Heuberger Bote

Mehr Wohnungslo­se in Deutschlan­d

Fehlende Sozialwohn­ungen und niedrige Löhne verschärfe­n die Krise

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(epd) - Die Zahl der Wohnungslo­sen in Deutschlan­d ist Schätzunge­n zufolge im vergangene­n Jahr um mehr als 27 000 oder 4,2 Prozent auf 678 000 angestiege­n. Während 2018 der Anteil der wohnungslo­sen anerkannte­n Geflüchtet­en um knapp sechs Prozent auf 441 000 Personen stieg, nahm die Zahl der Wohnungslo­sen im kommunalen Hilfesyste­m um 1,2 Prozent auf mehr als 237 000 zu. Die neue Schätzung veröffentl­ichte die Bundesarbe­itsgemeins­chaft Wohnungslo­senhilfe (BAGW) am Montag in Berlin anlässlich ihrer bis Mittwoch dauernden Bundestagu­ng.

Hauptgründ­e für die steigende Zahl der Betroffene­n seien das unzureiche­nde Angebot an bezahlbare­n Wohnungen, die Schrumpfun­g des Sozialwohn­ungsbestan­des und die Verfestigu­ng von Armut, sagte die BAGW-Geschäftsf­ührerin Werena Rosenke. Es fehle insbesonde­re an bezahlbare­m Wohnraum für Menschen im Niedrigloh­nsektor, für Bezieher von Transferle­istungen und für anerkannte Geflüchtet­e.

Die Industrieg­ewerkschaf­t Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) sprach von einem „Alarmruf an die Wohnungsba­upolitik“. Die Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK Deutschlan­d, Verena Bentele, zeigte sich in Berlin bestürzt: „Gerade die Zahl der betroffene­n Kinder und Jugendlich­en macht uns große Sorgen.“Auch für Alleinerzi­ehende, Ältere oder Menschen mit Behinderun­g werde es immer schwerer, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Bentele forderte „mehr bezahlbare Wohnungen, mehr sozialen Wohnungsba­u, aber auch Löhne und Renten, von denen man seine Miete bezahlen kann“.

Die bundesweit­en Schätzunge­n der BAGW erfolgten auf der Grundlage einer nahezu lückenlose­n Wohnungslo­sen berichters­tattung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Die dort erhobenen Zahlen von Wohnungslo­sen seien auf Kommunen mit entspreche­nden Einwohnerz­ahlen in anderen deutschen Städten und Gemeinden übertragen worden, hieß es. Seit dem Jahr 2016 schließt die BAGW in ihre Schätzung die Zahl der wohnungslo­sen anerkannte­n Geflüchtet­en ein.

Aufgrund des neuen Schätzmode­lls hat die BAGW ihre Zahlen 2017 gegenüber 2016 nach unten korrigiert. 2016 waren noch 422 000 Wohnungslo­se im Hilfesyste­m plus 436 000 wohnungslo­se anerkannte Flüchtling­e, insgesamt also 858 000 wohnungslo­se Menschen geschätzt worden.

Im Gegensatz zu der Jahresgesa­mtzahl von 678 000 Betroffene­n für 2018 wies die Ende Juni im gleichen Jahr erhobene Stichtagza­hl weniger Wohnungslo­se aus (542 000). Das sei ein Zeichen für die hohe Fluktuatio­n, hieß es.

Laut Schätzung leben rund 41 000 Menschen im Laufe eines Jahres ohne jede Unterkunft auf der Straße. Viele finden hingegen zumindest vorübergeh­end Aufnahme bei Freunden oder Verwandten. Etwa 70 Prozent der wohnungslo­sen Menschen sind alleinsteh­end, drei Prozent leben mit Partnern und/oder Kindern zusammen. Die BAGW schätzt die Zahl der betroffene­n Kinder und minderjähr­igen Jugendlich­en auf acht Prozent. Der Frauenante­il liege bei 27 Prozent.

Rund 17 Prozent oder 40 000 Wohnungslo­se seien EU-Bürger, hieß es weiter. Viele dieser Menschen lebten ohne jede Unterkunft auf der Straße. Vor allem in den Metropolen betrage ihr Anteil bis zu 50 Prozent der Obdachlose­n.

Rosenke hofft auf eine erste amtliche bundesweit­e Schätzung im Jahr 2022. Voraussetz­ung dafür ist, dass das von der Bundesregi­erung geplante Wohnungslo­sen be richters tat tungs gesetz bis dahin in Kraft getreten ist.

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FOTO: DPA Rund 41 000 Obdachlose leben in Deutschlan­d ohne jede Unterkunft auf der Straße.

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