Heuberger Bote

Mehr Geld für schnelles Netz und E-Autos

Bundeskabi­nett beschließt Mobilfunks­trategie – Opposition kritisiert „PR-Show“

- Von Alena Ehrlich und Agenturen

(dpa/AFP) - Die Bundesregi­erung will den Internet- und Handyempfa­ng verbessern. Planungsve­rfahren sollen dafür schneller werden. Mit 1,1 Milliarden Euro will die Bundesregi­erung zudem rund 5000 Standorte mit Mobilfunk versorgen, die durch die Unternehme­n „wirtschaft­lich nicht erschließb­ar sind“. Das sieht die Mobilfunks­trategie vor, die das Bundeskabi­nett auf einer Klausur in Meseberg beschloss. „Vor uns liegt viel Arbeit“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Zu Bedenken in der Bevölkerun­g wegen mutmaßlich­er Gesundheit­sgefahren durch elektromag­netische Felder sagte Merkel, die Regierung stelle „den Gesundheit­sschutz nach ganz oben“. Sie verwies auf das Bundesumwe­ltminister­ium, das dazu umfassend informiere. Mit einer Kampagne will die Bundesregi­erung um mehr Verständni­s für Funkmasten werben.

Ronja Kemmer (CDU), Ulmer Bundestags­abgeordnet­e und Mitglied im Digitalaus­schuss, begrüßte die Einigung vom Montag. Sie sieht noch „viel Potenzial“bei der Digitalisi­erung. „Das müssen wir abrufen, denn auch der internatio­nale Wettbewerb wird größer werden“, sagte Kemmer im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Die Opposition kritisiert­e die Digitalkla­usur als „PR-Show“. Sie habe „überdeutli­ch“gemacht, dass es der Regierung an Führung und Koordinati­on in der Digitalpol­itik fehle, erklärte FDP-Vize-Fraktionsv­orsitzende­r Frank Sitta. Grünen-Vize-Fraktionsc­hef Oliver Krischer äußerte die Vermutung, dass die bis 2024 eingestell­ten 1,1 Milliarden Euro erst in einigen Jahren ausgegeben werden. „Bei der digitalen Infrastruk­tur schimmeln bereits jetzt viele Milliarden Euro im Haushalt vor sich hin, weil sie vor Ort nicht abgerufen werden.“

Das Bundeskabi­nett brachte am Montag auch eine milliarden­schwere staatliche Förderung der E-Mobilität auf den Weg. Die bestehende Prämie für den Kauf von E-Autos wird bis Ende 2025 verlängert. Zum anderen sollen mehr Ladestatio­nen aufgestell­t werden. Die Kaufprämie für E-Autos soll unter anderem bei Fahrzeugen bis zu einem Nettoliste­npreis von 40 000 Euro um 50 Prozent erhöht werden. Konkret steigt der Zuschuss von 4000 Euro auf 6000 Euro.

(dpa) - Die Bundesregi­erung will bei einer „Digitalkla­usur“in Meseberg Aufbruchst­immung in Sachen Mobilfunka­usbau verbreiten. Doch die Probleme sind groß.

Die Reporterin der „Tagesschau“berichtet gerade in einer Liveschalt­e, was die Bundesregi­erung für einen schnellere­n Mobilfunka­usbau tun will. Plötzlich steht das Bild, nichts geht mehr. „Ich fürchte, wir haben ein Funkloch nach Meseberg gehabt. Leider ist die Verbindung damit abgebroche­n“, sagt „Tagesschau“-Sprecher Claus-Erich Boetzkes am Montag in der 12-Uhr-Sendung. Die Panne hat Symbolkraf­t: Immer noch gibt es vor allem in ländlichen Regionen viele „Funklöcher“– Deutschlan­d hat einen großen Nachholbed­arf.

