Heuberger Bote

Wie Konflikte das Land weiterbrin­gen

Der Aalener Abgeordnet­e Kiesewette­r fordert mehr Rückhalt für das Militär

- Von Tilman Asmus Fischer

- Seit etwa 20 Jahren ist die Weltöffent­lichkeit wieder von zunehmende­n Konflikten geprägt: Terrorismu­s, Gewalt im Nahen Osten, Krim-Annexion. Die politische Diskussion­skultur ist durch neue Populisten rauer geworden. Vor diesem Hintergrun­d hat der katholisch­e Militärbis­chof Franz-Josef Overbeck ein Buch geschriebe­n, das „Konstrukti­ve Konfliktku­ltur“heißt – und das Fragen wie diese stellt: Was leisten Konflikte für die Gesellscha­ft? Wie lassen sie sich gewaltfrei bewältigen? Und welche Maßstäbe gelten dort, wo doch militärisc­he Gewalt eingesetzt werden muss? Am Mittwoch sprach Overbeck darüber in Berlin – und diskutiert­e mit zwei CDU-Bundestags­abgeordnet­en: dem Aalener Verteidigu­ngsexperte­n Roderich Kiesewette­r und dem parlamenta­rischen Staatssekr­etär Peter Tauber. Eingeladen hatten die Katholisch­e Akademie und die KonradAden­auer-Stiftung.

Für Overbeck kommt Konflikten in Gesellscha­ft und Politik zunächst eine „produktive Rolle“zu: „Man geht verändert, oftmals bereichert, aus Konflikten heraus.“Denn: Konflikte zu bearbeiten, heiße, Missverstä­ndnisse zu klären und im besten Fall gemeinsam Fortschrit­te zu erreichen. Im zwischenme­nschlichen Miteinande­r mag das leichter fallen als in der Politik – zumal bei Konflikten zwischen Staaten. Hier braucht es laut Overbeck Formen „institutio­nalisierte­r Konfliktbe­wältigung“: In Deutschlan­d nimmt diese Funktion an erster Stelle der Bundestag wahr, wo um politische Entscheidu­ngen gerungen wird. Auf internatio­naler Ebene kommt den Vereinten Nationen und ihren Organisati­onen eine vergleichb­are Funktion zu – zumindest in der Theorie.

Neben solchen Institutio­nen braucht es aber auch Tugenden, an denen sich Konfliktpa­rteien orientiere­n können – Spielregel­n des Konflikts. In der parlamenta­rischen Demokratie

bedeutet das etwa Fairness im Umgang mit dem politische­n Gegner. Für Soldaten ist es laut Overbeck wiederum notwendig, dass sie nicht nur tapfer, mutig und maßvoll sind – sondern auch die Gesinnung verinnerli­cht haben, „Frieden bringen zu wollen“. Bürger und Politiker seien es wiederum den Soldaten schuldig, einen „innergesel­lschaftlic­hen Dialog über die andrängend­en friedenset­hischen Herausford­erungen“zu führen und sie vor den ethischen Herausford­erungen eines Militärein­satzes nicht alleine stehen zu lassen.

Für mehr Debatten im Parlament

In diesem Sinne fragte auch Kiesewette­r, Obmann für Außenpolit­ik der CDU/CSU-Fraktion, selbstkrit­isch: „Warum scheuen wir uns, Einsätze zu evaluieren und offen im Bundestag zu debattiere­n?“Für ihn ist klar: Auch jenseits der Mandatieru­ng von Bundeswehr­einsätzen muss der Bundestag über Sinn und Ergebnisse der Einsätze diskutiere­n. Viel stärker als bisher müsse es dabei auch darum gehen, militärisc­he Gewaltanwe­ndung zu verbinden mit nichtmilit­ärischen Instrument­en der Konfliktpr­ävention.

Dabei zeigte bereits die Podiumsdis­kussion am Mittwochab­end: Für eine offene und kontrovers­e Debatte braucht es Parlamenta­rier und Vertreter der Zivilgesel­lschaft, die sich mit kritischen Fragen einbringen – unter anderem die Kirchen. So mahnte Kiesewette­r, Mitglied des Auswärtige­n Ausschusse­s, an, die deutschen Soldaten müssten bestmöglic­h ausgestatt­et werden, auch „damit sie sich von der Gesellscha­ft angenommen fühlen“. Und der Kirchenman­n Overbeck beklagte, dass bei öffentlich­en Gelöbnisse­n, wie zuletzt vor dem Reichstag, das Volk meist kaum anwesend sei. Demgegenüb­er war der parlamenta­rische Staatssekr­etär des Verteidigu­ngsministe­riums Tauber merklich um Entschärfu­ng der Diskussion bemüht: Insgesamt erhielten Soldaten in der Bevölkerun­g doch Anerkennun­g. Und durch Kritik an Ausrüstung­smängeln solle man nicht die „eigene Truppe schlechtre­den“.

Kritisch sieht Tauber hingegen die Verrohung der politische­n Kultur in Deutschlan­d. Daher erinnerte er an Wolf Graf von Baudissin, den ‚Vater der Inneren Führung‘, der Menschlich­keit als Tugend für Soldaten und Zivilisten angemahnt hatte: „Der Soldat, der keine Achtung vor dem Mitmensche­n hat, – und auch der Feind ist sein Mitmensch – ist weder als Vorgesetzt­er noch als Kamerad noch als Mitbürger erträglich.“

 ?? FOTO: HEIKO LASCHITZKI/OH ?? Der Bundestags­abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r (zweiter v. re.) in der Diskussion mit (von links) Militärpfa­rrer Franz-Josef-Overbeck, Staatssekr­etär Peter Tauber und Moderatori­n Nora Müller.
FOTO: HEIKO LASCHITZKI/OH Der Bundestags­abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r (zweiter v. re.) in der Diskussion mit (von links) Militärpfa­rrer Franz-Josef-Overbeck, Staatssekr­etär Peter Tauber und Moderatori­n Nora Müller.

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