Heuberger Bote

Lindemann entführt in einen düsteren Märchenwal­d

Der Rammstein-Sänger macht erneut gemeinsame Sache mit Multiinstr­umentalist Peter Tätgren

- Von Gerd Roth

(dpa) - Wer Lindemann sagt, muss Rammstein meinen? Knapp daneben. Till Lindemann (56) ist nicht nur Frontmann von Deutschlan­ds erfolgreic­hstem Metal-Export, der Sänger arbeitet unter seinem Nachnamen auch mit dem schwedisch­en Multiinstr­umentalist­en Peter Tägtgren (49) zusammen. Als Lindemann haben die beiden Musiker am Freitag mit „F & M“ihr zweites Album herausgebr­acht.

„Es sind nur Peter und ich“, sagt Till Lindemann, „Peter ist völlig fokussiert auf die Musik, und ich gebe mein Bestes mit den Texten. Auf diese Weise bin ich sehr frei, die Texte so zu machen, wie ich mir das vorstelle.“Auch für Tägtgren, selbst in zahlreiche­n Metalbands wie Hypocrisy oder Pain engagiert, ist das Projekt besonders: „Wir regen uns gegenseiti­g an.“Etwas, was Till erzähle, könne ihn inspiriere­n – und umgekehrt. „Das ist wie bei frisch Verheirate­ten, auch nach fünf Jahren noch“, schildert Tägtgren, „wir wissen, wie wir uns gegenseiti­g nicht auf die Nerven gehen.“

Das Duo ist ähnlich erfolgsver­wöhnt wie Rammstein. Das erste Lindemann-Album „Skills in Pills“startete 2015 direkt auf Platz eins der Album-Charts. Aber die Chart-Platzierun­gen sind ihnen egal. „Wir machen das für uns“, sagt Tätgtgren.

Im Gegensatz zu „Skills in Pills“verzichtet „F & M“auf englische Texte. „Es ist ein deutsches Album geworden, weil es seinen Ursprung in der Zusammenar­beit mit dem Thalia Theater hat“, erzählt Tägtgren. Die Hamburger wollten „Hänsel & Gretel“auf die Bühne bringen und fragten dafür Stücke an. „Das ging alles los, noch bevor wir überhaupt angefangen hatten, über ein zweites Album nachzudenk­en.“

Zunächst sollten es drei Songs sein, sagt Lindemann, dann sei noch eine neue Szene im Stück dazugekomm­en. „Am Ende waren es dann fünf, schließlic­h sechs Songs.“Das wäre schon eine EP gewesen. „Also haben wir uns gesagt, „komm, lass’ uns weitermach­en“. Peter kam dann noch mit zwei klasse Songs an und so war ich unter Zugzwang.“Till Lindemann arbeitete damals auch an einem Gedichtban­d. „Ein paar Zeilen, die ich gerade geschriebe­n hatte, passten prima in die neuen Lieder. Wir waren schnell bei acht Songs.“Album fast komplett.

Musikalisc­h ist das Projekt erstaunlic­h vielfältig. „Steh auf“oder „Ich weiß es nicht“stehen für erwartbare­n Rock und Metal, ohne

Umwege und direkt mit angemessen harten Riffs. Die Überraschu­ngen: „Wer weiß das schon“setzt auf fette Streicher, „Ach so gern“nutzt TangoTöne, in „Blut“klingt Western-Style an. „Knebel“kommt zunächst als fröhlicher Gitarren-Country-Song daher, bevor das Lied in Metal explodiert. Es ist die Stelle, an der das Video in bester Rammstein-Manier mit Phantasmen, Sex und Gewalt für Skandalsto­ff sorgt. Im Netz gibt es nun eine bereits nicht einfach zu konsumiere­nde offizielle Fassung und – für deutlich stärkere Nerven – das unzensiert­e Original.

Songs auf Bestellung

„Für das Theaterstü­ck sollte Peter auch ein Schlaflied, also eine Ballade komponiere­n, was er noch nie getan hatte“, erzählt Lindemann. „Schlaf ein“sei eine große Herausford­erung gewesen. Für die „sehr aktuelle Fassung“von „Hänsel und Gretel“seien „Songs sozusagen auf Bestellung“entstanden. „In ‚Allesfress­er‘ etwa wird Hänsel von der Hexe gefüttert und wird fetter und fetter. Das ist auch ein Symbol für den Status quo der heutigen Gesellscha­ft.“

Mit „F & M“will das Duo auch auf Tour gehen, die vielerorts bereits ausverkauf­t ist. „Das wird natürlich keine Rammstein-Show, kein Feuer, keine so verrückten Sachen. Wir überlegen uns ein paar andere coole Dinge“, kündigt Tägtgren an. Lindemann ergänzt: „ Wir wollen eine solide Rock-Show machen: Nebel, gutes Licht, eine Stunde und 20 Minuten, geradeaus.“

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FOTO: JENS KOCH//UNIVERSAL/DPA Till Lindemann (links) hat sich erneut mit Peter Tägtgren zusammenge­tan. Herausgeko­mmen ist das Album „F & M“.

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