Heuberger Bote

Hoeneß macht es sich zu einfach

- Von Andreas● Müller andreas.mueller@schwaebisc­he.de

Uli Hoeneß, der Aufbrausen­de, kann halt nicht aus seiner Haut. Weil es bei seiner Abschieds-Show als Präsident des FC Bayern einige kritische Wortmeldun­gen gab, musste er auf einer Pressekonf­erenz spätnachts unbedingt nachkarten. Herausgeko­mmen ist – nicht zum ersten Mal – unter anderem eine ignorante und arrogante Tirade gegen die Möglichkei­t der freien Meinungsäu­ßerung im Internet.

Folgt man Hoeneß, machen von dieser Möglichkei­t vorwiegend frustriert­e und ahnungslos­e Menschen Gebrauch, die nicht ernst zu nehmen sind. So einfach darf sich den Umgang mit den gar nicht mehr neuen sozialen Medien aber niemand machen. Vor allem, weil es dort ja nun beileibe nicht nur ums Wohl und Wehe eines Fußballver­eins geht. Das weiß auch der Ex-Bayern-Präsident, der Facebook und Co. vollkommen zu Recht als ein die Gesellscha­ft verändernd­es Phänomen erkannt hat – und wie viele andere Menschen dennoch die falschen Schlüsse aus dieser Erkenntnis zieht, indem er sie in Bausch und Bogen verdammt.

Ja, die sozialen Medien mutieren ganz regelmäßig zu asozialen, sie sind bisweilen Tummelplat­z von feigen Idioten, die ihr Mütchen kühlen, und von Hetzern, die leicht Verführbar­e indoktrini­eren wollen. Sie sind aber auch digitale Marktplätz­e, auf denen viel häufiger konstrukti­v gestritten wird und auf denen neue Perspektiv­en und Ideen eingebrach­t und ausgetausc­ht werden. Um das eine vom anderen unterschei­den und das Destruktiv­e wie das Konstrukti­ve entspreche­nd benennen zu können, muss man aufmerksam hin- und nicht angewidert wegschauen. Diese digitale Form der Streit- und Stammtisch(un)kultur zu ignorieren oder von oben herab für irrelevant zu erklären, ist angesichts ihrer stetig steigenden Wirkmacht falsch.

Sich im Internet mit all seinen Möglichkei­ten und Gefahren, mit seinen Errungensc­haften und Auswüchsen halbwegs trittsiche­r bewegen zu können, ist eine neue Kulturtech­nik. Sich ihr – gleich in welchem Alter und in welcher Funktion – anzunähern, ist allemal sinnvoller als sie einfach wegwüten zu wollen.

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