Streit um 1000-Meter-Regel
Geplanter Mindestabstand bei Windrädern in der Kritik
(dpa) - In der einst boomenden Windenergiebranche mit Zehntausenden Beschäftigten wächst wegen unklarer Perspektiven die Verunsicherung. Ein Treffen von Branchenvertretern mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Montagabend brachte keine konkreten Ergebnisse zum weiteren Ausbau.
In der Politik gewinnt der Streit um einen geplanten Mindestabstand von 1000 Metern von Windrädern zu Wohnsiedlungen an Schärfe. GrünenFraktionsvize Oliver Krischer sagte am Dienstag: „Altmaier muss sich jetzt entscheiden, ob er Politik für die Anti-Windkraft-Taliban in seiner eigenen Partei macht oder ob er für die Arbeitsplätze in der Windbranche kämpft.“
Der Ausbau der Windkraft an Land ist in diesem Jahr fast zum Erliegen gekommen. Hauptgründe sind lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen. Vor Ort ist der Bau von Windrädern oft heftig umstritten. Die Branche befürchtet nun, die Ausbaukrise könnte sich weiter verschärfen. Grund ist die Mindest-Abstandsregelung von 1000 Metern. Laut Entwurf aus dem Wirtschaftsressort sollen fünf nebeneinander stehende Häuser als Wohnsiedlung gelten. Länder sollen davon abweichen können.
Altmaier verteidigte die Pläne der Bundesregierung. Die Union und die SPD hätten gemeinsam beschlossen, Hindernisse für Genehmigungen von Windparks abzubauen. Gleichzeitig müssten aber „auch die berechtigten Sorgen vieler Menschen“ernst genommen werden, sagte der Minister im Deutschlandfunk. Viele Anwohner empfänden die Errichtung von Windrädern „als Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität.“
Unterstützung bekam er vom Wirtschaftsflügel der Union: Der Vorsitzende der Mittelstandsunion, Carsten Linnemann (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Nicht Mindestabstände gefährden die Ziele der Energiewende, sondern die fehlende Akzeptanz der betroffenen Bevölkerung.“
Krischer sagte, die Regelungen für die Abstände zu Wohnbebauungen müssten zurückgezogen werden. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, warf Altmaier auf Twitter vor, die Pläne bedeuteten den Ausstieg aus der Windenergie mit dramatischen Folgen für Jobs.
Bürgerinitiativen kritisierten den geplanten Mindestabstand von 1000 Metern als zu gering. In einem offenen Brief an Altmaier schrieb die Initiative „Rettet Brandenburg“, die Lärm- und Infraschallemissionen der Windkraftanlagen mit neuen Höhen von 250 bis 300 Meter machten Menschen und Tiere krank, wenn die Abstände nicht mindestens das 10fache der Höhe betragen würden.
Das Wirtschaftsministerium erklärte, es wolle eine starke und leistungsfähige Windindustrie in Deutschland. Arbeitsplätze müssten erhalten werden. Daher sei entscheidend, dass der vom Ministerium Anfang Oktober vorgelegte Arbeitsplan Wind umgesetzt werde. „Hierbei sind alle Akteure gefordert: die Länder bei der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren wie auch das Bundesumweltministerium beim Naturschutzrecht.“Der Plan sieht unter anderem vor, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Außerdem sollen etwa Kommunen stärker am Betrieb von Windrädern beteiligt werden, um die Akzeptanz zu stärken.