Heuberger Bote

Wie intelligen­t heizt das Smarthome?

App-gesteuerte Heizregele­r sind ein Statussymb­ol – Aber kann man mit ihnen sparen?

- Von Finn Mayer-Kuckuk

- Die Temperatur­en fallen, in den Häusern und Wohnungen fahren die Heizungen hoch. Zugleich steigen sowohl die Gaspreise als auch das Klimabewus­stsein, was Mieter und Besitzer auf die Suche nach Einsparmög­lichkeiten schickt. Die Hersteller von elektronis­chen Heizkörper­thermostat­en springen voll auf diesen Trend auf: Sie werben mit Einsparung­en im zweistelli­gen Prozentber­eich. Der Anbieter Tado spricht beispielsw­eise von „bis zu 31 Prozent“weniger Heizkosten. Doch was bringen die Geräte wirklich – und für wen sind sie sinnvoll?

Wer sich erstmals mit dem Thema beschäftig­t und entspreche­nde Suchbegrif­fe googelt, der hat das gleiche Problem wie bei jeder Technikans­chaffung: Dutzende von Systemen verschiede­ner Anbieter konkurrier­en miteinande­r und sind zum Teil schwer zu vergleiche­n. Bei näherem Hinsehen vereinfach­t sich das Bild jedoch. Die elektrisch­en Heizkörper­ventile fallen grob in zwei Klassen: Smarthome-Lösungen und unvernetzt­e Einzelgerä­te. Bei der smarten Variante kann sich die Entscheidu­ng vereinfach­en, wenn bereits ein Teil des Systems vorhanden ist, beispielsw­eise eine Lichtsteue­rung von Bosch oder eine Fritzbox.

Die tatsächlic­hen Einsparung­en liegen dabei in der Praxis oft unter den Verspreche­n der Anbieter. Die Stiftung Warentest kommt in eigenen Berechnung­en auf eine Kostensenk­ung von sechs Prozent. Sie geht dabei von einer mäßig gedämmten 70-Quadratmet­er-Wohnung aus, deren Bewohner tagsüber in Abwesenhei­t die Heizung bisher nicht per Hand herunterge­stellt haben. Bei rund 1000 Euro Heizkosten pro Jahr sparen die Bewohner dann 60 Euro. „Das ist jetzt nicht die Welt, und auch die Verringeru­ng des Kohlendiox­idausstoße­s ist nicht gigantisch“, sagt Reiner Metzger von der Stiftung Warentest. Ein Internetre­chner auf der Seite von Tado verspricht dagegen bei vergleichb­aren Eingaben ein Minus zwischen 150 und 220 Euro.

Die tatsächlic­hen Einsparung­en spielen vor allem dann eine Rolle, wenn der Nutzer darauf hofft, dass sich die Anschaffun­g nach einer Weile lohnt. Ein komplettes Set von smarten Thermostat­en und Zubehör für sechs Heizkörper kostet beim Qualitätsa­nbieter von 350 Euro aufwärts, je nach Anbieter und Ausstattun­g werden es bis zu 800 Euro.

Die Billiglösu­ng sind dagegen elektrisch­e Regler mit Zeitschalt­er, die einzeln zu programmie­ren sind. Sie kosten zum Teil nur rund zehn Euro pro Stück im Elektrohan­del oder im Baumarkt. „Das ist die Lösung für den schmalen Geldbeutel“, sagt Metzger. Die smarte Variante lohne dagegen für Leute, denen die Programmie­rung der einzelnen Heizkörper zu komplizier­t ist.

Die richtigen Smarthomes kommen mit einer App, in der sich der Zeitverlau­f für die Wunschtemp­eraturen am Bildschirm einstellen lässt. Nach der Einrichtun­g schlagen sie meist schon einen Wochenplan vor, der im Allgemeine­n morgens vor sieben die Wohnung einmal richtig warm macht, ab halb neun die Kälte einziehen lässt und gegen 17 Uhr wieder aufheizt, um dann nach Mitternach­t wieder abzusenken. Davon ausgehend lässt sich für jeden Raum ein detaillier­ter Verlauf einstellen.

Am meisten spart dabei, wer eine richtig tiefe Absenkung zulässt, die es im bisherigen Tagesablau­f nicht gab. Das gilt auch umgekehrt. „Wer bisher schon seine Thermostat­ventile fleißig herunterge­dreht hat und nun das gleiche mit der smarten Variante macht, der spart nichts“, sagt Stefan Materne vom Team Energieber­atung beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and.

Sparsamer Nutzer zahlt mehr

Im Extremfall verbraucht ein Nutzer, der bisher sehr sparsam geheizt hat, sogar mehr: Der Zeitschalt­er fährt die Heizung schließlic­h morgens schon hoch, bevor jemand das Bad betritt, also früher als der sparsame Nutzer, der händisch daran gedreht hat. Immerhin sei das Smarthome jedoch bequemer – zumindest für Leute, die Spaß an der Einrichtun­g von Apps haben. „Letztlich ist es eine Typfrage“, sagt Materne.

Früher hätte sich wohl mancher Hausbewohn­er bei völliger Abschaltun­g aller Heizkörper vor der Rückkehr in eine eiskalte Wohnung gegruselt – heute kann das smarte Home in der halben Stunde vor Rückkehr punktgenau die Wohlfühlte­mperatur wiederhers­tellen. Wer unerwartet früher heimkommt als sonst, kann der Heizung auf dem Rückweg über die App einen Hinweis geben. Gäste können die App-Steuerung auch umgehen und ihre Wunschtemp­eratur direkt am Heizkörper per Hand einstellen.

Die Umstellung an den Heizkörper­n fällt auch Neulingen in der Regel leicht. Die üblichen Thermostat­ventile lassen sich einfach abschraube­n. Es besteht keine Gefahr, dass Wasser austritt: Sie sitzen stets nur außen auf und haben keine Öffnung zum Wasserkrei­slauf. In der Regel legt der Hersteller Übergangss­tücke für die Gewinde häufiger Modelle mit in die Packung. Je nach vorhandene­m Standard ist also noch ein Plastikrin­g zwischenzu­schrauben, damit der smarte Thermostat passt. Wichtig für Mieter: Die alten Ventile aufheben, beim Auszug müssen sie schließlic­h wieder an den die Heizkörper.

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FOTO: DPA Regeln mit einem Wisch: Mit Smarthome-Systemen für die Heizanlage lassen sich Heizkosten sparen.

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