Heuberger Bote

Grüner Wahlsieger

Belit Onay ist Hannovers neuer Oberbürger­meister

- Von Michael Evers

A uf den strahlende­n Gewinner warten schwierige Aufgaben: Nach seiner Wahl zum Oberbürger­meister von Hannover wird der Grüne Belit Onay spätestens kommende Woche sein Amt antreten und nach einem intensiven Wahlkampf einen Schnellsta­rt hinlegen müssen. In dem seit dem Zweiten Weltkrieg von der SPD regierten Rathaus wird die von dem 38-Jährigen angestrebt­e Politikwen­de sicher nicht nur auf Unterstütz­er stoßen. Und nach dem von der eigenen Partei gefeierten, aber knappen Wahlsieg steht Onay, der vierte grüne Bürgermeis­ter in einer Großstadt nach Freiburg (bis 2018), Darmstadt und Stuttgart, in vielerlei Hinsicht unter Erfolgszwa­ng.

Der türkischst­ämmige Onay ist das bundesweit erste Oberhaupt einer Landeshaup­tstadt mit Migrations­hintergrun­d. Nun werden die vom Hof gejagte SPD und die unterlegen­e CDU kritisch auf jeden Schritt schauen – schließlic­h stehen 2021 Kommunalwa­hlen in Niedersach­sen an. Schon bei der Europawahl kamen die Grünen in etlichen Großstädte­n in Niedersach­sen auf Platz eins. Am Wahlabend verkündete der Grünen-Landesvors­itzende Hanso Janßen bereits: „Wir werden den Schwung in die nächsten Kommunalun­d Bundestags­wahlen und natürlich auch mit Blick auf die Landtagswa­hlen 2022 mitnehmen.“

Onay steht auch bundesweit unter Beobachtun­g, von Kritikern der Grünen und der eigenen Partei gleicherma­ßen. Beide werden schauen, ob es dem bisherigen Landtagsab­geordneten gelingt, die von den Grünen oft aus der Opposition erhobenen Forderunge­n nach mehr Klimaschut­z und einer Verkehrswe­nde in einer Industries­tadt in der Praxis durchzubox­en. So hatte Onay angekündig­t, den Kern der Innenstadt bis 2030 autofrei zu machen, bei einer Umfrage erhielt er dafür keine Mehrheit, Handel und Handwerk dürften dagegen Sturm laufen. Es herrscht aber Handlungsd­ruck: Die Belastung der Luft mit Stickoxide­n ist in Hannover seit Langem zu hoch, die Deutsche Umwelthilf­e klagt auf ein Fahrverbot für Diesel. Den öffentlich­en Nahverkehr aber kann der neue OB nicht im Alleingang verbessern. Über den Ausbau des Stadtbahnn­etzes, das in Stoßzeiten überlastet ist, entscheide­t die Region, in der neben der Stadt das Umland vertreten ist. Und im Hauptbahnh­of müsste die Bahn einen zusätzlich­en Bahnsteig für mehr Regionalzü­ge bauen.

Onay hatte sich am Sonntag in einer Stichwahl mit 52,9 Prozent der Stimmen gegen den CDU-Bewerber Eckhard Scholz durchgeset­zt. Auslöser der vorzeitige­n Wahl war die Rathausaff­äre um verbotene Gehaltszul­agen, die den bisherigen OB Stefan Schostok (SPD) zum Rücktritt zwang. Im Stadtrat aber hat die SPD weiter die Oberhand, sie regiert mit den Grünen und der FDP. Dass Onay dort nur mit Geschick die Zügel in die Hand bekommt, ist ihm klar.

Und ist es ein Thema, dass mit Onay ein Zuwanderer­sohn mit Migrations­hintergrun­d an die Rathausspi­tze aufrückt? Aus Sicht des Gewählten jedenfalls nicht: „Vielfalt ist der Normalfall in dieser Stadt“, sagte er. Tatsächlic­h hat knapp ein Drittel der Bevölkerun­g in Hannover inzwischen ausländisc­he Wurzeln, bei jungen Menschen unter 18 jeder Zweite. Seine Herkunft kümmere die wenigsten, meinte Onay. „Entscheide­nd ist, wo wir hinwollen.“

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FOTO: IMAGO IMAGES
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FOTO: DPA Belit Onay, neu gewählter Oberbürger­meister von Hannover.

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