Freizeitbranche macht sich unabhängig von Klimawandel und Wetter
Indoor-Angebote für das ganze Jahr liegen im Trend – In Rust öffnet nun einer der größten Wasserparks Europas
(lsw) - In der Halle herrschen – Sommer wie Winter – tropische Temperaturen. Alles ist unter einem Dach: eine Indoor-Fantasiewelt mit Rutschen und Wellenbad, mit Wasserspielplätzen, Strömungskanal und anderen Attraktionen. Neben Deutschlands größtem Freizeitpark, dem Europa-Park in Rust bei Freiburg, öffnet nach Betreiberangaben einer der größten Wasserparks Europas. „Rulantica“folgt einem Trend der Freizeit- und Tourismusbranche. Und ist auch eine Antwort auf den Klimawandel. Der Wasserpark ist ganzjährig in Betrieb, Eröffnung ist an diesem Donnerstag.
„Rulantica ist die Fortsetzung des Europa-Parks mit Wasser“, sagt Roland Mack. Er ist Inhaber des 1975 gegründeten Freizeitparks in Rust. Sein Unternehmen hat „Rulantica“in unmittelbarer Nähe des Parks gebaut. Park und Wasserwelt sind unabhängig voneinander.
„Es ist für uns ein Einstieg in ein völlig neues Geschäftsfeld und die größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte“,
sagt Mack. Sein Familienunternehmen, das Achterbahnen und andere Fahrattraktionen baut und betreibt, wird nun zusätzlich zum Betreiber eines Spaßund Freizeitbades. Seit Anfang der 1990er-Jahre laufen die Planungen, sagt er, vor rund 26 Monaten begannen die Bauarbeiten. Es war laut Mack die größte private Baustelle im Land. Sein Unternehmen habe 180 Millionen Euro investiert.
Im Gegensatz zum Europa-Park im Freien mit saisonalen Öffnungszeiten ist „Rulantica“ein Indoor-Vergnügungsareal, das ganzjährig geöffnet ist. Bis zu 5000 Menschen täglich passen in die Halle. Diese hat den Angaben zufolge 25 mit Wasser betriebene Attraktionen, darunter 17 Rutschen. Rund 700 000 Besucher jährlich erwartet Mack für „Rulantica“– zusätzlich zu den mehr als 5,6 Millionen Menschen, die jedes Jahr den Europa-Park besuchen.
Umweltschützer sehen solche Großprojekte kritisch, vor allem wegen des hohen Flächen- und Energieverbrauchs, wie ein Sprecher des Bunds für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND) sagt. Zudem verursache die An- und Abreise der Besucher viel Verkehr. Der Klimawandel werde so weiter angeheizt.
Nachhaltiger Tourismus, der sich in die Natur einfüge, sei das nicht. Dort, wo nun die Wasserwelt steht, war früher landwirtschaftliche Fläche.
Angebaut wurde den Angaben zufolge Mais. Der Wasserpark setze eine Entwicklung fort, die es schon seit Jahren gebe, sagt Mack.
Der Europa-Park entwickle sich immer mehr weg von einem Ort für Tagesausflügler hin zu einem international bedeutenden Kurzreiseziel. Besucher blieben mehrere Tage. Dafür brauche es neben Hotels zusätzliche und unterschiedliche Freizeitangebote, um Touristen mehrere Tage bei Laune zu halten. Zumal IndoorAngebote immer genutzt werden könnten – egal ob es regnet oder schneit, stürmt oder die Sonne scheint.
Nach Angaben der Deutschen Zentrale für Tourismus versucht die Branche in Deutschland zunehmend, mit ihren Angeboten unabhängiger vom Wetter zu werden. Freizeiteinrichtungen im Inneren als Ganzjahresangebote für jedes Wetter gewinnen so an Bedeutung, wie auch der Tourismusminister im Südwesten, Guido Wolf (CDU), sagt. Der Klimawandel, der extreme und nicht absehbare Witterung mit sich bringe, sei eine Herausforderung. „Der Tourismus
kann nicht mehr, wie bisher, allein auf das Wetter setzen“, sagt Wolf. Im Schwarzwald sind im Zuge dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren mehrere Einrichtungen entstanden – unter anderem ein großes Spaßbad mit jährlich knapp 800 000 Besuchern in Titisee-Neustadt und eine Indoor-Freizeitarena auf dem Feldberg. „Unsere Erfahrungen sind positiv“, sagt Thorsten Rudolph, Chef der Hochschwarzwald Tourismus-Gesellschaft: „Die Einrichtungen holen zusätzliche Besucher in den Hochschwarzwald, ohne dass die klassischen Angebote darunter leiden.“Mit Wandern im Sommer und Skifahren im Wintern alleine habe es der Tourismus schwer, sich im hart umkämpften Markt zu behaupten.
Der Wasserpark in Rust sei im Konsens und mit Bürgerbeteiligung entstanden, sagt Bürgermeister KaiAchim Klare (SPD). Es habe keine Klage gegeben, niemand habe den Rechtsweg beschritten. „Ich kenne kein einziges Großprojekt in Deutschland, das in derartigem Einvernehmen entstanden ist.“