Hoeneß macht es sich zu einfach
Uli Hoeneß, der Aufbrausende, kann halt nicht aus seiner Haut. Weil es bei seiner Abschieds-Show als Präsident des FC Bayern einige kritische Wortmeldungen gab, musste er auf einer Pressekonferenz spätnachts unbedingt nachkarten. Herausgekommen ist – nicht zum ersten Mal – unter anderem eine ignorante und arrogante Tirade gegen die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung im Internet.
Folgt man Hoeneß, machen von dieser Möglichkeit vorwiegend frustrierte und ahnungslose Menschen Gebrauch, die nicht ernst zu nehmen sind. So einfach darf sich den Umgang mit den gar nicht mehr neuen sozialen Medien aber niemand machen. Vor allem, weil es dort ja nun beileibe nicht nur ums Wohl und Wehe eines Fußballvereins geht. Das weiß auch der Ex-Bayern-Präsident, der Facebook und Co. vollkommen zu Recht als ein die Gesellschaft veränderndes Phänomen erkannt hat – und wie viele andere Menschen dennoch die falschen Schlüsse aus dieser Erkenntnis zieht, indem er sie in Bausch und Bogen verdammt.
Ja, die sozialen Medien mutieren ganz regelmäßig zu asozialen, sie sind bisweilen Tummelplatz von feigen Idioten, die ihr Mütchen kühlen, und von Hetzern, die leicht Verführbare indoktrinieren wollen. Sie sind aber auch digitale Marktplätze, auf denen viel häufiger konstruktiv gestritten wird und auf denen neue Perspektiven und Ideen eingebracht und ausgetauscht werden. Um das eine vom anderen unterscheiden und das Destruktive wie das Konstruktive entsprechend benennen zu können, muss man aufmerksam hin- und nicht angewidert wegschauen. Diese digitale Form der Streit- und Stammtisch(un)kultur zu ignorieren oder von oben herab für irrelevant zu erklären, ist angesichts ihrer stetig steigenden Wirkmacht falsch.
Sich im Internet mit all seinen Möglichkeiten und Gefahren, mit seinen Errungenschaften und Auswüchsen halbwegs trittsicher bewegen zu können, ist eine neue Kulturtechnik. Sich ihr – gleich in welchem Alter und in welcher Funktion – anzunähern, ist allemal sinnvoller als sie einfach wegwüten zu wollen.