Klimafolgen für Deutschland heftiger
Es drohen noch mehr Stürme, Trockenheit, Hitzetote und Überschwemmungen
- Die Bundesregierung warnt eindringlich vor den Folgen der Erderhitzung für Deutschland. „Das Weltklima ist nicht irgendwo anders, es ist hier“, sagte Umweltministerin Svenja Schulze am Dienstag in Berlin. „Der Befund ist eindeutig: Das Wetter verändert sich hierzulande spürbar.“In den kommenden Jahren drohten weitere schwere Schäden für die Landwirtschaft, die Gesundheit der Bürger und die Wälder.
Im Monitoringbericht 2019 zu den Folgen des Klimawandels für Deutschland haben Experten aus 30 Bundesbehörden mit möglichst wissenschaftlicher Genauigkeit die Folgen der Veränderungen dokumentiert. Dabei geht es sowohl um die bereits eingetretenen als auch um künftige Schäden. Demnach ist die mittlere Temperatur in Deutschland allein in den vergangenen drei Jahren um 0,3 Grad gestiegen; sie liegt damit 1,5 Grad höher als zu Beginn der Industrialisierung. Der Deutsche Wetterdienst sieht darin die Ursache für die Trockenheit, den häufigeren Starkregen und den Anstieg des Meeresspiegels, die sich konkret beobachten lassen. „Die Daten lassen keine Zweifel zu“, sagt Schulze.
Etwas irritierend wirken die eindringlichen Warnungen der Ministerin vor dem Hintergrund des gerade verabschiedeten Klimapakets der Regierung. Experten zufolge greift das Gesetz viel zu kurz: „Die Summe der aufgeführten Maßnahmen reicht bei Weitem nicht aus, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen“, urteilt das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Besonders ernüchternd sei der niedrig angesetzte Preis für den Ausstoß von Kohlendioxid.
Ministerin Schulze sieht jedoch keinen Widerspruch zwischen ihrer Forderung nach energischerem Klimaschutz und dem zaghaften Handlungskatalog der Regierung. Deutschland sei das einzige Land, das den Klimaschutz mit einem eigenen Gesetz regele. Es sei damit weltweit Vorreiter, während Länder wie die USA die Entwicklung blockierten. „Wenn sich herausstellt, dass unsere Annahmen zu optimistisch waren, wenn das nicht reicht, dann muss nachgebessert werden“, sagt Schulze. Der neu geschaffene Rahmen lasse dies zu. „Wir sind das Land, das jetzt die Kohlekraftwerke abschaltet!“
Der Deutsche Wetterdienst warnte jedoch bei der gleichen Pressekonferenz
vor einem erheblichen Anstieg der Durchschnittstemperaturen bei Fortführung der angeschobenen Anstrengungen. Selbst bei konsequentem Klimaschutz liegt der Anstieg demnach je nach Modell bei bis zu 3,6 Grad bis Ende des Jahrhunderts. Wenn sich die Weltgemeinschaft nicht rechtzeitig zum Umsteuern aufraffe, dann falle er deutlich höher aus. „Schon 2019 haben wir eine Hitzewelle mit einer Intensität verzeichnet, wie sie Europa noch nie erlebt hat“, sagt Tobias Fuchs, Leiter der Abteilung Klima und Umweltberatung des Deutschen Wetterdienstes.
Es könne als wissenschaftlich gesichert gelten, dass dies erst der Anfang sei, sagte Fuchs. Eine weitere Zunahme von Trockenheit und Starkregen sei sicher, der Meeresspiegel steige, die Landwirtschaft müsse auf hitzefestere Pflanzen umsteigen.
Die deutschen Wetterbehörden erhielten eine Bestätigung durch die Vereinten Nationen. Die meteorologische Agentur der UN hat gerade erst einen neuen Rekordwert für Treibhausgase in der Atmosphäre gemessen. Das Umweltprogramm Unep warnte in einem Report, dass die bisherigen Anstrengungen bei Weitem nicht ausreichen, um das Schlimmste zu verhindern. Der Ausstoß von Treibhausgasen müsse in den kommenden zehn Jahren jährlich um 7,6 Prozent sinken, um die kommenden Katastrophen abzuwehren. Was sich tatsächlich abzeichnet, ist allenfalls eine Dämpfung des Anstiegs.