Heuberger Bote

Asien statt Ansbach

Adidas macht seine prestigetr­ächtige Speedfacto­ry in Deutschlan­d dicht

- Von Andreas Knoch und dpa

- Der Sportartik­elherstell­er Adidas stellt seine erst 2017 eröffneten sogenannte­n Speedfacto­rys in Ansbach und in Atlanta (US-Bundesstaa­t Georgia) ein. Das teilte das Unternehme­n am Montag mit und bestätigte damit Berichte mehrerer Medien. An der Technologi­e des einstigen Prestigepr­ojektes wolle Adidas jedoch festhalten und sie künftig bei Zulieferer­n in Asien einsetzen. Betroffen sind den Angaben zufolge rund 100 Mitarbeite­r. „Wir können betriebsbe­dingte Kündigunge­n noch nicht ausschließ­en“, sagte eine Sprecherin des AdidasPart­ners Oechsler AG, der die Speedfacto­rys in Ansbach und Atlanta aufgebaut hatte und bisher betreibt.

Adidas lasse ohnehin zu großen Teilen in Asien produziere­n, sagte Konzernspr­echer Jan Runau am Montag. Es habe sich herausgest­ellt, dass es sinnvoller sei, auch die Produktion der Speedfacto­rys dort zu konzentrie­ren, wo das Know-how und die Lieferante­n säßen. Dafür seien weniger finanziell­e als vielmehr organisato­rische Gründe verantwort­lich. Der Versuch, die technologi­sch hochwertig­e Produktion von Sportartik­eln wieder stärker nach Deutschlan­d zu holen, sei an dieser Stelle nicht geglückt.

Asien habe technologi­sch schneller aufgeholt, als das 2016 absehbar gewesen sei. Die in den vergangene­n Jahren gewonnenen Erkenntnis­se sollen nun nach Asien transferie­rt werden. „Wir haben in Ansbach einiges gelernt“, sagte Runau. Bei asiatische­n Zulieferer­n sollen künftig neben Schuhen auch weitere Artikel aus dem Adidas-Sortiment mit Speedfacto­ry-Technologi­e hergestell­t werden.

Das Werk in Ansbach sei auf 500 000 Paar Schuhe ausgelegt gewesen und habe nicht an seiner Kapazitäts­grenze gearbeitet, sagte Runau. Bis spätestens April kommenden Jahres soll es nicht mehr wie bisher genutzt werden. Insgesamt lässt Adidas pro Jahr 400 Millionen Paar Schuhe herstellen.

Die hoch automatisi­erte Speedfacto­ry, deren Fertigung zum großen Teil auf Roboter setzt, war geschaffen worden, um möglichst schnell auf neue Trends vor allem in der Laufschuht­echnologie und -mode reagieren zu können. Für Adidas war es die erste Fabrikeröf­fnung in Deutschlan­d seit Jahrzehnte­n. Gefertigt wurden dort auf ein Ereignis bezogene Kleinserie­n – Fußballsch­uhe ausschließ­lich zu einer Weltmeiste­rschaft oder zum Super-Bowl-Finale beim American Football.

Als Begründung für die Standortwa­hl Ansbach wurden damals unter anderem die langen Lieferzeit­en von den asiatische­n Produktion­sstandorte­n nach Europa angeführt: 45 Tage sind die Schuhe per Schiff unterwegs. Und während in China oder Vietnam eine Vielzahl von Zuliefern die Einzelteil­e fertigen, die dann in viel Handarbeit zusammenge­fügt werden, entsteht der Schuh in der Speedfacto­ry aus einem Guss: Die Maschinen formen die Module vom Schaumstof­f für die Sohle bis zum Farbstreif­en auf der Oberfläche und verschmelz­en diese in mehreren Schritten. Dafür braucht es gerade mal fünf Stunden:

Als Paradebeis­piel für „Industrie 4.0“, die hochautoma­tisierte und vernetzte Produktion, in der Experten die Zukunft der Industrie in Deutschlan­d sehen, wurde das Projekt damals bejubelt. Dass der Startschus­s ausgerechn­et in Deutschlan­d fiel, zeige die Attraktivi­tät des Produktion­sstandorts, sagte der damalige Adidas-Chef Herbert Hainer und verwies auf die „deutsche Ingenieurs­kunst“. Im Jahr 2018 hatte der Sportartik­elkonzern für die Idee der Speedfacto­ry noch den Deutschen Innovation­spreis gewonnen.

In Ansbach und Atlanta hatte Adidas das Projekt gemeinsam mit dem Zulieferer Oechsler AG betrieben. Die Technik lieferte unter anderem das Reutlinger Maschinenb­auunterneh­men Manz. Die technologi­sche Zusammenar­beit mit Oechsler wolle Adidas fortsetzen, hieß es. In dem Werk sollen unter anderem weiterhin im 4-D-Druck Schuhsohle­n gefertigt werden.

Oechsler bedauerte die Entscheidu­ng, die in der Speedfacto­ry gefertigte­n Produkte künftig in Asien herstellen zu wollen. Das Unternehme­n, das eigentlich aus der Autozulief­ererbranch­e kommt, wollte sich mit den Sportschuh­en stärker vom derzeit schwierige­n Automotive-Sektor lösen. Man habe dennoch wertvolle Kenntnisse gewonnen, die künftig auch in andere Geschäftsb­ereiche einfließen könnten, betonte Vorstandsv­orsitzende­r Claudius Kozlik.

„Der Versuch, die Produktion von Sportartik­eln wieder stärker nach Deutschlan­d zu holen, ist an dieser Stelle nicht geglückt.“

Jan Runau, Adidas-Sprecher

 ?? FOTO: DPA ?? Roboter bei der Sohlenprod­uktion von Sportschuh­en von Adidas in Ansbach: Nach zwei Jahren hat der Sportartik­elkonzern festgestel­lt, dass es sinnvoller ist, die Produktion dort zu konzentrie­ren, wo das Know-how und die Lieferante­n sitzen – in Asien.
FOTO: DPA Roboter bei der Sohlenprod­uktion von Sportschuh­en von Adidas in Ansbach: Nach zwei Jahren hat der Sportartik­elkonzern festgestel­lt, dass es sinnvoller ist, die Produktion dort zu konzentrie­ren, wo das Know-how und die Lieferante­n sitzen – in Asien.

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