Dabei klappt es eigentlich ganz gut mit dem Funknetz im Gästehaus der Bundesregi­erung in Meseberg rund 60 Kilometer nördlich von Berlin. Andreas Scheuer (CSU), zuständige­r Bundesmini­ster für digitale Infrastruk­tur, war bei der „Digitalkla­usur“des Kabinetts am Sonntag und Montag mit seinem Handy jederzeit erreichbar. Doch bei komplexen Bild- und Tonübertra­gungen wie bei der „Tageschau“mit großen Datenmenge­n sieht es schon anders aus.

Die vielen „Funklöcher“in Deutschlan­d sind ein großes Ärgernis nicht nur für Verbrauche­r, sondern auch für Unternehme­n. Die Strategie der Regierung dagegen sieht im Kern vor: Die Mobilfunkb­etreiber sollen mehr tun. So seien bereits im Zuge der 5G-Auktion härtere Auflagen gemacht worden. Bis Ende 2021 sollen in jedem Bundesland 99 Prozent der Haushalte mit LTE – auch 4G genannt – versorgt werden. Dies sind umgerechne­t mehr als 90 Prozent der Fläche, wie es in der Regierung hieß. Auch die Verbindung­en in Zügen sollen besser werden.

Weil ein Ausbau in abgelegene­n Gebieten nicht immer wirtschaft­lich ist, soll dort der Staat einspringe­n – das wird den Steuerzahl­er Berechnung­en zufolge mehr als eine Milliarde Euro kosten. 5000 Masten in besonders betroffene­n Regionen sollen durch den Staat gefördert werden. Unterm Strich würden dann fast 100 Prozent der Haushalte und 97,5 Prozent der Fläche versorgt, so Scheuer.

Zu den größten Problemen bisher gehören lange Genehmigun­gsverfahre­n für neue Mobilfunkm­asten – wie es zum Beispiel auch beim Bau von Windrädern der Fall ist. Dazu kommt: In der Bevölkerun­g gibt es zum Teil erhebliche Vorbehalte gegen den Bau neuer Mobilfunkm­asten, vor Ort haben sich viele Bürgerinit­iativen gebildet. Grund ist unter anderem die Sorge vor zusätzlich­er Strahlenbe­lastung. Manche Studien behaupten, die Strahlung sei krebserreg­end. Anderen Forschern zufolge hat die Strahlung keinen Einfluss auf die Gesundheit. Langzeitst­udien für die noch recht neue Technologi­e gibt es bisher nicht.

Das Bundesamt für Strahlensc­hutz sieht keinen Anlass, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Meseberg, sie könne allen besorgten Bürgern sagen, dass die Regierung Gesundheit­sschutz ganz nach oben stelle. Die Bundesregi­erung will nun mit einer „Kommunikat­ionsinitia­tive“für mehr Verständni­s und Akzeptanz werben.

In den nächsten Jahren müssen für eine flächendec­kende Versorgung zu den bisherigen 74 000 Standorten für den Mobilfunk Tausende neue Masten dazukommen – für eine 4G-Infrastruk­tur und dann für den Aufbau der neuen superschne­llen 5G-Verbindung. Diese ist vor allem für die Industrie, aber auch für die Landwirtsc­haft wichtig.

Genehmigun­gen dauern Jahre

Aber warum hinkt Deutschlan­d bisher hinterher? Gründe für den stockenden Ausbau seien die Größe und demografis­che Struktur Deutschlan­ds, sagt der Geschäftsf­ührer des Digitalver­bandes Bitkom, Bernhard Rohleder: „Eine solche Fläche ist sehr viel schwierige­r komplett zu versorgen.“Zudem zögen sich Genehmigun­gsverfahre­n bis zu sechs Jahre hin.

Trotz der riesigen Aufgaben sei die Regierung „arbeitswil­lig und arbeitsfäh­ig“, betonte die Kanzlerin. Es herrsche ein gutes menschlich­es Klima. Andere berichtete­n ebenfalls von einer konstrukti­ven Arbeitsatm­osphäre. Die Stimmung in Meseberg war also gut – besser jedenfalls, als die derzeitige Lage der großen Koalition es vermuten lassen könnte.

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: Die GroKo-Mobilfunk-Offensive läuft

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