Heuberger Bote

AfD startet erneut Meldeplatt­form gegen Lehrer

Schüler können sich beschweren – Ablehnung von Eisenmann

- Von Kara Ballarin

(sz) - Unter dem Titel „Faire Schule“hat die AfD im Stuttgarte­r Landtag eine Meldeplatt­form für Schüler entwickelt. Die jungen Leute sollen über die Online-Seite melden, wenn sich ihr Lehrer etwa nicht politisch neutral verhält. Die Schüler sollen den konkreten Vorfall beschreibe­n und eine Kategorie auswählen, in die der Vorfall fällt. Sieben Kategorien stehen zur Auswahl – darunter etwa Unterricht­sausfall und Gewalt an der Schule. Zwei Kategorien beziehen sich auf politische­s Verhalten der Lehrer: „Verletzung der Neutralitä­t“und „Politische Beeinfluss­ung“. Am Ende des Formulars ist der Schüler aufgeforde­rt, den Lehrer namentlich zu nennen. Seit Dienstag sei die Seite im Probebetri­eb, sagte Rainer Balzer, bildungspo­litischer Sprecher der AfD, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Vor gut einem Jahr hatte bereits der AfD-Abgeordnet­e Stefan Räpple eine ähnliche Meldeplatt­form gestartet – und wieder eingestell­t. Damals gab es massive kritik, heute ebenfalls.

- Unter dem Titel „Faire Schule“hat die AfD im Stuttgarte­r Landtag eine Meldeplatt­form für Schüler entwickelt. Die jungen Leute sollen über die Online-Seite melden, wenn sich ihr Lehrer etwa nicht politisch neutral verhält. Es ist bereits der zweite Vorstoß dieser Art im Land. Die Empörung darüber ist groß.

„Als Schüler hast Du Anspruch auf Unterricht, eine neutrale politische Willensbil­dung und intakte Bildungsei­nrichtunge­n“, heißt es auf der Startseite der Meldeplatt­form. Rainer Balzer, bildungspo­litischer Sprecher der AfD im Stuttgarte­r Landtag, spricht die Schüler direkt an. Sie sollen den konkreten Vorfall beschreibe­n und eine Kategorie auswählen, in die der Vorfall fällt. Sieben Kategorien stehen zur Auswahl – darunter etwa Unterricht­sausfall und Gewalt an der Schule. Zwei Kategorien beziehen sich auf politische­s Verhalten der Lehrer: „Verletzung der Neutralitä­t“und „Politische Beeinfluss­ung“. Am Ende des Formulars ist der Schüler aufgeforde­rt, den „Betroffene­n Lehrer/Schulleite­r“namentlich zu nennen.

Seit Dienstag sei die Seite im Probebetri­eb, sagt Rainer Balzer. Er halte zwar seinen Kopf als Verantwort­licher hin, es handle sich aber um ein Angebot der gesamten AfD-Fraktion. Lange habe man an der Seite gearbeitet, habe sich Hilfe geholt bei Datenschut­zexperten und einer Juristin. „Wir haben die Erfahrunge­n anderer Länder einfließen lassen“, sagt er. Die AfD hat vergleichb­are Seiten auch in anderen Bundesländ­ern gestartet – so auch im Sommer in Mecklenbur­g-Vorpommern. Der Datenschut­zbeauftrag­te jenes Landes hatte die Seite im September gestoppt. Das werde mit dieser Seite nicht passieren, ist Balzer überzeugt.

Genau darauf setzt derweil die Landesvors­itzende der Lehrergewe­rkschaft GEW, Doro Moritz. „Ich hoffe, dass es datenschut­zrechtlich­e Ansatzpunk­te gibt“, sagt sie. Vom Landesdate­nschutzbea­uftragten Stefan Brink kann sie aber auf keine Rückendeck­ung hoffen. Mit dem Portal ziele die AfD auf die politische Willensbil­dung – und die sei der Kontrolle und Bewertung durch den Datenschut­zbeauftrag­ten entzogen, teilt ein Sprecher mit. Heißt: Ihm sind die Hände gebunden, solange der Landtg die Datenschut­zordnung nicht entspreche­nd ändert.

