Heuberger Bote

Machtkampf im Vorstand der Bahn entschiede­n

Finanzchef Doll unterschre­ibt Auflösungs­vertrag – Haushälter geben weitere Milliarden für die Bahn frei

- Von Wolfgang Mulke und dpa

- Wenn der Aufsichtsr­at der Deutschen Bahn kein Veto einlegt, verlässt Finanzvors­tand Alexander Doll nach nur eineinhalb Jahren den Konzern. Einen Aufhebungs­vertrag hat der frühere Banker bereits unterschri­eben. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) hatte den Manager dazu gedrängt, nachdem es im Vorstand zu erhebliche­n Querelen zwischen Doll und Bahnchef Richard Lutz gekommen war. Auf einer Sondersitz­ung am kommenden Montag muss der Aufsichtsr­at der Vertragsau­flösung noch zustimmen. Ob die Gewerkscha­ftsseite im Kontrollgr­emium zustimmen wird, erscheint offen. Sie pocht erst einmal auf eine Aufklärung aller Umstände, will aber zugleich endlich Ruhe im Konzern einkehren lassen. Billig wird die Ablösung nicht. Doll kann mit einer Abfindung in Millionenh­öhe rechnen.

Wer den wichtigen Posten nun übernimmt, wurde am Freitag noch beraten. Wahrschein­lich wird Lutz das Ressort übergangsw­eise selbst übernehmen. Er war viele Jahre selbst Finanzvors­tand und ist mit der Materie bestens vertraut. Für einige Wochen ist auch die Güterverke­hrssparte führungslo­s. Diese Sparte wurde bisher ebenfalls von Doll verantwort­et. Allerdings hat der Aufsichtsr­at kürzlich mit der bisherigen Chefin der Berliner Verkehrsbe­triebe, Sigrid Nikutta, schon eine neue Chefin, die das Cargogesch­äft bestimmt. Sie tritt den Posten am 1. Januar an. Das Ressort ist das größte Sorgenkind der Bahn, weil hier anhaltend hohe Verluste verzeichne­t werden und alle bisherigen Sanierungs­versuche ins Leere liefen. Allein in diesem Jahr wird der Güterverke­hr wohl bis zu 300 Millionen Euro Verlust einbringen.

Es kursieren verschiede­ne Versionen der Gründe für das Zerwürfnis zwischen Eigentümer und Manager. Die wahrschein­lichste deutet auf Scheuer als Treiber der Trennung hin. Das Verkehrsmi­nisterium hat gleich zwei Motive. Zum einen ärgert sich Scheuer schon lange über die desaströse Entwicklun­g im Güterverke­hr. Zweitens ist es Doll nicht gelungen, die britische Bahntochte­r Arriva wie geplant zu veräußern. Die Gebote für das Nahverkehr­sunternehm­en blieben weit unter den erhofften drei bis vier Milliarden Euro. Inzwischen ist der Verkauf erst einmal abgesagt worden. Doll habe den Aufsichtsr­at über die Schwierigk­eiten mit der Veräußerun­g im Unklaren gelassen und dem Gremium wichtige Finanzinfo­rmationen vorenthalt­en, heißt es aus Kreisen des Aufsichtsr­ates.

Zoff gab es aber auch im Vorstand selbst. Lutz bat Doll im Sommer, das Finanzress­ort abzugeben und sich ganz auf das Cargogesch­äft zu konzentrie­ren. Das lehnte Doll ab und brachte damit die Topetage im Bahntower gegen sich auf. Lutz selbst wird auch immer wieder zur Zielscheib­e von Kritikern, weil sich die Lage der Bahn nur langsam bessert. Deshalb hatte Scheuer den Vorstand zuletzt aufgeforde­rt, bis Mitte November ein Konzept für mehr Fortschrit­te vorzulegen. „Bei mir steigt natürlich die Ungeduld, weil ich weiß, dass die Bürger etwas erwarten“, sagte Scheuer im Anschluss an einen Auftritt im Verkehrsau­sschuss des Bundestage­s am Freitag. An eine Ablösung von Lutz denkt der Minister nicht.

Unterdesse­n hat der Haushaltsa­usschuss des Bundestags den Weg für zusätzlich­e Milliarden für die Bahn frei gemacht. Er stimmte bei seinen abschließe­nden Beratungen einer neuen Leistungs- und Finanzieru­ngsvereinb­arung zwischen dem Bund und dem bundeseige­nen Konzern zum Erhalt des Schienenne­tzes zu. Die Vereinbaru­ng hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Der Entwurf sieht Haushaltsm­ittel des Bundes in Form eines „Infrastruk­turbeitrag­s“von insgesamt 51,4 Milliarden Euro vor – deutlich mehr als bisher.

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FOTO: DPA Alexander Doll

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