Eine Branche am Gängelband
Die massiven Proteste der Bauern in der Bundeshauptstadt sind vordergründig Ausdruck der Gängelung einer ganzen Branche. Ob Insektenschutz oder Agrarpaket – die Liste an Vorschriften und Verordnungen, an die sich Landwirte halten müssen, wird immer länger, die Bürokratie immer allumfassender. Und als wäre das alles nicht schon genug, kommen das miese Image der Bauern in Teilen der Öffentlichkeit, die fehlende Anerkennung ihrer Arbeit und der mangelnde Respekt noch obendrauf. Dass die Landwirte ihrem Ärger Luft machen, ist nur allzu verständlich.
Beim eigentlichen Anlass der Trecker-Sternfahrt nach Berlin, den strengeren Düngeregeln, liegen die Bauern aber falsch. Denn an der zu hohen Nitratbelastung im Grundwasser in Teilen der Republik gibt es nichts zu rütteln. Das ist im Südwesten nur punktuell ein Thema. In Regionen mit intensiver Tierhaltung wie in Niedersachsen sieht das aber anders aus. Dort sind 60 Prozent des Grundwassers in einem schlechten Zustand. Und die Landwirtschaft ist der Hauptverursacher.
Dass die Bürger ihr Trinkwasser trotzdem ohne Bedenken genießen können, liegt an den Wasserversorgern, die mit immer größerem Aufwand dafür sorgen, dass der von der EU vorgegebene Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter nicht überschritten wird. Die Versuche, die Richtigkeit der Daten an den Nitratmessstellen in Zweifel zu ziehen, erinnert stark an die Versuche der Automobillobby in der Dieselkrise – die damit aber auch nicht durchkam.
Nein, in diesem Punkt ist die Landwirtschaft in der Pflicht, endlich konstruktive Vorschläge für einen geringeren Nitrateintrag in den belasteten Gebieten vorzulegen. Das ist sie nicht nur den dort lebenden Bürgern schuldig. Es ist auch in ihrem eigenen Interesse. Andernfalls drohen in spätestens zwei Jahren gerichtlich angeordnete Düngeverbote. Die in solchen Auseinandersetzungen nicht zimperliche Deutsche Umwelthilfe hat sich bereits in Stellung gebracht und die Landesregierungen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verklagt.