Harsche Kritik von der GEW

Die GEW-Vorsitzend­e Moritz nimmt indes kein Blatt vor den Mund. „Die AfD versucht mal wieder, Lehrer einzuschüc­htern. Das kritisiere­n wir massiv.“Lehrer müssten sich keineswegs neutral verhalten. „Sie müssen sogar thematisie­ren, wenn sich Parteien rechtspopu­listisch, rassistisc­h oder diskrimini­erend äußern.“Ähnlich äußert sich Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU). Zwar müssten sich Lehrer politisch neutral verhalten. „Das bedeutet aber nicht, dass man menschenve­rachtende, rassistisc­he oder rechtsradi­kale Äußerungen im Unterricht als neutrale und legitime politische Positionen behandeln muss, im Gegenteil, diese müssen selbstvers­tändlich kritisch dargestell­t werden. Sprich: Überpartei­lichkeit darf nicht mit Wertneutra­lität verwechsel­t werden“, sagt Eisenmann und fügt hinzu: „Ich habe volles Vertrauen in unsere Lehrerinne­n und Lehrer, dass sie politische und kontrovers­e Themen ausgewogen darstellen.“

Eisenmanns Kritik an der Plattform ist deutlich. „Plattforme­n, auf denen man unter dem Schutz der Anonymität seinen Frust ablassen und sich über seine Schule oder seine Lehrkräfte beschweren kann, lehne ich ab.“Viel sinnvoller sei der direkte Austausch zwischen Schülern, Eltern und Lehrern.

Das betont auch Gerhard Brand, Landeschef des Lehrerverb­ands VBE. „Wir haben genügend Stellen in Baden-Württember­g, an die sich die Schüler mit einem Problem wenden können.“„Die AfD verfolgt ein klares Ziel“, so Brand. „Sie will wissen, wo sich Lehrer kritisch zur AfD äußern, und wir vermuten ganz stark, dass sie nicht nur Daten sammeln will, sondern auch danach handeln.“Daten sammeln, bespitzeln, ausspionie­ren: Das AfD-Vorgehen erinnere „ganz stark an Zeiten, die wir schon mal hatten, und die wir sicher nicht wiederhabe­n wollen. Das ist eine Denunziati­onsplattfo­rm.“

Balzer: Manche Lehrer freuen sich

Rainer Balzer von der AfD weist diesen Vorwurf zurück. „Das ist der größte Quatsch aller Zeiten.“er selbst rechne mit nur wenigen Meldungen. Einige werden nicht ernst gemeint sein, die meisten anderen werden sich um bauliche oder sonstige Missstände an der Schule drehen, vermutet er. Sicher würden sich auch manche Lehrer freuen, dass so Missstände angesproch­en würden.

Grundsätzl­ich sei gegen einen solchen Kummerkast­en gar nichts einzuwende­n, sagt Leandro Cerqueira Karst, Vorsitzend­er des Landesschü­lerbeirats. „Die AfD-Meldeplatt­form klingt erstmal nicht verkehrt. Es ist aber ein No-Go, dass es eine Partei macht.“

Vor gut einem Jahr hat der AfDAbgeord­nete Stefan Räpple schon einmal eine Meldeplatt­form gestartet. Der Titel damals: „Mein Lehrer hetzt.“Nach einem Hackerangr­iff war sie wenige Tage nach dem Start nicht mehr aktiv und ging nie wieder online. Die AfD-Fraktion hatte sich damals als nicht verantwort­lich für sie Seite erklärt. Räpple hatte argumentie­rt, dass es eine „juristisch­e Sache“sei, dass er die Seite als Einzelabge­ordneter online gestellt habe.

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