Ein Blitzer stoppt keine Raser
Der Weg zur eigenen Messanlage ist lang - Autofahrer warnen sich per Handy-App
- Immer wieder wird die Forderung nach einer Geschwindigkeitsüberwachung für die Trossinger Hauptstraße laut. Grund dafür sind Fans schneller Autos, die die fast kerzengerade Strecke zwischen den beiden Kreisverkehren nutzen, um zu zeigen, was ihr Liebling so alles drauf hat. Doch der Weg bis zum eigenen Blitzer ist für eine Kommune lang und nicht gerade günstig. Etwa 30 000 Euro muss sie für die Anschaffung beisteuern – bei ungewissem Nutzen.
Sie treffen sich mit ihren Autos meist am Rudolf-Maschke-Platz, manchmal auch am Bahnhof, und weil sie viel Zeit und Liebe in ihre Autos stecken, wollen sie diese auch allen zeigen. Dann geht es für manche im schnellen Tempo die Hauptstraße hoch und runter und wieder zurück. Im Trossinger Gemeinderat hat so ziemlich jede Fraktion das Thema bereits zur Diskussion gestellt, doch weil die Straße in den Zuständigkeitsbereich des Landkreises fällt, hat die Stadtverwaltung einige Vorgaben zu erfüllen, will sie denn einen Blitzer.
„Zuerst muss die Kommune den Antrag auf die Einrichtung einer Messanlage stellen“, so Bernhard Schaible, Leiter des Straßenverkehrsamts in Tuttlingen. Um diesen stellen zu können, muss der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss fassen, dass sich die Stadt an der Hälfte der Gesamtkosten beteiligt und die Stromkosten übernimmt. 20 000 bis 30 000 Euro muss die Stadt für die Anschaffung einkalkulieren (siehe Kasten).
Doch damit nicht genug. Das Landratsamt misst im Vorfeld am möglichen Aufstellungsplatz über 24 Stunden lang verdeckt den Verkehr. Aus den Messergebnissen wird dann errechnet, ob dort eine stationäre Blitzersäule sinnvoll ist. Außerdem spielen weitere Faktoren eine Rolle. „Die Anwesenheit schützenswerter Einrichtungen wie Kindergärten oder Pflegeheime, aber auch Unfallschwerpunkte“würden in die Prüfung einbezogen, so Schaible weiter. Diese Punkte würden bei der Verkehrsschau, an der unter anderem die Polizei, die Stadt, das Landratsamt und das Straßenbauamt beteiligt sind, geprüft, so der Leiter des Straßenverkehrsamts.
Wenn alle diese Vorarbeit gemacht wurde und die Experten zum Schluss gekommen sind, dass an der untersuchten Stelle ein stationärer Blitzer aufgestellt werden soll, dann kommt der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Landkreises zum Zug. Er muss die Aufstellung beschließen.
Entschließt sich eine Gemeinde, einen Blitzer beim Landratsamt zu beantragen, dauert es im Schnitt ein Jahr, bis die Säule errichtet wird. Das liege nicht nur an den gesetzlichen Anforderungen, sondern auch an den Finanzen. „Das Geld muss in den Haushalt eingeplant werden“, sagt Schaible. Die Haushaltspläne werden immer am Ende eines Jahres aufgestellt. So müsste der Trossinger Gemeinderat, will er den Weg für eine eine stationäre Anlage möglichst bald auf den Weg bringen, bei den aktuellen Haushaltsplanungen aktiv werden und das nötige Geld einstellen.
Mobile Geschwindigkeitsmessungen hat es auf der Trossinger Hauptstraße indes schon gegeben. Am 27. Juli wurde zwischen 20.40 und 21.40 Uhr die Geschwindigkeit gemessen. Der schnellste Verkehrssünder sei mit maximal 80 Stundenkilometern unterwegs gewesen, der nächste mit 60 Stundenkilometern. Die Zahl der Beanstandungen sei sehr gering gewesen, so Schaible.
Noch weniger Schnellfahrer kamen den Ordnungshütern vor einigen Wochen an einem Morgen vor das Messgerät. „Da gab es eine sehr hohe Verkehrsbelastung. 1685 Fahrzeuge wurden gemessen, fünf davon beanstandet“, berichtet er weiter.
Bürgermeister Clemens Maier weiß um das Problem mit den abendlichen Rasern. Doch „die Erfahrung der Polizei zeigt, dass sich Kontrollen schnell unter den Rasern herum sprechen, der Effekt ist dann sehr gering. Mobile Anlagen werden sofort erkannt, die stationären dienen eher der Verkehrsberuhigung“, sagt er. Wer rasen wolle, bremse davor kurz ab, um danach wieder zu beschleunigen. Dies bestätigt auch Bernhard Schaible. Bei einer der mobilen Messungen in Trossingen seien noch während des Aufbaus junge Leute aufgetaucht und hätten sich um das Fahrzeug positioniert. Bevor die Messung beginnen konnte, sei bereits eine Warnung in einer AntiBlitzer-Handy-App erschienen. „Das ist immer wieder unsere Schwierigkeit“, sagt er und ergänzt: „Das gehört dazu.“