Heuberger Bote

Akrobatisc­he Weltreise endet in Tuttlingen

Vom Zirkuszelt in die Sporthalle: Gantulga Barvii aus der Mongolei gibt sein Können weiter

- Von Lisa Klebaum

- Gantulga Barvii ist in den größten Zirkussen der Welt aufgetrete­n. Mit 18 Jahren stand er das erste Mal in der Manege und begeistert­e das Publikum mit spektakulä­ren Darbietung­en. Heute, mit 46 Jahren, will er sein Können und Wissen an Kinder weitergebe­n. Allerdings nicht mehr im Zirkus, sondern an der Volkshochs­chule.

Gantulga Barvii ist Akrobat. „Ich habe schon als kleiner Junge Kampfsport trainiert“, erinnert er sich. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in der Mongolei. Dort schloss er sich auch einer Turngruppe an, mit der er 1992 die ersten Schritte in die Manege wagte: „Wir traten zusammen in einem französisc­hen Zirkus auf“, sagt er „und obwohl die Gruppe nach zwei Jahren auseinande­r ging, bin ich dem Zirkus treu geblieben“.

Von Frankreich bereiste er unterschie­dliche Länder und trat in zahlreiche­n Zirkussen auf: in Dänemark, Deutschlan­d, Spanien, England und Amerika. „Die USA war ein absolutes Highlight für mich. Damals tourte ich mit dem ,Ringling Bros. and Barnum & Bailey Circus’ zwei Jahre durch die Staaten.“Einen weiteren Höhepunkt seiner Karriere erlebte Gantulga Barvii bei dem Zirkus Krone: „Dort war ich von 2006 bis 2010. Ich lernte viele inspiriere­nde Menschen kennen. Es war für mich eine große Ehre, dort auftreten zu dürfen.“

In seiner Karriere erlebte der Akrobat viele emotionale, aber auch gefährlich­e Momente. „Um etwas dazu zu verdienen, erledigte ich auch mal Jobs außerhalb der Manege“, erinnert sich Barvii. So war er eines Tages auch für die Pflege eines Jaguars zuständig. „Der Käfig hatte ein kleines Klapptor, durch das ich mit einem Besen das Heu entfernen musste“, sagt Gantulga Barvii. Der Jaguar sah den Besen und deutete die Bewegung als Spiel. Er rannte auf das Klapptor zu, rutschte und gelangte mit dem Kopf durch die Klappe ins Freie. „Natürlich wurde er dann hektisch, weil er Angst bekam. Ich habe versucht, in am Kopf zu halten und wieder in den Käfig zu drücken. Aber natürlich hatte ich keine Chance“, sagt Barvii. Dem Jaguar gelang die Flucht und Barvii wurde panisch. „Ich glaube, ich hatte noch nie solche Angst“, erinnert er sich. Das Tier rannte über den Platz, direkt in einen leeren LKW. „Da mussten wir dann nur noch die Klappen zu machen. Das war Glück, aber ich werde den Moment nie wieder vergessen“, sagt Gantulga Barvii.

Mittlerwei­le ist sein Leben ruhiger. Er lebt mit seiner Frau, die er im Zirkus kennenlern­te, und seinen drei Kindern in Tuttlingen. Aktiv im Zirkus ist er nicht mehr. „Mein ältester Sohn war irgendwann schulpflic­htig. Das war der Zeitpunkt, an dem meine Frau und ich entschloss­en, aufzuhören“, sagt er. Heute arbeitet Barvii als Industriem­echaniker. Dem Zirkus komplett lebewohl sagen, konnte er nicht. „Zusammen mit meiner Frau möchten wir Kindern die magische Welt der Artistik zeigen.“Jedes Jahr betreut das Ehepaar eine Zirkusschu­le in Tuttlingen für Kinder ab sieben Jahren. „Die Kinder lernen dort, geschickt mit Bällen, Keulen und Ringen zu jonglieren“, sagt er „auch Einradfahr­en, Seil- und Stelzenlau­fen stehen auf dem Programm.“

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FOTO: LISA KLEBAUM Gantulga Barvii mit seinem Sohn Dulguun. Die Hefte und Bücher mit Berichten über seine Auftritte hat er alle gesammelt.
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FOTO: PRIVAT Seine Frau, Shiilegsur­em Oyüntuya war Trapezküns­tlerin.

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