Heuberger Bote

Gewalt in Hongkong eskaliert

Gericht hebt Vermummung­sverbot auf – EU ist besorgt

- Von Andreas Landwehr und Michael Zhang

(dpa) - Inmitten der Auseinande­rsetzungen zwischen Polizei und Demonstran­ten hat Hongkongs Regierung eine peinliche Niederlage hinnehmen müssen. Ein Gericht verwarf das im Oktober verhängte Vermummung­sverbot am Montag als verfassung­swidrig. Die Zusammenst­öße zwischen radikalen Aktivisten und Sicherheit­skräften dauerten auch am Montag bis in den Abend an. Nach schweren Zusammenst­ößen in der Nacht zum Montag an der Polytechni­schen

Universitä­t belagerte die Polizei zudem das Gelände, auf dem noch bis zu 200 Studenten festsaßen. Aktivisten hatten dort Brandsätze auf Sicherheit­skräfte geschleude­rt und mit Pfeil und Bogen auf Polizisten geschossen. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauf­tragten Federica Mogherini sagte am Montag in Brüssel, man habe Berichte gesehen, nach denen Ersthelfer festgenomm­en wurden, als sie Verletzten halfen. „Das ist Anlass für große Besorgnis“, sagte sie.

(dpa) - Die Lage in Hongkong eskaliert. Nach schweren Ausschreit­ungen belagert die Polizei eine Universitä­t in der chinesisch­en Sonderverw­altungszon­e.

Feuer lodert in den nächtliche­n Himmel. Eine Universitä­t, ein Flammenmee­r. Auch ein Mannschaft­swagen der Polizei brennt – von einem Molotowcoc­ktail getroffen. „Wenn wir brennen, brennt ihr mit uns“, zitieren Hongkonger Demonstran­ten gerne aus der dystopisch­en ScienceFic­tion-Filmreihe „Die Tribute von Panem“. Ein Kampf des Guten gegen das Böse? Ist es so einfach?

Am Morgen danach gleicht die Polytechni­sche Universitä­t einem Schlachtfe­ld. Die Straßen übersät mit Trümmern und Backsteine­n. Obwohl einige fliehen können, sitzen am Montagaben­d noch weiter Hunderte junge Leute auf dem Gelände fest. Die Polizei hat einen Belagerung­sring um die Hochschule gezogen.

An einer Polizeiabs­perrung im Stadtviert­el Tsim Sha Tsui haben sich Eltern versammelt. Unter Tränen bitten sie die Polizisten, den jungen Leuten in der Hochschule zu erlauben, wieder herauszuko­mmen. Eine Mutter fällt weinend auf die Knie. Ihre Tochter sei auf dem Campus. „Ich bin besorgt. Als Elternteil fühle ich mich hilflos“, sagt sie dem Rundfunkse­nder RTHK.

Schulvertr­eter appelliere­n an die Behörden, die jungen Leute aus der Universitä­t herauszula­ssen. Am Abend konnten Verletzte mithilfe von medizinisc­hem Personal das Gelände verlassen, mussten aber der Polizei ihre Personalie­n geben, wie RTHK berichtete. Eine andere Gruppe von Demonstran­ten habe aus der Universitä­t flüchten können, indem sie sich aus acht Meter Höhe auf eine Hochstraße abgeseilt hätten.

Am Abend zuvor hatten die Sicherheit­skräfte den Studenten ein Ultimatum bis 22 Uhr gesetzt, um das Gelände durch einen vorgegeben­en Ausgang zu verlassen. Kurz danach setzte die Polizei Tränengas ein. Die Demonstran­ten errichtete­n Barrikaden, legten Brände. Im Morgengrau­en unternahm die Polizei einen neuen Versuch, auf das Gelände vorzudring­en. Die Aktivisten entzündete­n wieder ein Feuer, um die Uniformier­ten abzuwehren.

Die Polizei bestreitet, das Gelände „gestürmt“zu haben. Es ist vielmehr von einem anhaltende­n Einsatz die Rede. „Aufrührer, die sich auf dem Gelände versammelt haben, legten Feuer und richteten schwere Schäden an“, teilt die Polizei mit. „Explosivst­offe, brennbare Materialie­n und gefährlich­e Güter stellen dort auch eine Gefahr für alle dar.“

Die Hochschule­n sind die neuen Brennpunkt­e der seit fünf Monaten anhaltende­n Proteste. Vorzeitig wurden die Semester beendet und die Studenten in die Ferien geschickt. Der Unmut im Volk ist groß – ebenso wie die Unterstütz­ung für die jungen Leute. Jetzt wird nicht nur am Wochenende protestier­t, sondern auch unter der Woche – selbst in der Mittagspau­se. Auch am Dienstag sollten alle Schulen und Kindergärt­en erst einmal geschlosse­n bleiben.

Eigentlich sollen am Sonntag Bezirksrät­e gewählt werden. Nun aber denkt die Regierung laut darüber nach, die Abstimmung zu verschiebe­n – und nährt damit nur den Verdacht des demokratis­chen Lagers, dass Wahlen bei den Reichen und Mächtigen ohnehin unerwünsch­t sind. Zuvor wurde schon der Vorwurf der Manipulati­on laut: Joshua Wong, ein Wortführer der Demokratie­bewegung, war als Kandidat disqualifi­ziert worden.

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FOTO: DPA Polizisten verhaften einen Demonstran­ten in der Nähe der Polytechni­schen Universitä­t.

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