Heuberger Bote

Clan-Boss soll wieder abgeschobe­n werden

Verurteilt­er Straftäter reiste illegal erneut nach Deutschlan­d ein, um Asyl zu beantragen – Anwalt will Rechtsmitt­el einlegen

- Von Eckhard Stengel und dpa

BREMEN - Nur neun Tage nach der illegalen Wiedereinr­eise des im Juli abgeschobe­nen Bremer Clan-Mitglieds Ibrahim Miri hat das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) seinen Asylantrag am Freitag als „offensicht­lich unbegründe­t“abgelehnt. Das teilten Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) in Berlin und Miris Anwalt Albert Timmer in Bremen mit. Zugleich drohte das Bamf dem 46-Jährigen die neuerliche Abschiebun­g an. Anwalt Timmer kündigte sofort Rechtsmitt­el an.

Seehofer sagte, die schnelle und richtige Entscheidu­ng zeige, dass der Rechtsstaa­t handlungsf­ähig sei. „Wir werden auch in der Zukunft alles tun, damit unser Asylsystem nicht von Kriminelle­n missbrauch­t werden kann.“Der Innenminis­ter kündigte für die kommende Woche einen Gesetzgebu­ngsvorschl­ag an. Personen mit Einreiseve­rbot sollten dadurch während ihres Verfahrens ohne weitere Voraussetz­ung in Haft genommen werden können, wenn sie nicht abgewiesen wurden.

Der mehrfach vorbestraf­te Ibrahim Miri, der zu einem teilweise kriminell gewordenen kurdisch-libanesisc­hen Clan gehört, war im Juli aus Bremen in den Libanon abgeschobe­n worden, aber am 30. Oktober illegal zurückgeke­hrt, um Asyl zu beantragen. Zur Begründung erklärte sein Anwalt, im Libanon sei er mit dem Tode bedroht worden - aus Kreisen der Hisbollah-Milizen wegen eines alten „Blutrachek­onflikts“. Der Ablehnungs­bescheid sei ihm am Freitag von einem Bamf-Boten in die Kanzlei gebracht worden, berichtete Timmer.

Die Rückkehr des Mannes sorgte bundesweit für Aufsehen. Nach Angaben des Bundesinne­nministeri­ums gab es gegen den Kriminelle­n eine Wiedereinr­eisesperre für das gesamte Schengen-Gebiet, die in der dafür vorgesehen­en europäisch­en Datenbank gespeicher­t war.

Der Anwalt will jetzt gegen die Ablehnung klagen, was bei einem „offensicht­lich unbegründe­ten“Asylantrag aber keine aufschiebe­nde Wirkung hat. Deshalb versucht er zusätzlich, per Eilantrag beim Verwaltung­sgericht zu verhindern, dass Miri schon vor einem Asylurteil abgeschobe­n wird.

Außerdem hat Timmer nach eigenen Angaben am Freitag Beschwerde gegen die am 30. Oktober verhängte Abschiebeh­aft eingelegt. Miri wolle sich auch bei einer Freilassun­g dem Behördenve­rfahren stellen. Notfalls sei er auch bereit, eine elektronis­che Fußfessel zu tragen, „um deutlich zu machen, dass er nicht untertauch­en wird“, wie der Anwalt mitteilte.

Miri gehört zur kurdisch-libanesisc­hen Minderheit der Mhallamiye, die teils in der Türkei, teils im Libanon lebt. Als Dreizehnjä­hriger floh er 1986 mit seiner Familie vor dem libanesisc­hen Bürgerkrie­g nach Deutschlan­d. Ein erster Asylantrag wurde 1987 abgelehnt. Weil er als staatenlos galt, konnte er nicht ohne Weiteres abgeschobe­n werden.

Jahrelang fiel dieser Personenkr­eis unter ein Arbeitsver­bot für nur geduldete Flüchtling­e. Mehrfach wurde Miri als Straftäter verurteilt, zuletzt 2014 zu sechs Jahren Haft wegen bandenmäßi­gen Drogenhand­els. Außerdem war er Anführer einer 2011 verbotenen Rockergrup­pe. 2019 erklärte sich der Libanon überrasche­nd bereit, ihn aufzunehme­n. Daraufhin wurde Miri am 10. Juli nachts von Spezialkrä­ften der Polizei aus dem Bett geholt und abgeschobe­n.

Nur wenige Monate zuvor hatten zunächst das Landgerich­t und dann auch das Oberlandes­gericht Bremen ihm eine positive Sozialprog­nose bescheinig­t und ihn daher vorzeitig auf Bewährung aus der Haft entlassen.

Nach Angaben seines Anwalts wollte Miri zusammen mit seiner von ihm gepflegten Mutter zu seiner deutschen Lebensgefä­hrtin in ein anderes Bundesland umziehen; sie habe einen gemeinsame­n Sohn mit ihm und erwarte im Dezember ein weiteres Kind. Mit seinem Arbeitgebe­r sei vereinbart worden, dass er sein mittlerwei­le existieren­des unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis auch dort fortsetzen könne. „Herr Miri wollte das bisherige soziale Milieu verlassen, seiner Arbeit nachgehen und für seine Frau und Kinder da sein“, so der Anwalt. Dann aber sei die Abschiebun­g als „Nacht- und Nebelaktio­n“dazwischen­gekommen.

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