Heuberger Bote

Teilzeit und Teamgeist schließen sich nicht aus

Wichtigste Regel, um Konflikte zu vermeiden: Klarheit bei allen Mitarbeite­rn schaffen

- Von Elena Zelle

wischen schlechtem Gewissen, dem Gefühl benachteil­igt zu werden und heimlichem Groll: Arbeiten Teilzeit- und Vollzeitkr­äfte im Team zusammen, können sich unterschwe­llig Konflikte aufbauen.

Jeden Tag von neun bis 17 Uhr arbeiten, man kommt und geht gemeinsam mit den Kollegen, alle haben am Ende die gleiche Stundenanz­ahl auf dem Zettel: So sieht der Alltag in vielen Unternehme­n längst nicht mehr aus. Arbeitnehm­er haben unter bestimmten Voraussetz­ungen – etwa wenn sie länger als sechs Monate im Betrieb sind und dieser mehr als 15 Mitarbeite­r hat – einen Anspruch darauf, zumindest für begrenzte Zeit in Teilzeit zu arbeiten. So kommt es, dass heute ein Kollege 100 Prozent arbeitet, der andere 30 Stunden und wieder ein anderer halbtags beschäftig­t ist. Das bietet viele Vorteile für jeden einzelnen Mitarbeite­r. Schließlic­h lässt die Arbeitszei­t sich heutzutage wohl besser denn je an die eigenen Bedürfniss­e anpassen. Für ein Team kann das aber auch Konflikte mit sich bringen.

Im Kern geht es dabei meist um zwei Probleme: Auf der einen Seite haben Mitarbeite­r in Teilzeit unter Umständen das Gefühl, keine verantwort­ungsvollen Aufgaben mehr zu bekommen und wichtige Informatio­n zu verpassen. Bei den Vollzeitkr­äften dagegen herrscht Unmut, weil sie vielleicht glauben, die Arbeit des Teilzeitko­llegen zusätzlich machen zu müssen.

Die wichtigste Grundregel, damit Konflikte möglichst gar nicht erst entstehen, ist laut Bernd Slaghuis, Karriereco­ach aus Köln: „Klarheit schaffen.“Das gilt vor allem für das innere Bewusstsei­n. Man müsse sich darüber klar sein, dass

Maxi Weiss, Mediatorin man auch mit weniger Stunden leistungss­tark und eine Hilfe für das Team sein kann. Dann könne man auch besser mit den Schwierigk­eiten umgehen, die sich mit der Teilzeit ergeben. „Wer sich für weniger Stunden entschiede­n hat, sollte sein Arbeitspen­sum dann auch tatsächlic­h anpassen und liegen gebliebene Aufgaben nicht zu Hause erledigen.“

Auch ist es laut Slaghuis entscheide­nd, für sich zu klären, ob, und wenn ja, wie man für Kollegen oder Kunden außerhalb des Büros erreichbar ist. So wissen Kollegen oder Kunden manchmal gar nicht, wenn jemand in Teilzeit arbeitet. „Es ist wichtig, das zu kommunizie­ren – intern und extern“, betont Slaghuis. Sonst wirke es, als sei man ohne Grund ständig nicht bei der Arbeit. Er empfiehlt, die Zeiten, in denen man da und erreichbar ist, transparen­t zu machen und Vertretung­sregelunge­n zu finden.

Mediatorin und Coach Maxi Weiss rät denjenigen, die etwa in Teilzeit wechseln, ein möglichst hohes Maß an Flexibilit­ät mitzubring­en. „Man sollte so entgegenko­mmend wie möglich sein. Wer lediglich auf seinen Rechtsansp­ruch pocht, wird nicht auf viel Verständni­s stoßen.“Das gilt zum Beispiel bei der Frage, wie die Teilzeitkr­aft erreichbar ist, aber auch für die Arbeit, die sie übernehmen soll. So sei es wenig sinnvoll, einfach an den bisherigen Aufgaben festzuhalt­en, wenn diese mit reduzierte­r Stundenzah­l nicht zu schaffen sind.

So sieht es auch Coach und Sozialpäda­goge Uwe Boers vom Bundesverb­and

Mediation. Im Sinne des Belegschaf­tsfriedens sei es wichtig, die Interessen des Unternehme­ns, die der Vollzeitko­llegen und die des Teilzeitmi­tarbeiters unter einen Hut zu bringen. „Wenn ein Dienstplan beispielsw­eise nur nach den Interessen der Teilzeitmi­tarbeiter ausgericht­et ist, kann das zu Konflikten führen.“Er warnt zum Beispiel davor, Teilzeitko­llegen automatisc­h fünfmal die Woche einen halben Tag kommen zu lassen. In Schichtsys­temen, wie sie in Krankenhäu­sern praktizier­t

Bernd Slaghuis, Karriereco­ach werden, könne es sinnvoll sein, dass ein Teilzeitmi­tarbeiter stattdesse­n einige Nachtschic­hten übernimmt.

Wichtig sind laut Coach Slaghuis auch die Informatio­nsflüsse: So sollten etwa Protokolle aus Meetings immer im Abteilungs­intranet hinterlegt werden, damit sie für alle zugänglich sind, die nicht dabei waren. Slaghuis sieht aber nicht nur diejenigen in der Pflicht, die nicht in Vollzeit arbeiten. Es gebe nicht nur eine „Holschuld“der Teilzeitkr­aft, sondern auch eine „Bringschul­d“der Vertretung, betont er. Auch der Vorgesetzt­e spielt eine wichtige Rolle. Dieser müsse dafür sorgen, dass genügend Austausch herrscht. „Bei jedem zweiten Meeting sollte die Teilzeitkr­aft dabei sein können“, sagt Mediatorin Weiss. „Und sei es per Telefon oder Skype.“

Außerdem sollte es regelmäßig­e Mitarbeite­rgespräche geben, um somit den reduzierte­n Kontakt während der Arbeitszei­t auszugleic­hen. Und ein Vorgesetzt­er sollte außerdem ein Gespür für Konflikte mitbringen und es „frühzeitig ansprechen, wenn er mitbekommt, dass etwas nicht läuft.“Wenn ein Konflikt besteht, kommt es laut Boers vor allem auf die Kommunikat­ion an. „Ein Team muss eine für alle annehmbare Sprache finden.“Die könne gut gemeinsam entwickelt werden, gegebenenf­alls mit Hilfe von außen. Mit diesen Regeln sei es leichter und zielführen­der, Probleme anzusprech­en. „Kritik äußern läuft ganz oft so: ,Ich sage dir, was falsch ist’“, erklärt Boers. „Dass das zu einer Abwehrreak­tion führt, ist klar.“Vor allem sei es wichtig, seinen Ärger nicht an der Person, sondern an der Sache festzumach­en. „Ein Vorwurf ist nichts anderes, als ein Wunsch in schlechter Verpackung.“Und über Wünsche lässt sich ja oft reden. (dpa)

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FOTOS: DPA Damit keine Konflikte entstehen, sollten Teilzeit- und Vollzeitkr­äfte eines Teams aufeinande­r zugehen und an gemeinsame­n Strukturen arbeiten.
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