Das Milliarden-Problem
Die UN-Weltbevölkerungskonferenz sucht nach Strategien gegen das Wachstum – Streit um Familienplanung
(dpa/KNA) - Die Weltbevölkerung wächst und wächst. Derzeit leben 7,6 Milliarden Menschen auf der Welt, bis 2050 werden es nach einer Prognose der Vereinten Nationen (UN) fast zehn Milliarden sein. In Afrika soll sich demnach die Bevölkerung bis dahin verdoppeln. Auch in Asien sind die Steigerungsraten weiter hoch. Seit Dienstag geht es bei der UN-Weltbevölkerungskonferenz in Nairobi darum, wie dieses Wachstum begrenzt werden kann – und zugleich die Rechte von Frauen gestärkt werden können. „Den Zeitpunkt und die Zahl der Kinder zu bestimmen, ist ein Menschenrecht“, sagte Amina Mohammed, die stellvertretende UN-Generalsekretärin, bei der Eröffnung der dreitägigen Tagung in Kenias Hauptstadt, an der 11 000 Menschen aus mehr als 165
Ländern teilnehmen. Vielerorts ist dieses Thema indes weiterhin ein Tabu. Auch seitens der katholischen Kirche gibt es Widerstände.
Aus deutscher Sicht sei das Bevölkerungswachstum „eine der zentralen Fragen, die wir in der Entwicklungspolitik zu betrachten haben“, sagte Maria Flachsbarth, Staatssekretärin im Entwicklungsministerium. Die Steigerung stelle „alle Ziele, alle Erfolge, die wir in unserer Entwicklungspolitik haben, infrage“. Zwei Schlüssel, um die hohen Geburtenzahlen zu reduzieren, seien Zugang zu Bildung sowie zu Gesundheitssystemen und -betreuung, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am Dienstag. „Mit diesen zwei Faktoren sinkt die Kinderzahl pro Frau automatisch.“Das Entwicklungsministerium wird nach eigenen
Angaben mit 100 Millionen Euro jährlich ein Projekt weiterführen, das in die Familienplanung und Gesundheitsversorgung für Mütter im Niger, in Kamerun und Malawi investiert.
Aktuell wächst die Zahl von Frauen, die auf moderne Familienplanung zurückgreifen, nirgendwo so schnell wie in Afrika. Zu diesem Ergebnis kommt die Organisation „Family Planning 2020“in einer nun veröffentlichten Studie. Derzeit nutze fast jede vierte Afrikanerin eine moderne Verhütungsmethode. Am schnellsten wachse die Zahl im östlichen und südlichen Afrika, wo laut Studie seit 2012 jährlich ein Prozentpunkt hinzukam. Im Vergleich stieg die Zahl der Verhütenden in Asien um nur 0,2 Prozentpunkte jährlich.
Allerdings ist diese Frage strittig. Der Vatikan etwa, der beim vorhergehenden Weltbevölkerungsgipfel 1994 in Kairo dabei war, beschloss, nicht teilzunehmen. Die Entscheidung der Organisatoren, sich „auf kontroverse und spaltende Themen zu fokussieren“, sei bedauerlich. Generell werfen viele Katholiken den Organisatoren vor, mit dem Fokus auf Verhütung und Familienplanung andere wichtige Themen wie Armut und Korruption zu ignorieren. So gaben Kenias Bischöfe im Vorfeld der Konferenz bekannt: „Wir sehen dies als Versuch, unsere Jugend zu korrumpieren und sie zu Sklaven einer fremden Ideologie zu machen.“
Die FDP im Bundestag kritisierte die Abwesenheit des Vatikans scharf. Gyde Jensen, die menschenrechtspolitische Sprecherin, erklärte, dass die katholische Kirche auf der „falschen Seite der Geschichte“stehen werde.