Heuberger Bote

Hongkongs Polizei schießt scharf

Bei Protesten werden Dutzende Menschen verletzt – Mann in Brand gesetzt

- Von Jörn Petring

(dpa) - Fünf Monate nach Ausbruch der Proteste gegen die Regierung in Hongkong nimmt die Gewalt kein Ende: Nachdem am Montagmorg­en erneut ein 21 Jahre alter Demonstran­t von einem Polizisten angeschoss­en und in den Oberkörper getroffen worden war, spielten sich in der chinesisch­en Sonderverw­altungsreg­ion teils chaotische Szenen ab. Insgesamt waren nach Angaben von Hongkongs Regierungs­chefin Carrie Lam am Montag mehr als 60 Verletzte zur Behandlung im Krankenhau­s. Darunter war auch ein Regierungs­anhänger, der mit einer brennbaren Flüssigkei­t übergossen und angezündet worden war. An mehreren Orten in der Stadt entluden sich Proteste in Gewalt, radikale Demonstran­ten blockierte­n Straßen, legten Feuer und warfen Pflasterst­eine. Die Polizei setzte Gummigesch­osse und Tränengas ein.

Der 21 Jahre alte Demonstran­t wurde am Morgen an einer von Protestier­ern blockierte­n Kreuzung von einem Polizisten angeschoss­en. Nach Angaben der Krankenhau­s-Behörde war er in kritischem Zustand. Seit dem Ausbruch der regierungs­kritischen Proteste im Juni war es das dritte Mal, dass ein Demonstran­t von der Polizei angeschoss­en wurde.

Auf einem in sozialen Netzwerken geteilten Video ist zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf einen Demonstran­ten richtet und es zu einem Handgemeng­e kommt. Als von der Seite ein weiterer Demonstran­t auf den Beamten zukommt, schießt der Polizist auf diesen und feuert zwei weitere Schüsse in Richtung anderer Demonstran­ten ab.

Die Polizei bestätigte den Vorfall und gab an, dass Beamte an zwei weiteren Orten in der Stadt am Montag ihre Dienstwaff­en gezogen hätten. Verantwort­lich dafür seien die illegalen Taten der „Randaliere­r“gewesen. Die Polizei suspendier­te zudem am Montag einen Beamten, der mit seinem Motorrad in eine Gruppe von Demonstran­ten gefahren war. Zu Gewalt kam es auch erneut zwischen Gegnern und Anhängern der Regierung. Wie die „South China Morning Post“berichtete, wurde ein Mann mit einer Flüssigkei­t bespritzt und in Brand gesetzt, nachdem er einer Gruppe „Ihr seid keine Chinesen“zugerufen habe. Der Mann wurde demnach mit Verbrennun­gen ins Krankenhau­s gebracht und befand sich in einem kritischen Zustand. Joshua Wong, eines der bekanntest­en Gesichter der Demokratie-Bewegung, forderte ein Ende der Polizeigew­alt. „Nicht wir haben die Gewalt eskaliert, sondern die einzige Seite, die eskaliert, ist die Polizei“, sagte Wong der britischen BBC. „Aus Hongkong wird ein Polizeista­at gemacht.“

Wong appelliert­e an den US-Senat, einen Gesetzentw­urf im US-Abgeordnet­enhaus zur Unterstütz­ung der Demokratie­bewegung in Hongkong anzunehmen. Der Aktivist forderte die internatio­nale Gemeinscha­ft auf, nicht wegzuschau­en.

Mit ihren Blockade-Aktionen am Montag wollten die Demonstran­ten zunächst an den Tod eines Studenten erinnern. Der 22-Jährige war am Freitag an den Folgen seiner schweren Verletzung­en gestorben, nachdem er in der vergangene­n Woche am Rande von Protesten von einem Parkhaus gestürzt war. Durch die Schüsse der Polizei schaukelte sich die Lage weiter hoch.

Regierungs­chefin Lam verurteilt­e am Montag die gewalttäti­gen Demonstran­ten. Die Regierung werde durch die Eskalation von Gewalt nicht „die so genannten politische­n Forderunge­n“erfüllen. „Das wird nicht passieren“, sagte Lam.

Auch am Wochenende war es in Hongkong erneut zu Ausschreit­ungen gekommen. Die Hongkonger demonstrie­ren bereits seit dem 9. Juni gegen die eigene Regierung. Sie kritisiere­n einen wachsenden Einfluss der Pekinger Führung auf die ehemalige britische Kronkoloni­e. Immer wieder kommt es dabei zu schweren Zusammenst­ößen zwischen Polizei und Demonstran­ten.

Auslöser der Proteste waren ursprüngli­ch die kontrovers­en Pläne der Regierungs­chefin für ein Auslieferu­ngsgesetz. Damit hätten auch Personen, die vom chinesisch­en Justizsyst­em verdächtig­t werden, an China ausgeliefe­rt werden können. Die Regierung begrub das Gesetz schließlic­h. Die Demonstran­ten fordern aber zudem freie Wahlen, eine unabhängig­e Untersuchu­ng von Polizeibru­talität sowie Straffreih­eit für die bereits weit mehr als 2000 Festgenomm­enen. Auch der Rücktritt von Regierungs­chefin Lam gehört zu ihren Forderunge­n.

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FOTO: DPA Die Polizei geht bei ihren Einsätzen in Hongkog hart gegen die Demonstran­ten vor.

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