„Nicht von diesem Planeten“– Roberto Bautista Agut
Tragischer Held nach spanischem Davis-Cup-Sieg gefeiert
(SID) - Natürlich jubelten wieder mal alle Rafael Nadal zu. Soeben hatte der Tennis-Superstar den sechsten Davis-Cup-Titel für Spanien perfekt gemacht, der gefeierte Held wollte er aber überhaupt nicht sein. „Ich habe hier zwar alle meine acht Matches gewonnen“, sagte Nadal mit feuchten Augen und rang nach Worten, „aber ich sage mit der Hand auf meinem Herzen: Die entscheidende Person war Roberto. Er hat fast Unmenschliches geleistet.“
Der wahre Held dieses Endspiels gegen Kanada, darüber waren sich alle Beteiligten einig, war Roberto Bautista Agut. Am Donnerstag hatte er die Mannschaft in Madrid verlassen, um seinem Vater am Sterbebett beizustehen. Und nur einen Tag nach dessen Beerdigung führte der 31-Jährige Spanien zum Heimtriumph, mit seinem starken Auftaktsieg gegen Felix Auger-Aliassime brachte er die Gastgeber auf die Siegerstraße.
Das Beste ist einfach weitermachen
„Für mich wird er für den Rest meines Lebens ein Vorbild sein“, erklärte Nadal, der das Endspiel nach Bautista Aguts Vorlage entschieden hatte: „Er reiste ab, sein Vater starb, er kehrte zurück, trainierte am Nachmittag und lieferte dann auf einem hohen Level ab.“Diese Leistung, ergänzte der Weltranglisten-Erste, sei „nicht von diesem Planeten“.
Am Donnerstagvormittag war Bautista Agut in seinen rund 400 km von Madrid entfernten Heimatort Castellon gereist, nachdem sich der Gesundheitszustand seines Vaters verschlechtert hatte. „Ich hatte das Glück, mit meinem Vater die letzten Minuten seines Lebens verbringen und mich von ihm verabschieden zu können“, sagte er und dankte seinen Teamkollegen mit Tränen in den Augen für die Unterstützung.
Dass er trotz allem umgehend wieder nach Madrid reiste, stand nicht infrage. „Mein Vater hätte mir eine Ohrfeige gegeben, wenn ich zu
Hause geblieben wäre“, erzählte Bautista Agut. Nach der Beerdigung sei ihm nicht nach Tennis zumute gewesen. Doch als er am Samstagabend seine Kameraden im Halbfinale in der Box unterstützte, änderte sich dies.
Mit Tennis zur Trauerbewältigung hat Bautista Agut bereits leidvolle Erfahrung. Vor eineinhalb Jahren war völlig unerwartet seine Mutter Ester gestorben – nur eine Woche später spielte er bei den French Open. „Wenn du solch eine Tragödie erlebst, ist das Beste, was du tun kannst, einfach weiterzumachen“, sagte er nach dem emotionalen Davis-Cup-Sieg. Freud und Leid liegen manchmal eng beisammen. Erstmals stieß er in diesem Jahr in die Top 10 vor, in Wimbledon erreichte der Weltranglisten-Neunte das Halbfinale. „Es war eine der besten Wochen meiner Tenniskarriere“, sagte Bautista Agut, denn sportlich gesehen war der Titel in Madrid der krönende Abschluss seiner bislang stärksten Saison – aber auch eine der emotional schwierigsten.