Heuberger Bote

Staatsvert­rag statt Bildungsra­t?

Das Gremium ist am Ende – Die Debatte um einheitlic­he Standards geht weiter

- Von Mathias Puddig und Agenturen

- Nachdem Bayern und Baden-Württember­g aus dem Nationalen Bildungsra­t ausgestieg­en sind, ist unklar, wie es mit dem Gremium weitergeht. Am Tag nach dem vorläufige­n Aus für den Rat geht Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) zum Gegenangri­ff über. Weder sei ein „Berliner Zentralabi­tur“geplant gewesen, wie Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) kritisiert hatte, noch wolle sie „in die Klassenzim­mer hineinregi­eren“oder ein „bürokratis­ches Monstrum“erschaffen. Da werde „ganz bewusst ein falscher Eindruck erweckt“.

Viel unternehme­n kann Karliczek aber offenbar nicht. Die Absage aus Bayern und Baden-Württember­g kam für sie nicht unerwartet. Ob und wie es mit dem Nationalen Bildungsra­t nun aber weitergeht, ist trotzdem offen. Baden-Württember­gs Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann warb bereits für einen Länderstaa­tsvertrag für gute Bildung. Ein solches Instrument hätte eine hohe Verbindlic­hkeit, sagte sie.

Union und SPD hatten den Aufbau eines Nationalen Bildungsra­ts im Koalitions­vertrag vereinbart. Karliczek erinnerte daran, dass der Nationale Bildungsra­t ein gemeinsame­s Projekt von Bund und Ländern war. Gemeinsam wollten sie das Gremium einrichten, das sich nicht nur mit Schulpolit­ik beschäftig­en soll – sondern mit der gesamten Bildungske­tte von der Kita bis zur berufliche­n Weiterbild­ung.

Die Kompetenze­n sind in diesen Bereichen unterschie­dlich verteilt. Während die Länder etwa die Hoheit bei Schultheme­n haben, spricht der Bund bei der betrieblic­hen Ausbildung ein wichtiges Wort mit. Dass der Rat Beschlüsse fassen soll, stand jedoch nie zur Debatte. Er sollte auf wissenscha­ftlicher Grundlage Empfehlung­en geben. Die hätten dann jedoch sicherlich eine gewisse Verbindlic­hkeit gehabt. Strittig war am Ende eigentlich nur noch die Stimmverte­ilung im Bildungsra­t. Allerdings schien auch da ein Kompromiss greifbar.

„Alleingäng­e kaum erträglich“

Dass es dazu nun nicht kommt, nervt SPD und Opposition. FDP-Bildungsex­perte Jens Brandenbur­g sprach von einem „trotzigen Boykott“, Margit Stumpp (Grüne) warf Söder ein „doppeltes Spiel“vor. Hamburgs Schulsenat­or Ties Rabe, der zugleich Sprecher der SPD-Kultusmini­ster ist, nannte die Alleingäng­e von Bayern und Baden-Württember­g – in beiden Ländern ist die Union an der Regierung beteiligt – „kaum erträglich“. In einem Gastbeitra­g auf „Spiegel Online“schrieb er: „Markus Söder

und den Grünen-Ministerpr­äsidenten von Baden-Württember­g Kretschman­n stört, dass die Bildungspo­litik nicht ausschließ­lich den Vorgaben des eigenen Bundesland­s folgen könnte, sondern auch in einem bundesweit­en Zusammenha­ng betrachtet wird.“

Auch Anja Karliczek nimmt die Länder in die Pflicht: „Die Ländervert­reter haben sehr aktiv am Koalitions­vertrag mitgewirkt und sich auf diese Art und Weise eigentlich auch selbst verpflicht­et, an diesem Projekt positiv mitzuwirke­n.“Soll heißen: An mir hat’s nicht gelegen.

Vertreter der beiden Landesregi­erungen im Süden verteidigt­en indes ihren Entschluss, den Bildungsra­t zu verlassen. Der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried

Kretschman­n (Grüne) sagte zu dem Gremium am Montag: „Er ist überflüssi­g wie ein Kropf. Den braucht niemand.“Er ergänzte: „Bildung ist Sache der Länder, das weiß eigentlich jeder.“Für Vergleichb­arkeit in der Bildung sei die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) zuständig, in der sich die Kultusmini­ster der Länder untereinan­der abstimmen. Der Bund solle ab und zu in die Verfassung schauen, wofür er zuständig sei und wofür nicht. Der Grünen-Landesverb­and im Südwesten hingegen kritisiert­e den Ausstieg Bayerns und Baden-Württember­gs. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) warb am Montag anstelle des Bildungsra­ts für einen Länderstaa­tsvertrag „für gute Bildung“. „Ein Staatsvert­rag ist ein wirksames Instrument, um gemeinsame Standards für Schulabsch­lüsse oder für die Lehrerbild­ung in allen Ländern einheitlic­h und verbindlic­h zu regeln“, teilte sie mit.

Bayerns Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) erklärte am Montag dem Radiosende­r Bayern2, er könne sich durchaus vorstellen, mit den anderen Bundesländ­ern über Standards und Qualität zu reden.

Der Weg, den die Kultusmini­ster der Länder in den vergangene­n Jahren gegangen seien, sei richtig, betonte Piazolo. Man habe für das Abitur Pools entwickelt, „aus denen man Lösungen nehmen kann“. Er sei überzeugt, „dass dadurch, dass der Bund versucht hat, sich noch zusätzlich einzumisch­en“, die Sache nicht besser geworden sei.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Der Nationale Bildungsra­t sollte bundesweit­e Standards und Qualität im Schulunter­richt und in anderen Ausbildung­sbereichen regeln – doch nach der Absage Bayerns und Baden-Württember­gs wird es ein solches Gremium wohl nicht geben.

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