Barockmusik aus Süd und Nord
Ensemble Pretiosa interpretiert bei „vis-à-vis“Werke aus dem 17. Jahrhundert
– Das Ensemble Pretiosa hat am Donnerstagabend im Rahmen der Volksbank-Konzertreihe „vis-à-vis“sein Publikum mit Werken aus dem 17. Jahrhundert, darunter eine „neuzeitliche Uraufführung“bezaubert.
Besonders die Kompositionen von Christian Geist haben es dem neunköpfigen Ensemble aus Studierenden und Absolventen der Trossinger Musikhochschule angetan. Der um 1650 in Güstrow geborene Organist hatte ein Faible für die Musik Italiens. Dennoch zog es ihn auf Stellensuche nach Norden, nach Kopenhagen und Stockholm. Rund 60 seiner Vokalwerke sind überliefert, werden aber kaum aufgeführt. Zu Unrecht, wie die Zuhörer im gut besuchten Würfelsaal rasch erkannten. Das erst vor zwei Jahren gegründete Ensemble hat Geists langsame und intime Motette „Se univit Deus coeno“aus dem Jahre 1670 aus dem über dreihundertjährigen Schlaf in einem Archiv aufgeweckt und präsentierte sie hervorragend.
Ensembleleiter und Organist Fynn Liess erklärte in seiner informativen Moderation die wohldurchdachte Gegenüberstellung der Werke Geists mit einigen seiner italienischen Vorbilder. Auch stellte er die Instrumente vor, alles Nachbauten historischer Originale, und ging auf die Bedeutung einiger der lateinischen Bibelzitate ein, die Geist vertont hatte: das Loblied „O immensa bonitas“oder die Frage „Altitudo, quid hic jaces?“aus der Weihnachtshymne. Die Sopranstimmen von Cornelia Fahrion und Marlene Holzwarth harmonierten bestens mit dem angenehmen Timbre des Bassbaritons Andreas Maximilian Ocker.
Die italienischen Werke des mit „Von Strandlilien und Dünenrosen“überschriebenen Programms waren je zwei Kompositionen von Girolamo Frescobaldi und dessen Zeitgenossen Giovanni Paolo Cima, sowie die 390 Jahre alte Sonata Prima des Venezianers Dario Castello. Bei diesem frühlingsfrischen Stück mit verblüffend schnellen Tonfolgen überzeugten Fingerfertigkeit und Atemtechnik der spanischen Blockflötistin Carla Escuredo: Der Beifall war kräftig und langanhaltend. Mindestens ebenso begeistert reagierten die Zuhörer auf die Leistung von Zeynep Cokunmeriç, Solistin an der Barockvioline, bei der Sonate in d-Moll des Elsässers Philipp Friedrich Boeddecker aus dessen „Sacra Partitura“von anno 1651. Mit diesem der Herzogin Sybilla gewidmeten Werk hatte sich der Organist eine Anstellung als Stuttgarter Hofkapellmeister erhofft – vergeblich. Als zuverlässige Basso continuo-Spieler agierten auch hier Thomas Dombrowski (Viola da gamba), der Brasilianer Guilherme Marcolino Ribeiro (Violine), der Spanier Miguel Bellas an der Theorbe und Fynn Liess am Orgelpositiv.
Als Dank für den langen Schlussapplaus wiederholte das Ensemble das Ende von Geists Loblied auf die unendliche Güte des Herrn.