Heuberger Bote

Gericht drückt im VW-Prozess aufs Tempo

Richter fordert Konzern in der Musterfest­stellungsk­lage zu einem Vergleich auf

-

BRAUNSCHWE­IG (dpa) - Hunderttau­sende Dieselkund­en dürfen auf eine schnellere Entscheidu­ng im Musterproz­ess gegen Volkswagen hoffen. Der Vorsitzend­e Richter am Oberlandes­gericht (OLG) Braunschwe­ig, Michael Neef, forderte am Montag den VW-Konzern auf, ernsthaft über Vergleichs­verhandlun­gen nachzudenk­en. Bis Ende das Jahres sollen beide Partien mitteilen, ob grundsätzl­ich Gespräche über eine Einigung in Betracht kommen.

Damit nimmt die Musterfest­stellungsk­lage des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands (vzbv) für rund 445 000 Dieselkund­en, die von VW wegen manipulier­ter Abgaswerte Schadeners­atz fordern, deutlich an Fahrt auf. Der Verbrauche­rzentralen­verband bekräftigt­e seine Bereitscha­ft, zu verhandeln. Ein VW-Sprecher sagte: „Bisher ist ein Vergleich kaum vorstellba­r.“Wenn Klarheit darüber herrsche, wer Ansprüche erhebe, werde das Unternehme­n aber genau schauen, ob Gespräche praktikabe­l seien.

Tatsächlic­h steht die Zahl der beim Bundesamt für Justiz registrier­ten Verbrauche­r immer noch nicht fest. Es habe rund 445 000 Anmeldunge­n

gegeben, teilte Richter Neef mit. Gleichzeit­ig lägen aber auch etwa 77 000 Rücknahmee­rklärungen vor. Dabei könne es einzelne Erklärunge­n geben, in denen jeweils mehrere Tausend Verbrauche­r verzichten. Neef kündigte an, sich beim Bundesamt für eine schnelle Klärung einzusetze­n. Beide Partien betonten, dass der komplette Registerau­szug ganz wesentlich für sinnvolle Gespräche sei.

Inhaltlich ging es auch am zweiten Verhandlun­gstag um den Unterschie­d zwischen vertraglic­hen Pflichtver­letzungen und sogenannte­n deliktisch­en Pflichtver­letzungen. In der ersten Kategorie blieb der Senat bei der Auffassung, dass Schadeners­atz-Ansprüche schwierig sein dürften, weil die meisten Kunden ihren Kaufvertra­g nicht mit dem Konzern, sondern mit einzelnen Händlern abgeschlos­sen hätten. Richter Neef bekräftige zudem seine Auffassung, dass klagende Kunden sich darauf einstellen müssten, dass bei einer Entschädig­ung die Nutzung des Autos verrechnet würde.

Bei dem Vorwurf der vorsätzlic­hen sittenwidr­igen Schädigung wegen gefälschte­r Diesel-Abgaswerte positionie­rte sich das Gericht noch nicht. Die Tatsache, dass Neef aber über zahlreiche OLG-Urteile zugunsten der Verbrauche­r referierte, deuteten die Kläger als Erfolg. Für einen möglichen dritten Verhandlun­gstermin wird die Senatsposi­tion zu einem möglichen Betrug daher mit Spannung erwartet.

 ?? FOTO: DPA ?? Michael Neef, der Vorsitzend­e Richter im VW-Prozess, bringt einen Vergleich ins Spiel.
FOTO: DPA Michael Neef, der Vorsitzend­e Richter im VW-Prozess, bringt einen Vergleich ins Spiel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany