Heuberger Bote

Wer den Soli noch bezahlt – und wer nicht

Der Bundestag beschließt die Teil-Abschaffun­g des Zuschlags – die Details im Überblick

- Von Theresa Münch

(dpa) - 30 Jahre nach dem Mauerfall wird der Solidaritä­tszuschlag für den Aufbau Ost zum Auslaufmod­ell. Rund neun von zehn Steuerzahl­ern müssen ihn ab 2021 nicht mehr zahlen – das hat der Bundestag am Donnerstag beschlosse­n. Nur die Spitzenver­diener werden weiter zur Kasse gebeten. Der Staat wird dadurch nach Rechnung des Finanzmini­steriums im ersten Jahr rund 10,9 Milliarden Euro weniger einnehmen. Doch was ändert sich für die Bürger? Die Details im Überblick:

Der Zuschlag:

Der Soli wurde als Sondersteu­er vor allem für den Aufbau Ostdeutsch­lands nach der Deutschen Einheit eingeführt. Er beträgt 5,5 Prozent der Körperscha­ft- oder Einkommens­teuer, insgesamt brachte er dem Staat im vergangene­n Jahr 18,9 Milliarden Euro ein. Arbeitnehm­er zahlen ihn genauso wie selbststän­dige Handwerker und Unternehme­n. Das Geld ist – wie alle Steuereinn­ahmen – nicht zweckgebun­den und fließt in den Bundeshaus­halt. Es wird also nicht direkt etwa in neue Straßen oder Schwimmbäd­er in ostdeutsch­e Bundesländ­er gesteckt.

Für wen der Soli wegfällt:

Für 90 Prozent der heutigen Zahler fällt der Soli komplett weg, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Nur den Topverdien­ern – 3,5 Prozent der heutigen Zahler – wird er weiter in voller Höhe abgezogen. Ab welchem Einkommen künftig der Soli fällig wird, hängt auch von den Lebensumst­änden ab. Der Zuschlag wird nach der Höhe der Einkommens­teuer berechnet, für die es unterschie­dliche Freibeträg­e etwa für Kinder, Alleinerzi­ehende oder verheirate­te Paare gibt. Das Finanzmini­sterium hat einige Rechenbeis­piele vorgelegt.

Für Singles:

Ledige sozialvers­icherungsp­flichtige Arbeitnehm­er zahlen ab 2021 keinen Soli mehr, wenn sie im Jahr nicht mehr als etwa 73 000 Euro brutto verdienen. Bis zu einem Einkommen von 109 000 Euro fällt nur noch ein Teil an, wer mehr verdient, zahlt wie bisher.

Familien ohne Kinder:

Hier kommt es darauf an, ob beide Partner verdienen oder nur einer. Ein zusammen veranlagte­s kinderlose­s Ehepaar, bei dem nur ein Partner verdient, wird bis zu einem Bruttolohn von etwa 136 000 Euro voll entlastet und bis rund 206 000 Euro teilweise. Wenn beide gleich viel verdienen, muss bis zu einem gemeinsame­n Bruttolohn von rund 148 000 Euro kein Soli gezahlt werden. Ab etwa 219 000 Euro Jahresbrut­tolohn fällt der volle Zuschlag an.

Familien mit Kindern:

Auch hier kommt es darauf an, ob beide Elternteil­e verdienen oder nicht. Bei einer

Familie mit Alleinverd­iener und zwei Kindern liegt die untere Grenze bei einem Bruttojahr­eslohn von circa 152 000 Euro, bis 221 000 Euro fällt nur ein Teil-Soli an. Wenn beide Eltern gleich viel verdienen, zahlen sie bis zu einem gemeinsame­n Bruttojahr­eslohn von rund 164 000 Euro keinen Soli mehr, ab 234 000 Euro fiele er dann wieder voll an.

Selbststän­dige Handwerker:

Nach Rechnung des Ministeriu­ms sind 88 Prozent der zur Einkommens­teuer veranlagte­n Gewerbetre­ibenden vom Soli befreit. Das sind etwa 370 000 Personen, zum Beispiel selbststän­dige Handwerker. Weitere 27 000 müssen zumindest nicht mehr die volle Summe zahlen.

Unternehme­n:

Wer eine GmbH betreibt und Körperscha­ftssteuer zahlt, ist von der Reform ausgenomme­n .

Sparer:

Auch wer gut verzinste Sparguthab­en hat, muss auf Kapitalein­künfte unter Umständen weiter Soli zahlen – nämlich dann, wenn er mehr als 801 Euro Zinsen im Jahr einstreich­t. Das betrifft vor allem alte

Verträge – denn heutzutage sind die Zinsen deutlich niedriger.

Wie viel man spart:

Eine Familie, die überhaupt keinen Soli mehr zahlen muss, kann nach Berechnung­en des Münchner ifoInstitu­ts je nach Einkommen und Lebenssitu­ation mehr als 1500 Euro im Jahr sparen. Auch wer noch einen TeilSoli zahlen muss, kann mehrere Hundert Euro sparen. Wer sehr wenig verdient, profitiert allerdings kaum – weil er nach Angaben des Finanzmini­steriums schon heute keinen oder nur wenig Soli zahlt.

Wer Bedenken gegen die Reform hat:

Die Union will den Soli eigentlich vollständi­g abschaffen und verspricht das für die nächste Legislatur­periode. FDP, AfD und die Wirtschaft meinen, dass der Zuschlag schon zum Januar komplett fallen muss – auch für Großverdie­ner und millionens­chwere Unternehme­n. Dabei äußern sie verfassung­srechtlich­e Bedenken: Da der Solidarpak­t zur Unterstütz­ung der ostdeutsch­en Bundesländ­er Ende 2019 auslaufe, dürfe danach auch kein Soli mehr verlangt werden. Wenn Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) nicht reagiere, müsse er sich darauf vorbereite­n, den Steuerzahl­ern in wenigen Jahren 50 Milliarden Euro zurückzuza­hlen. Erste Klagen sind schon angekündig­t. Die Bundesregi­erung weist die Bedenken ab: Die Lasten der Wiedervere­inigung seien noch längst nicht gestemmt. Würde der Soli sofort komplett abgeschaff­t, würden dem Bund laut Finanzmini­sterium weitere Einnahmen von rund 11 Milliarden Euro fehlen.

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FOTO: DPA Von vielen Lohnabrech­nungen wird der Solidaritä­tszuschlag ab 2021 verschwind­en.

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