Heuberger Bote

Der Blick auf das Ungeborene

Vorsorgeun­tersuchung­en in der Schwangers­chaft gibt es viele – Was sie kosten und wozu Experten raten

- Von Christina Hucklenbro­ich

(dpa) - Eine Ultraschal­luntersuch­ung ist kostenfrei, ein einfacher Vaginalabs­trich jedoch nicht? Die Vorsorgeun­tersuchung­en in der Schwangers­chaft können in ihrer Vielfalt für werdende Mütter verwirrend sein. Manches macht der Frauenarzt, anderes ein Spezialist. Nicht alles zahlt die Krankenkas­se, manches aber schon – und manches auch nur manchmal. Ein kleiner Überblick:

Von Diabetes bis Ultraschal­l

Die Mutterscha­fts-Richtlinie­n legen in Deutschlan­d fest, worauf gesetzlich versichert­e Schwangere einen Anspruch haben. Hierzu gehören etwa ein HIV-Test, ein Test auf Schwangers­chaftsdiab­etes oder auch Untersuchu­ngen, um Blutgruppe­nunverträg­lichkeiten zwischen Mutter und Kind festzustel­len.

Außerdem sind drei Ultraschal­luntersuch­ungen beim Frauenarzt vorgesehen: zwischen der achten und zwölften Schwangers­chaftswoch­e, zwischen der 18. und 22. Woche und zwischen der 28. und 32. Woche. Die Untersuchu­ngen erlauben Messungen des Körpers oder auch die Beurteilun­g der Herzaktivi­tät des Fötus.

Bei der Untersuchu­ng um die 20. Woche können Schwangere zwischen zwei Varianten wählen: einem Basis-Ultraschal­l und einem erweiterte­n Ultraschal­l, der mehr Daten erfasst. Frauenärzt­e müssen für diese Version speziell weitergebi­ldet sein.

Diagnostik gegen Fehlbildun­gen

Das medizinisc­he System in Deutschlan­d hält allerdings noch genauere Ultraschal­luntersuch­ungen bereit: allen voran die sogenannte Feindiagno­stik zwischen der 18. und 22. Woche. Diese führt ein Pränatalme­diziner durch. Das ist ein Frauenarzt, der Weiterbild­ungsstufen der Deutschen Gesellscha­ft für Ultraschal­l in der Medizin (DEGUM) aufweist – in der Regel die Stufe DEGUM II oder DEGUM III. Körper, Gehirn und Organsyste­me des Kindes werden dabei sehr genau betrachtet.

„Bestimmte schwere Fehlbildun­gen, etwa einige Herzfehler, müssen beim erweiterte­n Ultraschal­l nicht zwingend erkannt werden, werden aber während der Feindiagno­stik mit großer Sicherheit gefunden“, erklärt Annegret Geipel. Sie ist Leiterin der Abteilung Pränatale Medizin am Universitä­tsklinikum Bonn.

„Wenn solche Störungsbi­lder früh erkannt werden, kann man beispielsw­eise die Geburt in einem Perinatalz­entrum planen, in dem Spezialist­en sich um das Neugeboren­e kümmern“, sagt Geipel. Wer nicht aufgrund von Auffälligk­eiten überwiesen wird, muss die Feindiagno­stik selbst bezahlen – 200 bis 300 Euro kostet das. Selbstzahl­er können zudem schon vorher, um die zwölfte Woche, das sogenannte Ersttrimes­terscreeni­ng wahrnehmen. Kostenpunk­t: etwa 200 Euro. Bei dieser Ultraschal­luntersuch­ung kann durch die Messung der Nackenfalt­e des Ungeborene­n in Kombinatio­n mit Blutwerten der Mutter das Risiko für Trisomie 21, das Downsyndro­m, ermittelt werden. Die Nackenfalt­e gibt auch Hinweise auf weitere Störungsbi­lder.

