Mehr Meer geht nicht
Auf den Malediven spielt die Zeit keine Rolle – weder unter noch über Wasser
Die Szene erscheint wie eine Mischung aus Naturfilm und Bildschirmschoner: Korallen und bunte Fische. Wie gebannt verfolgt man das Geschehen. Ohne Anstrengung treibt man mit Taucherbrille, Schwimmweste, Schnorchel und Flossen im warmen Indischen Ozean und lässt die Unterwasserwelt auf sich wirken. Fast unrealistisch fantasievoll sehen die Fische am „Kandooma House Reef“auf den Malediven aus: Da ist beispielsweise die orientalische Süßlippe mit ihrem schwarz-weiß gestreiften Körper und den schwarzgepunkteten gelben Flossen. Auch ein lustiger Geselle mit einem Horn über den Augen schwimmt in mehrfacher Ausführung umher. Auf der Übersichtskarte, die an Bord liegt, trägt er den poetischen Namen „unicorn fish“, „Einhornfisch“, im Deutschen scheint er zur Familie der Nasendoktorfische zu gehören. Und ein bisschen versteckt in einer Koralle erkennt der Schnorchelguide Kamey einen Feuerfisch. Mit seinen ihn umgebenden Brustflossenstacheln sieht er wie ein Löwe aus. Leicht lässt sich bei dem abwechslungsreichen Treiben die Zeit vergessen. Ohnehin eignen sich die Malediven hervorragend, um die Armbanduhr abzulegen, um abzuschalten. Es gibt nur dieses eine Postkartenidyll, bestehend aus dem türkisfarbenen Ozean, einem Bungalow wahlweise am oder auf dem Wasser, eventuell einer vereinzelten Palme. Die Malediven sind also prädestiniert für das süße Nichtstun.
Wer auf die Inselwelt südwestlich von Sri Lanka reist, sollte ein Faible für Wasser haben. Denn das Land im Indischen Ozean besteht aus mehr als 1190 Inseln. Wenn man nicht gerade auf einer Fähre, einem Speedboot oder einem Kanu unterwegs ist, taucht oder schnorchelt, sitzt man bestimmt an einem Tisch mit Meerblick oder schaukelt in einer Hängematte und hört den Wellen zu. Und man schießt unablässig Erinnerungsfotos, auf denen vor allem eines zu sehen ist: Wasser.
Auf Hotelinseln wie Irufushi oder Kuramathi ist alles auf Komfort und Erfüllung von Gästewünschen ausgerichtet. Sorgen- und anstrengungsfrei lässt sich hier der Urlaub genießen. Vom Flughafen der Hauptstadt Malé aus ist Kuramathi etwa eineinhalb Stunden mit dem Boot entfernt. Die Hotelinsel im RasdhooAtoll ist 1975 mit zwölf Zimmern gestartet, heute sind es 360 in verschiedenen Kategorien. Je nach Präferenz und Geldbeutel lässt sich zwischen Bungalows im Grünen, Villen am und Villen auf dem Wasser wählen. Manchmal kann man von dort oder der inselzugehörigen Sandbank Schwarzspitzen-Riffhaie beobachten. Die Insel ist 1,8 Kilometer lang und verfügt auch über liebevoll angelegte Spazierwege. Nicht ohne Stolz zeigt Fernalyn Gonzales, Sales Managerin bei Kuramathi, ihren Gästen den mehr als 300 Jahre alten Banyanbaum. Zwischen den Wurzeln des hohen Baums kann man hindurchgehen. Und da kommt dann sogar ein bisschen Dschungel-Feeling auf, wenn man zwischen hohen BanyanFeigen, Schraubenbäumen, Korallenbäumen und Palmen hindurchschlendert. Der Naturlehrpfad windet sich durch einen weitgehend unberührten Teil der Insel. Kokosnüsse und Ochrosia-Bäume bedecken den Waldboden. Tafeln erklären die Vegetation. Auf dem botanischen Pfad gibt es roten Ingwer, Hibiskus, Zitronenbeere und mehr zu bewundern. Tierfreunde können sich auf einem Rundweg über Einsiedlerkrebse schlau machen und sie mit ein bisschen Glück auch an einem Teich oder beim Klettern beobachten.
Wer sich nicht nur für das abgeschirmte Ressortdasein interessiert, sondern auch für das lokale Leben, der hat auf den Inseln der Einheimischen dazu Gelegenheit. Dort gelten dann auch die Gesetze der lokalen Bevölkerung, etwa das Alkoholverbot. Von Kuramathi aus lässt sich beispielsweise mit einer kurzen Überfahrt die Insel Rasdhoo besuchen.
Vom Flughafen der Hauptstadt geht es per Schnellboot Richtung Süd-Malé-Atoll zur Einheimischeninsel Guraidhoo. Auch wenn es die flächenmäßig größte Insel des Atolls ist, lässt sie sich doch zu Fuß in einem überschaubaren Spaziergang umrunden, wer joggt – bei tropischen Temperaturen nicht unbedingt zu empfehlen – soll sogar nur eine Viertelstunde brauchen. Neben den Einrichtungen des täglichen Lebens gibt es Gästehäuser, ein paar Geschäfte und Tauchspezialisten.
Etwas touristischer geht es dann auf Maafushi zu, die von Guraidhoo und Malé in unter einer Stunde per
Boot erreichbar ist. Shaffa, die als Rezeptionistin im Liyela Retreat arbeitet, hat es vor eineinhalb Jahren hierher verschlagen. In der Hauptstadt Malé, einer der dichtbesiedeltsten Städte der Welt, war es ihr zu hektisch geworden. Auf Maafushi ist der Verkehr überschaubarer, das Gedränge geringer und die Lebensqualität höher. Wie auf Guraidhoo ist auch hier der Inselrundgang zu Fuß eine entspannt machbare Angelegenheit. Und natürlich spielt auch hier der Wassersport eine bedeutende Rolle. Der Besucher hat nur die Qual der Wahl: Will er zuerst surfen, segeln, schnorcheln, schwimmen oder tauchen?