Grün-Schwarz zankt um Flächenfaktor
Grün-Schwarz nutzt Spielraum im Haushalt für Schulen, Handwerk und den Bodensee-Airport
(kab) - Mit zwei Millionen Euro aus zusätzlichen Steuereinnahmen kann die grün-schwarze Koalition im Südwesten viele Streitpunkte beilegen. Ungelöst bleibt aber die Diskussion um den Flächenfaktor. Die CDU will Gemeinden mit einer sehr großen Fläche stärker finanziell unterstützen, auch wenn dort relativ wenige Menschen leben – so wie es im Koalitionsvertrag steht. Das dürfte aber zulasten der größeren Städte gehen, denn die Grünen sind strikt dagegen, dafür mehr Geld auszugeben.
- Was tun mit zwei Milliarden Euro? Darum haben die grünschwarzen Koalitionspartner gerungen. Soviel Geld steht voraussichtlich bis Ende 2021 aus zusätzlichen Steuereinnahmen und Bußgeldern aus dem Diesel-Betrugsskandal zur Verfügung. Im Doppelhaushalt 2020/ 2021, der 102,5 Milliarden Euro umfasst, war das Geld noch nicht eingeplant. Worauf sich Grün-Schwarz geeinigt hat – und worauf nicht.
● Der Flächenfaktor
Der Streit geht weiter. Grüne und CDU konnten sich nicht darauf einigen, ob Gemeinden mit recht wenigen Einwohnern, die sich auf einer großen Fläche verteilen, mehr Geld bekommen sollen. Das fordert die CDU mit Verweis auf den Koalitionsvertrag. Der Ellwanger CDU-Abgeordnete Winfried Mack spricht von einer „Unwucht“zulasten der ländlichen Kommunen. „Wir sind bereit, über frisches Geld zu reden“, sagt er, doch die Grünen wollen keine zusätzlichen Landesmittel freigeben. „Es besteht kein maßgeblicher Zusammenhang zwischen der Größe einer Gemeinde und ihren kommunalen Ausgaben“, sagt die Finanzexpertin der Grünen Thekla Walker. Die Frage spaltet auch die kommunalen Spitzenverbände: Der Gemeindetag, der die kleineren Kommunen vertritt, pocht auf den Flächenfaktor. Der Städtetag indes sorgt sich um Einbußen für größere Städte.
● Stärkung von Schulleitern
Bislang werden nur Grundschulrektoren mit mehr als 80 Schülern nach Besoldungsgruppe A 13 bezahlt. Leiter kleinerer Schulen bekommen nur eine kleine Zulage zu ihrem regulären Lehrergehalt. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) wollte die Grenze auf 40 absenken, die Grünen nichts verändern. Die CDU pochte darauf, alle nach A 13 zu entlohnen – und hat sich durchgesetzt. Nach der Einigung will sich Eisenmann das Schulleiterstärkungskonzept am Dienstag von ihren Ministerkollegen absegnen lassen. Es sieht zudem vor, dass auch Leiter kleiner Haupt- und Werkrealschulen wie die Rektoren größerer Schulen nach A 14 bezahlt werden. Wer eine Schule kommissarisch leitet, soll künftig eine Zulage erhalten. Ziel ist es, die Führungsposten wieder attraktiver zu machen. Dafür sollen die Rektoren auch stärker von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Viele Schulleiterposten sind vakant – gerade in Grundschulen auf dem Land. Das Konzept soll die Stellen attraktiver machen. Wenn es in einigen Jahren voll durchschlägt, kostet das laut
Eisenmann 100 Millionen Euro. Die Änderung bei den Grundschulleitern fällt mit knapp 600 000 Euro 2020 und 2021 kaum ins Gewicht.
● Geld für Nachmittagsbetreuung
Auch das war lange ein Zankapfel. Die Kultusministerin und die CDU wollen lange schon die Nachmittagsbetreuung von Kindern fördern. Das sei Aufgabe der Kommunen, betonten die Grünen und machten sich stattdessen für Ganztagsgrundschulen stark, die das Land finanziert. Der Kompromiss sieht vor, dass das Land mit vier Millionen Euro 2020 und zwölf Millionen Euro 2021 in die Nachmittagsbetreuung einsteigt. Das Geld fließt aber nur dann, wenn die Schule keine Ganztagsschule ist.
● Meisterprämie
Mehr Wertschätzung fürs Handwerk: Die CDU hat eine Meisterprämie durchgesetzt. Wer seinen Meister macht, bekommt 1500 Euro. Dafür sind in den kommenden beiden Jahren elf Millionen Euro eingeplant. Zusätzliche zwei Millionen sollen als Prämie für Meistergründungen und Betriebsübergaben fließen.
● Flughafen Friedrichshafen
Thomas Dörflinger und seine CDUKollegen haben für 7,5 Millionen Euro für den Flughafen Friedrichshafen gekämpft. Die Grünen wollten keinen weiteren Euro zahlen – der Regionalflughafen müsse sich selbst tragen. Nun soll doch Geld fließen. „Es sind einmalig zwei Millionen Euro für sicherheitsrelevante Investitionen eingeplant“, bestätigt der Biberacher Abgeordnete Dörflinger der „Schwäbischen Zeitung“. „Der Flughafen Friedrichshafen ist als Arbeitgeber sowie für die Sicherung der Arbeitsplätze in den Unternehmen am Bodensee sehr wichtig.“Einige Fragen müssten noch geklärt werden, unter anderem, ob die Förderung mit EU-Recht vereinbar sei.
● Regionalfernsehen
Erstmals soll Landesgeld für private regionale Fernsehsender fließen. Andere Länder wie Bayern seien Vorreiter, erklärt der Wangener CDU-Abgeordnete Raimund Haser, der dafür gekämpft hat. Das Land zahle 4,2 Millionen Euro jährlich an die Landesanstalt für Kommunikation. Die fördere damit Nachrichtensendungen – ohne inhaltliche Vorgaben. Ohne das Geld könnten sich die Sender nicht halten, so Haser.
● Der größte Batzen
Von den insgesamt zwei Milliarden Euro sollen 800 Millionen in eine Rücklage fließen. 300 Millionen sind für Klima- und Artenschutz gedacht. 50 Millionen davon sind für eine von der CDU geforderte Klimaschutzstiftung oder einen Klimaschutzfonds gedacht. Die genaue Ausgestaltung soll 2020 geklärt werden. Die Hochschulen sollen 216 Millionen Euro zusätzlich bekommen.