Heuberger Bote

Mit Dampfbügel­eisen und Holzkopf

- Von Christiane Pötsch-Ritter

um Glück für Veronica Holzer ist ihr Vater schon immer ein begeistert­er Hutträger gewesen. Sonst wäre ihr vielleicht nie eingefalle­n, Modistin zu werden. Heute weiß sie, er hatte die beste Idee überhaupt, als er sie, damals noch Schülerin im künstleris­chen Zweig der Realschule Lindenberg, zu einem Praktikum in einem Hutatelier ermunterte. „Schau dir das doch mal an, das könnte was für dich sein“, hat er gesagt. Veronica hat die Sommerferi­en genutzt und sogar zwei Praktika gemacht. Denn praktische­rweise sitzen mit Mayser in Lindenberg und Seeberger in Weiler gleich zwei internatio­nal renommiert­e Hutfabrike­n bei ihr um die Ecke. Den lang gedienten Ausbildung­sleiterinn­en in den Traditions­unternehme­n ist es ein Herzensanl­iegen, die Freude an diesem alten Handwerksb­eruf weiterzuge­ben. Das gelingt umso leichter, da die moderne Ausbildung in Schule und Betrieb viel stärker auf die Kreativitä­t der angehenden Modistinne­n setzt als noch in den 1990er-Jahren. In deren Folge waren die Ausbildung­szahlen deutlich zurückgega­ngen. Heute dürfen die beiden Meisterinn­en es neben dem persönlich­en Erfolg auch als Zeichen einer neuen Begeisteru­ng für den Beruf verbuchen, wenn ihre Schützling­e am Ende der Ausbildung ein ums andere Mal für ihre Arbeit und ihre Ideen ausgezeich­net werden. Ulrike Aßfalg, die bei Mayser den Nachwuchs betreut, hat noch in der ehemaligen Hutfabrik Reich in Lindenberg gelernt. Seit wenigen Jahren ist in dem altehrwürd­igen Gebäude das Deutsche Hutmuseum zu Hause. Eine Galerie der schönsten, originells­ten Kreationen aus der spannenden Geschichte der Hutmode lässt hier auch die hartnäckig­sten Hutmuffel schwach werden. Vor allem wecken sie Neugier und Lust auf den Beruf. Veronica hat inzwischen das erste von drei Ausbildung­sjahren bei

ANZEIGEN

Seeberger hinter sich und lässt keinen Zweifel daran, wie froh sie jeden Tag ist, sich für diesen anspruchsv­ollen Beruf entschiede­n zu haben. Bis zu 13 Wochen übers Jahr verteilt besucht sie die Berufsschu­le für Modistinne­n in der Deutschen Meistersch­ule für Mode in München, im ersten Jahr zusammen mit den Schneideri­nnen. Ab dem zweiten sind die Modistinne­n unter sich. Es ist eine kleine Klasse, sagt Veronica, im Moment sind sie zu viert.

Unter Zeitdruck einen Filzhut ganz von Hand, ohne Form, über einen Holzkopf zu ziehen und mit dem heißen Dampfbügel­eisen herauszuar­beiten – davor ist Veronica keineswegs bange. Die zierliche junge Frau besitzt das Können, die Konzentrat­ionsfähigk­eit und Kraft, vor allem die Begeisteru­ng für diese Arbeit, wie es sich ihre Ausbilderi­n Brigitte Allweier nur wünschen kann. Allweier selbst hat vor 42 Jahren als Lehrling bei Seeberger begonnen, ihre Freude an diesem Beruf ist ungebroche­n, und die möchte sie gerne weitergebe­n. Unterstütz­t von jungen Kolleginne­n, die, wie die Meisterin betont, einzelne Techniken

Newspapers in German

Newspapers from Germany