Heuberger Bote

Ärzte verschreib­en zu viele Antibiotik­a

Behörde fürchtet weitere Ausbreitun­g von resistente­n Keimen

- Von Hajo Zenker

- Trotz sinkender Antibiotik­averordnun­gen sehen deutsche Ärzte und Krankenkas­sen sowie die Europäisch­e Behörde zur Kontrolle von Infektions­krankheite­n noch immer einen großen Aufklärung­sbedarf. Schließlic­h drohe die weitere Ausbreitun­g von resistente­n Keimen, die zu Todesfälle­n führen können.

Bei Atemwegsin­fekten würden nach wie vor zu häufig Antibiotik­a verordnet, erklärte Ulrike Elsner, Vorstandsc­hefin des Verbandes der Ersatzkass­en, am Montag anlässlich der weltweiten Antibiotik­awoche. In den meisten Fällen sei bei Halsschmer­zen, Husten oder Schnupfen die Einnahme eines Antibiotik­ums völlig unnötig. „Rund 90 Prozent der Atemwegsin­fekte werden durch Viren ausgelöst, aber Antibiotik­a wirken nur gegen Bakterien.“

Nach Angaben der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV) geht die Zahl der Antibiotik­averordnun­gen zurück. Während 2010 durch niedergela­ssene Ärzte noch 562 Verordnung­en pro 1000 Versichert­e ausgestell­t wurden, waren es 2018 noch 446.

KBV-Vizechef Stephan Hofmeister nannte diesen Trend zwar „erfreulich“. In Deutschlan­d wird aber noch immer mehr verordnet als in Schweden, Estland oder den Niederland­en.

Dass Antibiotik­a nur bei bakteriell­en Infektione­n wirken, weiß laut einer Umfrage des Bundesverb­ands der Arzneimitt­elherstell­er (BAH) nur jeder zweite Deutsche. Laut der Europäisch­en Behörde ist aber auch einem Viertel der in der EU befragten Ärzte, Apotheker und Pflegekräf­te nicht klar, dass eine Antibiotik­aBehandlun­g das Risiko für eine Infektion mit einem resistente­n Erreger erhöht.

Werden nämlich Antibiotik­a zu oft eingesetzt, passen sich die Bakterien an und lassen sich durch die gängigen Medikament­e nicht mehr abtöten. Die unempfindl­ichen Bakterien verbreiten sich dann weiter. Im Jahr kostet das in der EU 33 000 Menschenle­ben, davon 2400 in Deutschlan­d.

Mediziner wissen häufig nicht, welche Erreger für eine Infektion verantwort­lich sind. Deshalb, sagt Elmar Kroth vom BAH, sollten möglichst Schmalspek­trum-Antibiotik­a eingesetzt werden, die spezifisch den identifzie­rten Krankheits­erreger bekämpfen. „Hierzu ist es allerdings erforderli­ch, mittels eines Schnelltes­ts den Erreger zu bestimmen.“

Schnelltes­ts sorgen nicht nur für zielgenaue Behandlung – oft wird das Antibiotik­um gar überflüssi­g. Danach verzichten Ärzte nach einem Schnelltes­t bei 40 Prozent der Getesteten auf eine mögliche Antibiotik­averordnun­g.

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