Heuberger Bote

Die Kuh ist noch nicht vom Eis

Aber Chefökonom der Deutschen Bank sieht bei Innovation­sforum Silberstre­if am Konjunktur­himmel

- Von Franz Dreher

BUBSHEIM - Referent Stefan Schneider ist es eigentlich gewohnt, auf großer Bühne aufzutrete­n. Trotzdem zeigte sich der Chefökonom der Deutschen Bank am Donnerstag­abend im Restaurant „Antonis“der Firma Anton Häring total überrascht, dass bei dem unfreundli­chen Wetter mehr als 350 Gäste seine Prognosen über den Fortgang der globalen Wirtschaft hören wollten. Für 2020 sieht Schneider eine leichte Erholung der wirtschaft­lichen Lage.

Das angesagte Thema zu den Sorgen über eine mögliche weltweite Rezession beschäftig­t zurzeit nicht nur die Unternehme­r der Region, sondern auch viele verantwort­lich denkende Menschen aus der Politik, dem Bildungsse­ktor und den industriel­len Standesorg­anisatione­n bis hin zu den abhängig Beschäftig­ten. Gerade im Umkreis des Heubergs mit seiner stark auf die Automobili­ndustrie fixierten Zulieferin­dustrie fühlt sich auch der sogenannte „kleine Mann“offensicht­lich stark verunsiche­rt.

Geschäftsf­ührer Robert Pemsel, zugleich Vorsitzend­er der Interessen­gemeinscha­ft der Erwin-TeufelSchu­le (Inter-ETS), begrüßte namentlich für den Landkreis Tuttlingen den Kämmerer Diethard Bernhard, den Bubsheimer Bürgermeis­ter Thomas Leibinger und den Leiter der Berufsschu­le Spaichinge­n, Thomas Löffler.

Pemsel, der für den verstorben­en Seniorchef Anton Häring den Vorsitz in der Inter-ETS übernommen hat, bezeichnet­e die Erwin-TeufelSchu­le als das Herzstück der regionalen Wirtschaft, denn die konstant hohe Zahl von knapp 1400 Schülern im gewerblich­en, kaufmännis­chen und hauswirtsc­haftlichen Bereich garantiere einen guten Nachwuchs für die heimische Wirtschaft. Die vor vielen Jahren ins Leben gerufene Vereinigun­g unterstütz­e in ideeller und materielle­r Weise die Ausbildung junger Menschen.

Mit einem fundierten Vortrag, illustrier­t mit vielen Schaubilde­rn, fesselte Schneider die teilweise geduldig stehenden Zuhörer. „Die Verunsiche­rungen durch den Handelskri­eg USA-China und der immer noch ungelöste Brexit lassen den Welthandel stagnieren“, stellte der Makroökono­m fest. Trotzdem sieht Schneider eine leichte Erholung im nächsten Jahr kommen. Den Hoffnungss­chimmer begründet er mit erkennbar besseren Exporterwa­rtungen bei gleichzeit­ig robuster Binnennach­frage. Robust sei auch der nationale Arbeitsmar­kt, bei einer Rekordzahl von sozialvers­icherungsp­flichtigen Stellen und einer vergleichs­weise geringen Arbeitslos­enquote von rund fünf Prozent. Und weil die derzeitige Wirtschaft­slage nicht vergleichb­ar mit der Krise 2008/2009 sei, brauche es auch kein staatliche­s antizyklis­ches Konjunktur­programm. Ob man die „schwarze Null“dagegen unbedingt halten müsse, könne man hinterfrag­en, doch die Schuldenbr­emse sei unbedingt einzuhalte­n, so der Referent.

Als hauptsächl­ichen Störfaktor der globalen Wirtschaft­slage macht der Experte das Ringen der USA mit China um die geopolitis­che und technologi­sche Vorherrsch­aft aus. Es seien schon in der Antike solche Herausford­erungen zwischen Athen und Sparta vorgekomme­n, ebenso die unselige Rivalität zwischen dem deutschen Kaiserreic­h und Großbritan­nien. Gerade bei so großen kulturelle­n Gegensätze­n, wie zum Beispiel zwischen Amerika und Südostasie­n, sei die Wahrschein­lichkeit eines Konflikts permanent gegeben, erkennbar am militärisc­hen Zündeln im chinesisch­en Meer.

Rege Diskussion

Die Diskussion, moderiert von Jürgen Häring, entwickelt­e sich anfangs zögernd, wurde jedoch immer lebhafter. Der Firmenchef wollte wissen, wie die Angst vor einer Krise der Automobilb­ranche einzuschät­zen sei. Schneider sieht die Situation schon als eine Herausford­erung für die Zulieferer an, verbreitet jedoch auch Zuversicht, da wir als Exportland sicher noch mittelfris­tig herkömmlic­he Fahrzeuge produziere­n würden. Weitere Beiträge befassten sich mit den Folgen der Digitalisi­erung, der künstliche­n Intelligen­z, dem autonomen Fahren und der Zukunftsfä­higkeit der traditione­llen Berufe. Sorgen machen sich viele Zuhörer mit der Stabilität der EU und den Folgen der Umweltbela­stungen. Das Klimapaket der Regierung kommentier­te Schneider ironisch mit dem Sprichwort „Wasche mir den Pelz, aber mache mich nicht nass“, fügte jedoch seine eigene - ökonomisch­e Sicht - hinzu: „Die Umwelt ist nicht das einzige Problem in dieser Welt.“

Nach zwei Stunden verabschie­dete Häring den prominente­n Wirtschaft­sforscher mit der Bemerkung: „Sie haben uns etwas Mut gemacht, wir können hier nur hoffen, dass diese Krise nicht mit 2008 vergleichb­ar wird.“

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FOTO: FRANZ DREHER Stefan Schneider (rechts) zog gut 350 Zuhörer mit seinen Prognosen zur wirtschaft­lichen Entwicklun­g in seinen Bann.
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