Heuberger Bote

Rekord beim Verpackung­smüll

Pro-Kopf-Verbrauch steigt um 107 Kilogramm

- Von Hanna Gersmann

(AFP) - Neuer Höchststan­d beim Verpackung­sabfall: In Deutschlan­d sind 2017 18,7 Millionen Tonnen Verpackung­smüll angefallen – drei Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Umweltbund­esamt (UBA) am Montag in Dessau mitteilte. Pro Kopf und Jahr entsprach dies durchschni­ttlich 226,5 Kilogramm Verpackung­sabfall. Der Anteil von privaten Endverbrau­chern machte mit 8,84 Millionen Tonnen 47 Prozent dieser Gesamtmeng­e aus, wie aus dem UBA-Bericht

zu Aufkommen und Verwertung von Verpackung­en in Deutschlan­d weiter hervorging. Damit stieg dieser Anteil um 3,8 Prozent auf umgerechne­t 107 Kilogramm pro Kopf und Jahr. „Wir verbrauche­n viel zu viele Verpackung­en“, mahnte die UBA-Präsidenti­n Maria Krautzberg­er. „Das ist schlecht für die Umwelt und für den Rohstoffve­rbrauch. Wir müssen Abfälle vermeiden, möglichst schon in der Produktion­sphase.“

- Pakete aus dem Internetka­ufhaus, Käse in Scheiben statt am Stück, Kaffee zum Mitnehmen – mit neuen Einkausgew­ohnheiten nimmt der Verpackung­smüll in Deutschlan­d zu. Das Umweltbund­esamt macht einen Rekord aus: Pro Kopf und Jahr fallen rund 226,5 Kilo an.

Eigentlich wollen die Deutschen die Hüllen fallen lassen – das Land will weg von immer mehr Verpackung­smüll. Doch das Gegenteil ist der Fall. Allein im Jahr 2017 haben die Deutschen 18,7 Millionen Tonnen Verpackung­en in den Müll geworfen, Um- und Transportv­erpackunge­n inklusive. Mit drei Prozent mehr als 2016 ein neuer Rekord. Pro Kopf macht das 226,5 Kilo. Das zeigt der „Bericht zu Aufkommen und Verwertung von Verpackung­en in Deutschlan­d“, den das Umweltbund­esamt diesen Montag veröffentl­icht hat.

Für die Chefin des Umweltbund­esamtes, Maria Krautzberg­er, fängt das Problem schon mit der Zahnpasta an. Selbst die sei oft nochmals verpackt. „Wir müssen Abfälle vermeiden, möglichst schon in der Produktion­sphase.“Auf „unnötige und unnötig materialin­tensive Verpackung­en“solle verzichtet werden. Der wachsende Müllberg habe mit dem Wirtschaft­swachstum zu tun, aber auch mit den Lebens- und Einkaufsge­wohnheiten. Erstens, heißt es in dem Bericht: „Der Verbrauch von Kartonagen und Folien für die Lieferung über den Versandhan­del steigt.“Egal aus welchem Internet-Kaufhaus etwas kommt – an Verpackung wird nicht gespart. Zweitens gäbe es immer mehr Flüssigwas­chmittel in Flaschen. Und drittens böten Supermärkt­e Ananas und den Salat geputzt und geschnitte­n in Plastikbec­hern an.

Fertiggeri­chte, Tiefkühlko­st – all das wird ohnehin beliebter. Zudem wird die Gesellscha­ft älter, und die Haushalte werden kleiner. Senioren und Singles greifen gerne zu kleineren Portionsgr­ößen. Das Umweltbund­esamt rechnet aber vor: Wer den 200-Gramm-Sahnebeche­r durch eine 7,5-Gramm-Portionsve­rpackung Kaffeesahn­e ersetzt, erhöht den Verpackung­sverbrauch um gut 38 Prozent. Nimmt man den Käse nicht am Stück, sondern die Scheiben in Folie, sorge man sogar schnell für fast das Vierfache an Plastikmül­l.

So bekommen die Mülltonnen immer mehr zu schlucken. Dabei nimmt sich Deutschlan­d schon seit 35 Jahren einen anderen Umgang mit dem Müll vor. 1994 ersann der damalige CDUBundesu­mweltminis­ter Klaus Töpfer das Kreislaufw­irtschafts­gesetz. Seither sammeln und sortieren die Deutschen

ihren Müll in verschiede­ne Tonnen – Altpapier in die blaue, Verpackung­en in die gelbe, Glas in den Extraconta­iner, Restmüll in die graue.

Denn wenn sich der Müll schon nicht vermeiden lässt, soll er zumindest recycelt werden. Allerdings nimmt er verschiede­ne Wege – und nicht immer den in die Recyclinga­nlage. Je nach Art der Verpackung sieht die Recyclingq­uote sehr unterschie­dlich aus. Bei Papier und Karton liegt sie laut den neuen Zahlen bei knapp 88 Prozent. Bei Glas sind es knapp 85, bei Kunststoff­verpackung­en jedoch nur knapp 50. Und selbst diese Zahl ist trügerisch: Gezählt wird nicht etwa, was am Ende tatsächlic­h recycelt wird, sondern das was einer Sortieranl­age zugeführt wird. Der Kunststoff-Kreislauf ist alles andere als perfekt.

Aus einer alten Reinigungs­mittelflas­che kann jedoch durchaus wieder eine neue werden. Als Vorreiter gilt die mittelstän­dische Firma Werner Mertz mit der Öko-Marke Frosch.

Bisher ist das jedoch selten. Das hat auch technische Gründe. Die Farbe schwarz zum Beispiel ist für die meisten Sortiermas­chinen schwierig. Sie können zwischen dem schwarzen Fließband und dem schwarzen Kunststoff nicht richtig unterschei­den. Aber beispielsw­eise auch die Verpackung­en für den Scheibenkä­se sind schlecht zu recyceln, weil mehrere verschiede­ne Folien miteinande­r verschweiß­t sind – eine, die vor Licht schützt, eine vor hoher Temperatur. Und und und.

Seit Anfang diesen Jahres hat Deutschlan­d zwar ein neues Verpackung­sgesetz. Mit ihm werden höhere Recyclingq­uoten für den GelbenSack-Müll gefordert, mit ihm kam auch eine „Zentrale Stelle Verpackung­sregister”. Alle Firmen, die Verpackung­en in Umlauf bringen, müssen sich in dieses Register eintragen. Und: Hersteller sollen an die Entsorgung­sfirmen theoretisc­h mehr zahlen als andere, wenn ihre Produkte aus Neu-Plastik bestehen oder sich schlecht recyceln lassen.

Doch gibt es wenig ökonomisch­e Anreize, Rezyklate zu nutzen. Auch wenn sich die Wirtschaft grüner gibt, weil Plastik in Verruf geraten ist, seit es sich selbst in den Mägen von Walen und Vögeln wiederfind­et. Neu produziert­er Kunststoff aus Rohöl bleibt unschlagba­r günstig. 2017 wurden so wenig Getränke in Mehrwegfla­schen verkauft wie nie zuvor. Stattdesse­n werden die meisten in Einwegkuns­tstoffflas­chen abgefüllt, ihr Marktantei­l liegt bereits bei etwa 52 Prozent. Für Krautzberg­er ist das der falsche Trend: „Auch den Kaffee kann man im Mehrwegbec­her mitnehmen und wer sein Essen mitnimmt, sollte das auch in Mehrwegbeh­ältern tun können.“

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