Grüne wollen im Höhenflug bleiben
Parteitag in Bielefeld soll beim Klima Weichen stellen
- Klima, Wohnen, Wirtschaft und Finanzen: Diese drei Themen sollen im Mittelpunkt des GrünenParteitags stehen, der am Freitag in Bielefeld eröffnet wird. Das Spitzenduo Robert Habeck und Annalena Baerbock stellt sich dort erstmals zur Wiederwahl. Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner schwärmt, dass die beiden vergangenen Jahre die bisher erfolgreichsten der Grünen waren. Die Mitgliederzahl ist von 75 000 im Jahr 2017 auf heute 94 000 gewachsen, große Wahlerfolge seien in Bayern und Hessen erzielt worden, aber auch in Brandenburg und Sachsen. Habeck wurde im Januar 2018 mit 81,33 Prozent gewählt, Annalena Baerbock, die eine Gegenkandidatin hatte, mit 64,45 Prozent. Die erste reine RealoSpitze der Grünen ist jetzt seit fast zwei Jahren im Amt. Das Duo arbeitet, anders als Parteispitzen der Vergangenheit, gut zusammen. Da beim letzten Parteitag Baerbock die große politische Rede hielt, ist diesmal Habeck an der Reihe.
Dass die Grünen, sollte ihr Höhenflug anhalten, im kommenden Herbst gezwungen sein könnten, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen, ist ein offenes Geheimnis in Berlin. Klar ist auch, dass dies dann der erfolgversprechendste Kandidat sein dürfte, also Habeck. Er würde Umfragen zufolge von einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung bevorzugt. Doch die Parteispitze will darüber jetzt noch nicht reden. BadenWürttembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann setzte sich in die Nesseln, als er im Gespräch mit dem Entertainer Harald Schmidt auf die Frage nach dem Kanzlerkandidaten der Grünen Robert Habeck nannte. Später erklärte er, er sei an dem Tag nicht richtig im „Aufpassermodus“gewesen. Es sei nicht der richtige Zeitpunkt, um Kanzlerkandidaten-Debatten zu führen.
Winfried Kretschmann spricht am Samstag auf dem Parteitag. Katharina Fegebank, auf der große Hoffnungen in der Hamburg-Wahl ruhen, ist gleich nach ihm dran. Bereits am Freitag feiert der Parteitag Belit Onay, den ersten grünen Oberbürgermeister, der die SPD-Hochburg Hannover eroberte.
„Mehr wagen, um nicht alles zu riskieren“, lautet das Motto des Parteitags. Das Thema Wohnen steht am ersten Tag im Mittelpunkt. Die Grünen wollen drei Milliarden Euro jährlich für den sozialen Wohnungsbau einsetzen, sie wollen mögliche Mietanstiege auf drei Prozent beschränken und einen Rechtsanspruch auf Wohnungstausch durchsetzen.
Im Klimaantrag schlägt die Partei vor, die CO2-Bepreisung sehr viel höher als die Bundesregierung anzufangen, mit 40 Euro (statt zehn) pro Tonne, und den Preis 2021 schon auf 60 Euro zu erhöhen. Die Einnahmen sollen in ein Energiegeld von 100 Euro pro Bürger fließen. Außerdem hat man sich vorgenommen, die Windkraft zu retten. „Peter Altmaier ist die Mensch gewordene Flaute der Energiewende“, schimpft Geschäftsführer Michael Kellner.
Als Gastredner werden auf dem Parteitag unter anderem auch Reiner Hoffmann erwartet, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Ihm dürfte der Antrag der Grünen, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen, gefallen. Als Gast kommt auch Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender der Union Investment Gruppe. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Grünen in neue Wählerschichten vordringen wollen.