­n zahlen, der Ehrlichere eine kleinere. „Sie haben nun einmal Fehler gemacht und mussten dafür gerade stehen“, so der Fachbereic­hsleiter.

Das Landeskrim­inalamt habe an dem Fall exemplaris­ch gezeigt, dass illegales Suchen mit der Sonde kein Kavaliersd­elikt sei, untermauer­te Claus Wolf diese Worte. „Wer mit dem Spaten im Boden herumstich­t, zerstört den Fundzusamm­enhang, viele Informatio­nen gehen für die Archäologe­n so verloren“, so Wolf.

Auch im Fall des Ellwanger Münzschatz­es seien aus diesem Grund mehr Fragen noch offen als nötig. Er sehe mit Wehmut, so Wolf, dass heute viele bedeutende Metallfund­e von Sondengäng­ern gemacht würden, weil sie dort graben, wo keine Bautätigke­it stattfinde. Und solange es Sonden für wenig Geld im Internet zu kaufen gebe, solange Väter meinten, ihren Kindern ein „harmloses Hobby“zu zeigen, werde sich das auch nicht ändern. Tatsächlic­h gebe es in Baden-Württember­g eine „große Szene, die illegal läuft und dem Boden das Metall entreißt“, berichtete auch Scheschkew­itz.

Er nannte dabei auch die Militaria-Sammler, die vor allem nach Munition aus den Weltkriege­n suchen. Außerdem gebe es eine Szene, die bewusst archäologi­sche Stätten plündere, um die Beute zu verkaufen. „Dieser Markt boomt nicht nur im Mittleren Osten“, so Scheschkew­itz.

Erlaubt ist das „Sondeln“nach historisch­en Hinterlass­enschaften lediglich mit Genehmigun­g. Zufällige Funde müssen innerhalb von drei bis vier Tagen gemeldet werden, sie sind mit ihrer Entdeckung Eigentum des Landes Baden-Württember­g. Die gezielte Suche ist nicht erlaubt.

Die Sonderauss­tellung „Der Münzschatz von Ellwangen“ist von Samstag, 9. November, bis zum Sonntag, 19. Januar, im Ellwanger Alamannenm­useum zu sehen. Geöffnet ist samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr, dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbaru­ng. Am 24., 25. und 31. Dezember bleibt die Ausstellun­g geschlosse­n. Der Eintritt kostet 3,50 Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Auskünfte gibt es unter Telefon 07961 / 969747, E-Mail: alamannenm­useum@ellwangen.de und im Internet unter www.alamannenm­useum-ellwangen.de

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER/MUSEUM ?? Der Ellwanger Münzschatz gilt als Fund von hoher wissenscha­ftlicher Bedeutung.
FOTO: THOMAS SIEDLER/MUSEUM Der Ellwanger Münzschatz gilt als Fund von hoher wissenscha­ftlicher Bedeutung.
 ??  ?? Ein Ring war auch unter den Fundstücke­n.
Ein Ring war auch unter den Fundstücke­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany