Lopez als Stripperin
Jennifer Lopez zieht im neuen Kinofilm „Hustlers“Männer wie Frauen in ihren Bann
In „Hustlers“glänzt die viel kritisierte Schauspielerin
J ennifer Lopez als heiß gehandelte Oscar-Kandidatin? Die Aussicht hätte man bis vor Kurzem wohl noch als ziemlich mäßigen Witz abgetan. Denn der 50-jährigen Entertainerin hängt immer noch ein Desaster namens „Gigli“aus dem Jahre 2003 nach – gemäß weitgehendem Konsensus gilt die „romantische Komödie“als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten. Zum Hohn trug sicher auch bei, dass Lopez damals eine sehr öffentliche Beziehung mit ihrem Co-Hauptdarsteller Ben Affleck führte und man Neuigkeiten von „Bennifer“kaum entkommen konnte.
Wer Lopez nun aber vor allem als erfolgreiche Sängerin sieht, die ähnlich wie etwa Mariah Carey auf dem Weg ins Filmgeschäft ins Schlittern geraten ist, liegt eindeutig falsch. Denn die aus der New Yorker Bronx stammende Künstlerin mag sich zwar an einem sehr breit gefächerten Portfolio versuchen – sei es als Tänzerin, Mode- oder Parfümdesignerin – im Mittelpunkt ihrer Karriere stand neben der Musik aber immer die Schauspielerei. So erhielt sie bereits 1997 für ihre Hauptrolle in der Filmbiographie „Selena“eine GoldenGlobeund Grammy-Nominierung. Es folgten weitere auch bei Kritikern erfolgreiche Auftritte in Filmen wie „The Cell“und „Out of Sight“. Dann trat allerdings die Wahrnehmung von Lopez als Allround-Star in den
Vordergrund, diverse romantische Komödien oder Synchronisationseinsätze bei Animationsfilmen wie „Ice Age“wirkten da eher wie Beiwerk.
Und nun plötzlich „Hustlers“, ein Film, der wirkt, als hätte Lopez ihre ganze Karriere lang darauf hingearbeitet. In ihrer Rolle als Stripperin Ramona dominiert sie in jeder ihrer Szenen auf der Leinwand, auch wenn die Hauptrolle eigentlich bei der ebenfalls sehr talentierten Constanze
Wu („Crazy Rich Asians“) liegt. Die spielt die wenig erfolgreiche junge Stripperin Destiny, die mit ihrem Einkommen sich und ihre Großmutter (Wai Ching Ho) durchbringen muss. Doch nach der ersten Begegnung mit Ramona, die sie prompt unter ihre Fittiche nimmt, geht es für Melody steil nach oben: Beim Anblick des Duos werfen die Männer aus der New Yorker Finanzwelt im Wortsinne mit dem Geld nur so um sich.
Die Finanzkrise des Jahres 2008 bremst den Höhenflug allerdings abrupt aus. Jetzt sitzt das Geld nicht mehr so locker und die Konkurrenz aus Osteuropa lässt die Kundschaft nicht nur zuschauen. Darauf entwickeln die Frauen einen Plan: Zusammen mit den Kolleginnen Mercedes (Keke Palmer) und Annabelle (Lili Reinhart aus „Riverdale“) verabreichen sie wohlhabenden Männern heimlich einen eigens kreierten Drogenmix, um die Kreditkarten der wehrlosen Opfer daraufhin gründlich abzuräumen …
Dieses Geschäftsmodell hat auch in der Realität tatsächlich sehr erfolgreich funktioniert, denn der Film basiert auf einer preisgekrönten Reportage im „New York Magazine“aus dem Jahr 2015. So spricht auch in der Filmrahmenhandlung Melody mit einer Reporterin (Julia Stiles) und erinnert sich an die gemeinsame Zeit mit Ramona. Die an sich verwerflichen Beutezüge der Frauenbande werden dabei ähnlich rauschhaft wie die Exzesse in „The Wolf of Wall Street“inszeniert. Regisseurin Lorene Scafaria („Mit besten Absichten“) zeigt dabei die Stripperinnen als Geschäftsfrauen, die die kapitalistische Logik ihres Gewerbes konsequent weiterdenken.
Dass hier eine Regisseurin am Werk ist, hebt den Film auch wohltuend von schmierigen früheren Stripperinnen-Streifen wie „Showgirls“oder „Striptease“ab: Der Alltag im nächtlichen Geschäft wird als harte Arbeit inszeniert und die Frauen haben neben ihren Kunstfiguren noch eigene Identitäten, etwa als alleinerziehende Mütter oder fürsorgliche Töchter. Und über all dem thront Lopez als mit allen Wassern gewaschene Ersatzmutter, die Männer wie Frauen in ihren Bann zieht.