Neue Regeln für Sportwetten
Landtag gibt Weg für ein neues Glücksspielgesetz frei – Onlinemarkt bleibt unreguliert
STUTTGART - Tippen, mitfiebern und – wenn es gut läuft – gewinnen. 850 Wett büros gibt es laut Regierungs präsidium Karlsruhe alleine in Baden-Württemberg. Dabei sind Sportwetten in Deutschland eigentlich gar nicht erlaubt. Nun soll ein neuer Glücksspiel änderungsstaatsv ertrag die Sport wetten aus der rechtlichen Grauzone heben. Der baden-württembergische Landtag hat einem entsprechenden Gesetz am Donnerstag zugestimmt. Es ist die mittlerweile dritte Version des 2012 erstmals in Kraft getretenen Vertrags – doch es wird nicht der letzte bleiben. Denn für den großen Bereich des Online glücksspiels ist nach wie vor keine Regelung gefunden.
Das ist neu: Wie auch in seiner ursprünglichen Fassung setzt der neue Vertrag das staatliche Monopol für Sport wetten außer Kraft–zumindest für eine verlängerte Exp er imentierp hase bis Ende Juni 2021. Private Sport wetten anbieter, die bestimmte Kriterien erfüllen, sollen eine Lizenz für ihr Geschäft erhalten. Anstelle eines Auswahlverfahrens soll es künftig jedoch ein Erlaubnis verfahren geben. Die Anzahl der Lizenzen ist dementsprechend nicht mehr begrenzt.
Das ist die Vorgeschichte:
In dieser Begrenzung lag im bisherigen Staatsvertrag die Krux: Die Länder hatten ein Kontingent von 20 Lizenzen vereinbart, doch fast doppelt so viele Anbieter erfüllten die Kriterien. Diejenigen, die leer ausgingen, zogen vor Gericht – und bekamen Recht. Damit blieb der Sportwettenmarkt wieder einmal unreguliert – und die Länder standen unter Druck. 2018 sollte schließlich ein zweiter Glücksspiel änderungsstaatsv ertrag in Kraft treten, allerdings zogen bei der Ratifizierung nicht alle beteiligten Bundesländer mit.
Das sagen die Fraktionen:
Bei einer Landtagsdebatte im Oktober bezeichnete Rainer Stickelberger (SPD) den Staatsvertrag als „ein Dokument der Uneinigkeit und der Hilflosigkeit“. Dennoch müsse der Vertrag noch in diesem Jahr verabschiedet, unterzeichnet und ratifiziert werden. „Sonst haben wir nämlich gar nichts mehr im Glücksspielmarkt“,
so Stickelberger. Josef Frey (Grüne) sprach von einer „Politik der kleinen Schritte“. Der neue Vertrag sei ein Zwischenschritt hin zu einer effektiveren Glücksspielregulierung. „Wir müssen auch im Bereich des Glücksspiels damit anfangen, die Lebenswirklichkeit anzuerkennen“, sagte Fabian Gramling (CDU) mit Blick auf den wachsenden Onlinemarkt. Für den Spieler- und Jugenschutz sei ein Vertrag, der alle Glücksspielangebote reguliert, wichtig. Anton Baron (AfD) sprach sich gegen eine zu starke Regulierung des Glücksspielmarkts aus. Immer mehr Spieler würden dann illegale Wettbüros oder illegale OnlineAngebote aufsuchen. Nico Weinmann (FDP) verwies auf die Erkenntnisse, die sich aus der Experimentierphase bis Mitte 2021 ziehen lassen: „Diese könnten für die zukünftige Regulierung auch anderer Glücksspielbereiche wichtig sein.“
Das sagen die Anbieter:
Luka Andric, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Sportwettenverbands, geht davon aus, dass sich alle Verbandsmitglieder – darunter etwa die Wettanbieter Tipico, Admiral oder Bwin – um eine Lizenz bemühen werden. Er merkt jedoch an: „Der Bewerbungsprozess ist relativ aufwendig. Dem steht eine Laufzeit der Lizenzen von nur 18 Monaten gegenüber.“Bei den Verhandlungen der Bundesländer habe es bislang zu viele grundsätzliche Interessens- und Zielkonflikte gegeben – das könnte auch für die Verhandlungen bis Mitte 2021 problematisch sein. „Einige Länder müssten sich von dem Gedanken verabschieden, dass die Regulierung vom Staat holzschnittartig vorgegeben wird und dadurch ein funktionierender Markt entsteht“, so Andric. Es sei selbstverständlich, dass die Regulierung künftig auch alle gängigen Formen des Onlineglücksspiels erfassen. Alles andere führe laut Andric lediglich zur Bildung von Schwarzmärkten.
Das sagt das Innenministerium:
Laut Innenministerium soll der vierte Staatsvertrag, der derzeit unter den Ländern verhandelt werde, ab Juli 2021 Geltung haben. Bis dahin ermögliche das nun verabschiedete Gesetz zumindest im Bereich der Sportwetten ein Vorgehen gegen unerlaubte Angebote. Es sei nicht auszuschließen, dass aufgrund dieser Änderung Wettbüros geschlossen werden müssen. Gleichzeitig bedeute das für Anbieter, dass sie sich legal betätigen, wenn sie eine Erlaubnis innehaben.