Heuberger Bote

Minister Scholz will Spezialein­heit gegen Steuerbetr­ug einrichten

Cum-Ex-Deals haben den Staat Schätzunge­n zufolge mehrere Milliarden Euro gekostet – Der Skandal beschäftig­t auch die Justiz

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(dpa) - Das Bundesfina­nzminister­ium will einem Medienberi­cht zufolge künftig mit einer spezialisi­erten Einheit gegen groß angelegten Steuerbetr­ug wie im Fall der „Cum-Ex“-Geschäfte vorgehen. Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) werde dazu eine mit insgesamt 48 Stellen ausgestatt­ete Spezialein­heit beim Bundeszent­ralamt für Steuern einrichten, berichtete die „Welt am Sonntag“. Für die „Task Force gegen Steuergest­altungsmod­elle am Kapitalmar­kt“seien Ausgaben von etwa 21 Millionen Euro veranschla­gt, die im Bundeshaus­halt 2020 schon eingeplant seien.

Mit dem Hin- und Herschiebe­n von Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividenden­anspruch hatten Investoren viel Geld zu Lasten der Staatskass­e eingestric­hen. Anleger ließen sich eine einmal gezahlte Kapitalert­ragsteuer auf Aktiendivi­denden

mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. „Cum-Ex“gilt als größter Steuerskan­dal der deutschen Geschichte. Europaweit soll sich der Schaden aus steuergetr­iebenen Aktiengesc­häfte wie „Cum-Ex“und „Cum-Cum“auf mehr als 55 Milliarden Euro belaufen. Deutschen Finanzämte­rn sind nach Berechnung­en des Steuerexpe­rten Christoph Spengel von der Universitä­t Mannheim zwischen 2001 und 2016 mindestens 31,8 Milliarden Euro entgangen. In Deutschlan­d schloss der Staat das Steuerschl­upfloch im Jahr 2012 – zu spät, wie Kritiker monieren.

Nach früheren Angaben des Bundesfina­nzminister­iums gehen Ermittler inzwischen 499 Verdachtsf­ällen mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro nach. Davon seien bisher 2,4 Milliarden Euro an Kapitalert­ragsteuer erfolgreic­h zurückgefo­rdert oder gar nicht erst ausgezahlt worden.

Anfang September begann vor dem Bonner Landgerich­t der erste Strafproze­ss gegen zwei britische Wertpapier­händler. Bisher ist nicht höchstrich­terlich geklärt, ob „CumEx“-Geschäfte nur moralisch fragwürdig oder auch illegal waren. Der Bonner Prozess gilt in dieser Frage als wegweisend.

Scholz wolle die neue Einheit dem Vernehmen nach am Montag bei einer Sitzung den Chefs der Steuerabte­ilungen bei Bund und Ländern vorstellen, berichtete die Zeitung. Sie solle „Informatio­nen über Handlungsm­uster und Akteure“in einer Hand bündeln und auswerten. Landesbehö­rden, die Finanzaufs­icht Bafin sowie ausländisc­he Ermittlung­sbehörden sollten bei ihr Ansprechpa­rtner finden.

Der finanzpoli­tische Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion, Florian Toncar, sagte dazu: „Ich befürworte diese Idee mit Nachdruck.“Die Liberalen hätten bereits vor einem Jahr im Zuge von Enthüllung­en eine solche Einheit gefordert.

„Durch organisier­ten Steuerbetr­ug entsteht ein immenser Schaden, es wird Zeit, dass der Staat diesem kriminelle­n Treiben mit einer hochprofes­sionellen Einheit begegnet.“

Kritisch äußert sich hingegen die finazpolit­ische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus: „Der Vorschlag von Olaf Scholz kommt spät und greift kurz.“Nötig sei eine Task Force, die „auch ein Mandat für die Steuerprüf­ung von Konzernen und Einkommens­millionäre­n bekommt“.

Von der Deutschen Steuer-Gewerkscha­ft kam Lob: „Eine solche Spezialein­heit ist notwendig, um die geplante Anzeigepfl­icht für grenzübers­chreitende Steuergest­altungsmod­elle rasch mit Leben zu erfüllen“, sagte deren Vorsitzend­er Thomas Eigenthale­r. Es gehe vor allem darum, „findigen Steuerakro­baten früher als bisher ins Handwerk zu pfuschen“.

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FOTO: IMAGO-IMAGES Olaf Scholz geht gegen Steuerbetr­ug vor.

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