Klarheit beim Downsyndro­m

Zunehmend klären Ärzte die Frage nach dem Downsyndro­m oder den Trisomien 13 und 18 aber auch mit einem Bluttest – dem NIPT (nicht-invasiver pränataler Test). Er könnte nach langer politische­r Diskussion bald Kassenleis­tung werden und beruht auf der Untersuchu­ng von Erbmateria­l des Kindes aus einer mütterlich­en Blutprobe. Erweiterte Versionen des NIPT können auch das Risiko für andere chromosoma­le Störungen erfassen – etwa das Turner-Syndrom. Die Kosten liegen bei etwa 300 bis 400 Euro.

Bluttest-Alternativ­e ist riskanter

„Der NIPT ist kein Diagnoseve­rfahren, sondern nur eine Risikoanal­yse“, sagt Karl Oliver Kagan, Experte der Deutschen Gesellscha­ft für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe (DGGG) und Leiter der Abteilung Pränatale Medizin am Universitä­tsklinikum Tübingen. Insbesonde­re für die Trisomien gilt der Test aber als sehr zuverlässi­g.

Im eigentlich­en Sinne diagnostiz­iert werden können Chromosome­nstörungen nur durch die Fruchtwass­eruntersuc­hung und die Chorionzot­tenbiopsie. Diese beiden Punktionen, für die ein dünnes Instrument durch die Bauchdecke der Schwangere­n geführt wird, sind aber mit einer – wenn auch geringen – Gefahr für eine Fehlgeburt verbunden.

Die Kassen ermögliche­n sie bei bestimmten Risiken. Sie sind nach der 16. beziehungs­weise zwölften Woche möglich – der NIPT dagegen schon ab der zehnten Woche.

Pränatalme­diziner Kagan empfiehlt Frauen, die den NIPT wahrnehmen wollen, ihn immer mit einer guten Ultraschal­ldiagnosti­k zu kombiniere­n. So lassen sich Fehlbildun­gen, die unabhängig von Chromosome­nstörungen auftreten, ebenfalls erkennen.

Toxoplasmo­se und Streptokok­ken

Neben Fehlbildun­gen können auch Infektions­krankheite­n Ungeborene gefährden – etwa die Toxoplasmo­se und die Zytomegali­e. Ob eine Frau schon zu Beginn der Schwangers­chaft gegen sie immun und damit geschützt ist, lässt sich mit Hilfe ihres Blutes feststelle­n.

Wer nicht immun ist, kann das eigene Blut während der Schwangers­chaft wiederholt auf frische Infektione­n untersuche­n lassen – und im Erkrankung­sfall Medikament­e nehmen. Die Kosten für Immunitäts­test und Kontrollen liegen bei jeweils etwa 15 bis 20 Euro.

Selbstzahl­er können zudem für etwa 20 Euro einen Scheidenab­strich auf B-Streptokok­ken durchführe­n lassen. Werden die Bakterien bei der Mutter festgestel­lt, kann sie während der Geburt ein Antibiotik­um erhalten. Das verhindert die Übertragun­g auf das Kind. „Ich halte diese Untersuchu­ng für sehr wichtig und empfehle sie meinen Patientinn­en immer“, sagt Dieter Grab, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Pränatalun­d Geburtsmed­izin (DGPGM).

Mehr Leistung auf Anfrage

Der Berufsverb­and der Frauenärzt­e weist darauf hin, dass fast alle Krankenkas­sen viele der ärztlichen Selbstzahl­erleistung­en übernehmen – auf Anfrage. Viele Kassen bieten Patientinn­en auch ein festes Budget, das mit Vorsorgeun­tersuchung­en ausgeschöp­ft werden kann. Angesichts dieser Situation hilft Frauen vor allem eins: gut informiert zu sein – um eine individuel­le Entscheidu­ng für sich und ihr Kind zu treffen.

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FOTO: DPA Wie geht es dem Kind? Um das herauszufi­nden, gibt es verschiede­ne Vorsorgeun­tersuchung­en. In den Mutterscha­fts-Richtlinie­n sind etwa Ultraschal­luntersuch­ungen beim Frauenarzt fest eingeplant.
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FOTO: DPA Sicherheit, die etwas kostet: Noch immer ist beispielsw­eise ein Bluttest als Nachweis für Trisomie 21 keine Kassenleis­tung.

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