Für jede Brezel ein Kassenbon: Bäcker kritisieren neue Vorschrift
Handwerkskammer Konstanz fordert Ausnahmeregelung – „Ist nicht im Sinne der Nachhaltigkeit“
(pm) - 85 Kilometer Kassenbons – so lang ist nach Schätzungen von Bäckermeister Daniel Link die Länge der gesammelten Kassenbons im kommenden Jahr. Denn zum 1. Januar greift die neue Belegausgabepflicht, nach der jeder Kunde selbst beim Kauf einer einzelnen Brezel einen Kassenbeleg erhalten soll. Von den Bäckern der Region wird Kritik an dieser neuen Vorschrift laut.
Laut Handwerkskammer Konstanz gibt es in den fünf Landkreisen des Handwerkskammerbezirks rund 150 Bäckerbetriebe, wobei hier die zusätzlichen Verkaufsfilialen nicht eingerechnet sind.
Der Präsident der Handwerkskammer, Gotthard Reiner, fordert, Bäckerbetriebe mit Kassen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, von der Belegausgabepflicht ausgenommen werden. „Für jede Brezel einen Bon ausgeben zu müssen, ist einfach absurd. Kaum ein Kunde braucht das und es ist auch nicht im Sinne der Nachhaltigkeit“, sagte Reiner.
Das Gesetz sieht laut Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks
zwar Ausnahmemöglichkeiten vor. Wie Reiner mitteilt, würden diese allerdings vom Bundesministerium der Finanzen zu streng ausgelegt, so dass bislang kein Handwerksbäcker
eine Befreiung erhalten habe.
Daniel Link, Obermeister der Bäcker-Innung Tuttlingen-Rottweil, beschäftigt sich, wie viele seiner Kollegen, mit dem Thema Nachhaltigkeit:
„Das Handwerk befasst sich intensiv mit dem Umweltschutz. Wir diskutieren über die Reduzierung von Lebensmittel-Abfällen, die Reduktion von Coffee-to-go-Bechern und achten auf regionale Wertschöpfungsketten. Auf der anderen Seite werden wir nun gezwungen, Müllberge aus beschichtetem Papier zu produzieren. Das ist nicht nachvollziehbar und in Zeiten von Fridays for future nicht zeitgemäß.“
Bäckermeister Daniel Link hat dies für seinen Betrieb mit fünf Verkaufsstellen einmal nachgerechnet. Mit einer vorsichtigen Schätzung von durchschnittlich zehn Zentimeter je Bon ergäbe dies nur für seine Bäckerei eine jährliche Gesamtlänge von rund 85,314 Kilometer an ausgegebenem Papier, teilt der Bäckermeister mit.
Dieses Thema mahnen Daniel Link und seine Innungs-Kollegen gemeinsam an: „Man muss sich wirklich mal überlegen, wieviel Müll und Bürokratie zukünftig eine Brezel verursacht, die innerhalb weniger Minuten aufgegessen wird.“Das Bäckerhandwerk lebt schließlich von dieser hohen Kundenfrequenz, die sich in den örtlichen Fachgeschäften mit Backwaren und Snacks für den täglichen Bedarf eindecken.
Auch Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, äußert sich: „Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber hier ausdrücklich Befreiungsmöglichkeiten für einzelne Betriebe oder ganze Branchen geschaffen. Das Bundesfinanzministerium hat jedoch eine Anweisung an die Finanzbehörden im Bundesgebiet herausgegeben, durch die diese Befreiungsvorschriften praktisch leerlaufen“, so Schneider.
Weiter sagt er: „Die Betriebe des Bäckerhandwerks verkaufen klassischerweise, wie vom Gesetzgeber für eine Befreiung gefordert, ihre Waren an eine Vielzahl von unbekannten Kunden. Wenn den Betrieben eine Ausnahme von der Belegausgabepflicht gewährt wird, wird die Besteuerung in keiner Weise beeinträchtigt, weil die Kassen, die den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, alle Zahlvorgänge lückenlos und manipulationssicher aufzeichnen.“