Im Sinne des Patrons
So ordnet Uli Hoeneß in den letzten Tagen seiner Präsidentschaft sein Erbe bei Bayern
(dpa/SID/fil) - Nach der letzten Personalentscheidung seiner 40-jährigen Schaffenszeit beim FC Bayern kann sich Uli Hoeneß zufrieden aus der ersten Reihe verabschieden. Bei der letztmals von Hoeneß geleiteten Sitzung des Aufsichtsrats des Rekordmeisters, empfahl das Kontrollgremium, Hasan Salihamidzic im Juli 2020 in den Vorstand zu berufen. Rechtzeitig vor seiner Abdankungszeremonie vor wahrscheinlich mehr als 10 000 Mitgliedern in der Münchner Olympiahalle am Freitag hat der scheidende Patron das Führungspersonal seines FC Bayern weitgehend nach seinem Willen aufgestellt.
Salihamidzic soll neben Oliver Kahn, der im Januar als Vorstand beginnt und ein Jahr lang vorbereitet werden soll auf die Nachfolge von Karl-Heinz Rummenigge als Vorstandschef, eines der Gesichter des neuen FC Bayern werden. Dass Rummenigges Ende 2020 auslaufender Vertrag nicht verlängert wird, dafür hatte Hoeneß schon vor Monaten gesorgt. Dem Vernehmen nach nicht unbedingt zur größten Freude Rummenigges, mit dem der scheidende Präsident seit Jahrzehnten in einer einvernehmlichen Hassliebe verbunden ist. Dass Oliver Kahn „in vielen Bereichen ganz andere Ansichten“(Hoeneß zuletzt im „Kicker“) habe, etwa bei der Jugendarbeit, beim Scouting und Führungsstil als der scheidende Präsident und Rummenigge, findet Hoeneß gut. Er sieht in Kahn einen „Hoffnungsträger. Sonst hätte ich ihn nicht eingestellt“, wie Hoeneß dem „Kicker“sagte.
Gibt es eine Exit-Option?
Ein Satz, der klar macht, dass Hoeneß die Führung des Rekordmeisters personell weitgehend nach seinem Willen aufgestellt hat. Hoeneß ordnet sein Erbe.
Unklar ist, ob die vom Kontrollgremium gewünschte Beförderung Salihamidzic’ auch im Sinne Kahns ist. Der wurde zumindest, durchaus ein Unterschied, sofort mit einem Fünfjahresvertrag als Vorstand ausgestattet. Bei Salihamidzic verzichtete der Aufsichtsrat auf eine sofortige Beförderung in das wichtigste Vereinsgremium. Stattdessen wartet man das Ende seines aktuellen Vertrags diesen Sommer ab. Eine kleine
Exit-Option, sollte die restliche Saison unzufriedenstellend verlaufen?
Klar scheint: Salihamidzic ist in der Pflicht. An den Erfolgen der nächsten Monate könnten sich die Laufzeit und das Gehalt seines Vertrags als Vorstand orientieren. Zunächst ist ein neuer Cheftrainer zu finden. Ab Januar gilt es, sich neben Kahn – der als Manager-Novize prompt mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet worden ist – zu beweisen und zu profilieren. In seinen bisherigen knapp zweieinhalb Jahren als Sportdirektor wurde er von den Bayern-Granden Rummenigge und Hoeneß in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend in den Schatten gestellt. Eine Szene, wie ihm Rummenigge bei einer Pressekonferenz vor laufenden Kameras ins Wort fiel, ist in München nicht vergessen. Ebenso wie sein Auftritt nach dem erzitterten Pokalsieg in Bochum, als Salihamidzic die Leistung der Spieler hinterher nicht bewerten wollte und den Journalisten sagte: „Ich bin einfach nur da, um da zu sein.“Kritiker werfen dem fleißigen Salihamidzic wenig Autorität und mangelnde Visionen vor, außerdem habe sich der Manager bei Transferverhandlungen bisher häufig ungeschickt angestellt und Wunschspieler daher nicht bekommen. Hoeneß trat der Wertung entgegen. Benjamin Pavard, Lucas Hernández sowie Alphonso Davies seien „allein auf Hasans Mist gewachsen“.
„Kahn und Salihamidzic kennen sich schon lange. Zwei große Fußballer. Das Werk ist geschaffen. Es liegt an der neuen Generation, die Arbeit fortzuführen“, sagte der frühere bayerische Ministerpräsident und Bayern-Aufsichtsrat Edmund Stoiber der „Abendzeitung“gewohnt geschwätzig.
Die Absichtserklärung des Aufsichtsrats las sich auch deutlich. Salihamidzic habe als Sportdirektor seit 2017 „hervorragende Arbeit geleistet“und das „nicht nur für den Profibereich, in dem er wesentlich für den sportlichen Erfolg der letzten Jahre mitverantwortlich ist, sondern auch für den Bereich der Jugend- und Nachwuchsförderung“, hieß es in einer Mitteilung.
Die Sätze klangen, als hätte sie Hoeneß diktiert. Der nahm Salihamidzic seit dessen überraschendem Start als Manager im Sommer 2017 stets gegen Kritik in Schutz. Erst am Sonntag beklagte Hoeneß bei einem Anruf im „Doppelpass“bei Sport1 den Umgang der Expertenrunde mit Salihamidzic. „Hasan hat einen guten Job dieses Jahr gemacht. Dass er nicht ständig genannt wird, zwischen Karl-Heinz und mir, ist klar. Aber es ist unverschämt, wie mit ihm umgegangen wird“, ereiferte er sich.
„Das Werk ist geschaffen. Es liegt an der neuen Generation, die Arbeit fortzuführen.“
FCB-Aufsichtsrat Edmund Stoiber