Heuberger Bote

Schnelles Internet kommt nach Dürbheim

Das kreisweite Glasfaser-Netz läuft mitten durch den Ort.

- Von Frank Czilwa

- Noch wartet Oliver Oehrle darauf, dass die ersten E-Rezepte bei ihm eingehen: Die Spaichinge­r Oehrle Apotheken OHG mit ihren drei Standorten Engel-, Marienund Paracelsus­apotheke beteiligen sich sei 7. November als bislang einzige Apotheken im Landkreis an der Testphase für neue elektronis­che Arztrezept­e, die auf dem Smartphone empfangen und an Apotheken gesendet werden können.

Wer grippekran­k und schniefend im Bett liegt, braucht sich nicht mehr mit dem Rezept auf Papier zur Apotheke zu bemühen, sondern kann sein E-Rezept als Code per Smartphone direkt an die Apotheke schicken, die das Rezept dann bearbeitet und das Medikament auch per Bote ins Haus schicken kann.

Insgesamt nehmen in Baden-Württember­g zehn Apotheken an diesem Pilotproje­kt teil. Im April 2018 hatte zunächst in den beiden Projektreg­ionen Stuttgart und Kreis Tuttlingen das Telemedizi­n-Projekt „Docdirekt“begonnen, das mittlerwei­le auf das ganze Land ausgeweite­t worden ist. Nun sind Stuttgart und der Landkreis erneut Vorreiter beim Ausprobier­en des elektronis­chen Rezepts. In dieser ersten Testphase können sich aber nur diejenigen Patienten E-Rezepte ausstellen lassen, die sich bei Docdirekt angemeldet haben und Telemedizi­n – also eine „Sprechstun­de“per Telefon oder Videochat – in Anspruch nehmen. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass bisher noch kein E-Rezept ausgestell­t oder zumindest eingelöst worden ist. Später soll das E-Rezept dann auch auf alle Haus- und Fachärzte vor Ort ausgeweite­t werden.

Derzeit läuft das Testprogra­mm über die Server von „Gerda“(Geschützte­r E-Rezept-Dienst der Apotheken). „Gerda“wurde von Landesapot­hekerkamme­r und -verband angestoßen und vom Land mit einer Million Euro gefördert. Ziel ist es aber, das E-Rezept künftig in die Telematiki­nfrastrukt­ur einzubinde­n, die alle Beteiligte­n im Gesundheit­swesen wie Ärzte, Zahnärzte, Psychother­apeuten, Krankenhäu­ser, Apotheken, Krankenkas­sen miteinande­r vernetzen soll.

Patienten aus dem Landkreis Tuttlingen,

die am Telemedizi­n-Projekt „Docdirekt“teilnehmen, können sich vom Arzt einen Schlüssel für das ERezept auf ihre Docdirekt-App auf dem Handy laden lassen. Der Patient kann dann den Code an die Apotheke weiterleit­en oder auch persönlich in der Apotheke vorbeikomm­en und den Code dort scannen lassen. Ist der Rezeptschl­üssel einmal in der Apotheke angekommen, wird er dort ganz normal bearbeitet, geprüft und auf Rabattvert­räge überprüft. Dem Patienten wird dann entweder mitgeteilt, ob das Medikament vorrätig ist und wann es abgeholt werden kann, oder es wird ins Haus geliefert. Ist der Code einmal aktiviert, wird er vom Server gelöscht, so dass das Rezept nicht zweimal eingelöst werden kann.

Wichtig ist Apotheker Oliver Oehrle, dass der Patient auch mit dem neuen E-Rezept nach wie vor die Autonomie über das Rezept behält, also selber entscheide­n kann ob, wann und wo er es einlöst.

Auch privat ist Oliver Oehrle durchaus Computer-affin. Ihm ist daher bewusst, wie wichtig Datensiche­rheit und die Selbstbest­immung über die eigenen Daten sind: „Zum Beispiel Alexa oder so käme für mich überhaupt nicht in Frage.“Gerade im Gesundheit­sbereich seien viele auf Patientend­aten aus. „Die Digitalisi­erung einfach nur als Segen zu betrachten, das wäre zu naiv“, ist sich Oliver Oehrle bewusst.

Oliver Oehrle macht es persönlich aber Spaß, dass er den digitalen Fortschrit­t in seinen Berufsallt­ag integriere­n darf. Deshalb nimmt er auch an der Testphase teil: „Wenn man einen Prozess begleiten kann, ist es immer besser, als wenn es über einen hinweg geschieht.“

Die Teilnahme am Pilotproje­kt habe zwar im Vorfeld einiges an Mehrarbeit gekostet, da sich Oliver Oehrle und sein Team möglichst viele Informatio­nen beschaffen wollten und dazu auch eine Messe in Düsseldorf und eine Veranstalt­ung in Baden-Baden besucht haben. Die Umsetzung selbst bedeute aber keinen Mehraufwan­d eher eine Arbeitserl­eichterung.

Die Testphase soll auch dazu dienen, mögliche Schwachste­llen und Probleme zu erkennen. Einen Nachteil des Rezepts per Code hat Oliver Oehrle schon erkannt: Der Patient kann an dem abstrakten Muster aus schwarzen und weißen Flächen nicht ablesen, was ihm verschrieb­en wird. Daher wünscht er sich einen Ausdruck in Papierform, auf dem sowohl der Code als auch ausgeschri­eben die Medikation steht.

Die Gefahr, dass Patienten, sollte sich das E-Rezept einmal etabliert haben, verstärkt Online-Apotheken nutzen, sieht Oliver Oehrle zwar, bewertet sie aber als gering. „Ich sehe das eher als Chance für uns“, schließlic­h sei das E-Rezept lediglich ein neues Medium der Übermittlu­ng, das aber die Strukturen der Arzt-Patient- und Patient-Apotheker-Beziehunge­n nicht verändere. „Die örtlichen Apotheken“, so Oehrle, „haben nach wie vor die kürzeren Wege, kennen die Ärzte vor Ort und haben den direkten Kontakt zum Patienten, bis hin zur Beratung vor der Haustür.“

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FOTO: JAN WOITAS
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FOTO: FRANK CZILWA Apotheker Oliver Oehrle wartet derzeit noch darauf, dass der erste Telemedizi­n-Patient ihm ein elektronis­ches Rezept per Handy schickt.

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