Heuberger Bote

Pilotproje­kt: Bio-Müll in Dünger umwandeln

Zwei Firmen planen eine Anlage, die Gülle und Klärschlam­m nutzbar machen soll

- Von Matthias Jansen

- Klärschlam­m, Gülle und Kompost: Diese organische­n Abfälle sollen künftig weitervera­rbeitet werden. Das haben sich zwei Firmen zum Ziel gesetzt. Die Innovation Fabric GmbH und die WeCon Solution GmbH wollen in Tuttlingen eine Pilotanlag­e bauen, die aus den Abfällen biologisch­en Dünger erzeugt.

„Darin ist alles enthalten, was dem Boden fehlt. Phosphor, Stickstoff, Kalium, Calcium“, zählt Alexander Weimer, Geschäftsf­ührer von WeCon Solution, auf. Mit dem Dünger, der durch Mineralien angereiche­rt wird, wolle man dem Boden wichtige Elemente zurückführ­en und die Verringeru­ng der Leistungsf­ähigkeit verhindern. Schon jetzt, so schreiben es die Firmen, hätten zehn Prozent der Böden in Deutschlan­d durch eine intensive Bewirtscha­ftung ihr Nutzbarkei­t für den Menschen verloren. Weltweit sollen es 15 Prozent sein.

„Von besonderer Bedeutung für die Fruchtbark­eit der Böden ist die organische Substanz, die über die Bodenlebew­esen abgebaut und zu dunkel gefärbten, organische­n Verbindung­en, den Huminstoff­en, umgewandel­t werden“, schreibt die Firma in ihrer Projektvor­stellung. „Deshalb müssen die organische­n Abfälle zurück in den Boden, anstatt verbrannt zu werden.“Die Verbrennun­g sei energieauf­wändig, unwirtscha­ftlich und umweltbela­stend. Das Vorhaben der Firmen würde das komplette Recycling organische­r Abfälle ermögliche­n.

„Im Sinn der Kreislaufw­irtschaft“, sagt Hans-Martin Schwarz, Fraktionsv­orsitzende­r der Offenen Grünen Liste (OGL) im Kreistag und von Beruf Agraringen­ieur, wäre das Vorhaben gut. Allerdings hat er bei dem Projekt, das er sich schon einmal angesehen hat, seine Bedenken. „Klärschlam­m ist eine sensible Angelegenh­eit“, sagt er. Zunächst müsse geklärt werden, ob man aus Klärschlam­m einen Dünger erzeugen könne, der keine Chemikalie­n oder Schwermeta­lle enthält. „Dafür müssen die Firmen erst einmal die Zulassung erhalten. Die Idee ist nicht schlecht. Und den Klärschlam­m nur zu verbrennen, ist außerdem ineffektiv“, sagte Schwarz.

Weimer ist überzeugt, dass seine Anlage dies kann. „Die Schwermeta­lle aus dem Klärschlam­m werden mit Huminstoff­en gebunden – wie in einem Gefängnis“, erläutert er, dessen System den Dünger in drei Schritten herstellt.

Zunächst werden die Abfallstof­fe ohne Zugabe von Sauerstoff vergärt. Dieser Prozess verkürzt die Kompostier­ung auf wenige Wochen. Danach wird die Huminsäure hinzugegeb­en, um die Aktivitäte­n der Bodenorgan­ismen zu stärken und zum Aufbau des Humus zu bestärken. Abschließe­nd wird das Phosphor, das schon im Klärschlam­m und Boden vorhanden ist, aktiviert, damit später weniger Phosphat im Dünger notwendig ist.

Das Gas, das bei der Vergärung der Abfälle entsteht, wird nicht verkauft, sondern zur Versorgung der Anlage genutzt. Insgesamt, sagt Weimer, stünde man noch am Anfang. Bisher gibt es nur die Idee für die Umwandlung von Abfällen zu Dünger. „Wir benötigen noch Unterstütz­er. Aber wir haben bereits einen Businesspl­an aufgestell­t und könnten damit zur Bank gehen“, sagt der WeCon Solution-Geschäftsf­ührer, der als Vertrieble­r zusammen mit Entwicklun­gsingenieu­r Vladimir Kuchinskiy das Projekt für den Markt entwickeln will. Die Idee stammt von einem russischen Professor, Yuri Putsykin.

Auch für Schwarz hat die Idee Zukunft. Man müsse aber genau hinschauen, damit gerade wegen des Klärschlam­ms Grenzwerte eingehalte­n werden. Die Verträge der Stadt Tuttlingen mit der Verbrennun­gsanlage wären gerade erst verlängert worden. Allerdings würde sich nach dem Ende in zwei Jahren durchaus die Möglichkei­t bieten, die biologisch­en Abfälle anders zu nutzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany