Mediterrane Eleganz und Erdverbundenheit
Das Boutiquehotel Friesinger in Kressbronn, in dessen Parterre das Restaurant Meersalz beheimatet ist, stammt aus den 1920er-Jahren und wirkt angenehm nostalgisch. Der Weg zum Eingang führt durch einen grünen Gastgarten. Alles hat etwas Lauschiges, Heimeliges. Im Restaurant dominiert dann eine warme Eleganz, die von natürlichem Holz und gedeckten Tönen herrührt. Das aufmerksame Duo aus Kellnerin und Kellner huscht in neutralem Schwarz durch die gastliche Szenerie, immer bereit, ein Glas nachzuschenken. Auch die Chefin, Dominique Essink, zeigt Präsenz.
Küchenchef Erik Essink hat sich über die Jahre hinweg offenbar der Reduktion aufs Wesentliche verschrieben. Der Stil des Restaurants weist in Richtung mediterranes fine dining, zeigt dabei aber eine gewisse Erdverbundenheit. Mit einer kleinen Karte, die auf einem Blatt Papier Platz hat, bemüht sich der Küchenchef, die jeweilige Jahreszeit auf den Punkt zu bringen – wobei der Anteil an Fisch erfreulich hoch ist. Zunächst macht Brot aus dem eigenen Ofen nebst einem fruchtigen Olivenöl und zweierlei Salz dem Namen des Hauses alle Ehre. Als Aufmerksamkeit aus der Küche folgt ein frittiertes Strudelsäckchen mit einer kraftvollen Fülle aus Parmesan und Parmaschinken. Mit einem Klecks Melonen-Chutney ist es sozusagen die Abstraktion der klassischen Vorspeise Rohschinken mit Melone – erweitert um einen schönen Knuspermoment. Ganz wunderbar gelungen ist auch der sehr maskulin schmeckende Ziegenkäse im Kataifi-Teigmantel. Dabei handelt es sich um Engelshaar gleichende Knusperfäden, die den Käse umhüllen. In Begleitung eines schönen Blattsalats mit ausgewogen süß-säuerlichem Dressing ist der Teller pure Gaumenfreude. Das gilt im Prinzip auch für das Duo aus Jakobsmuschel und Oktopus, das da um einen kleinen Salat aus froschgrünen Meeresalgen drapiert ist. Der gebratene Pulpo ist schön mürbe, wenn auch stellenweise etwas trocken. Bei der Jakobsmuschel stellt sich das Gefühl ein, der Vorrat könnte fast aufgebraucht sein, denn der Chef serviert sie in der Mitte zerteilt – also aufgeschnitten wie ein Weckle, was bei einem Preis von 18 Euro doch ein bisschen sparsam wirkt. Dafür: geschmacklich tadellos.
Im Hauptgang finden sich Pfifferlinge in Rahm mit dünnen Bandnudeln. Die Hauptrolle spielen Tranchen von einer Kaninchenroulade, die sowohl Fleisch als auch Fleischfarce geschmacklich harmonisch verbinden. Ein kleines Ratatouille sorgt für etwas Farbe sowie eine weitere Geschmacksnuance. Das giftige Grün des Brokkoli erweitert das Spektrum – leider ist das Gemüse deutlich zu weich geraten. Insgesamt wirkt das Gericht etwas braver als
Essinks Fähigkeiten es zulassen würden. Großes kulinarisches Verständnis sowie einen natürlichen Umgang mit besten Zutaten dokumentiert indes der große Dessert-Reigen von Sorbet bis Schokokuchen. Das Himbeereis glänzt mit intensiver Frucht, das Halbgefrorene von der Erdbeere federt es sanft ab. Ein Schäumchen auf Kaffeebasis, eine Schokoladenmousse und weitere Happen komplettieren ein schönes Menü, das Essinks Ruf als verlässliche Größe der besseren Gastronomie festigt.