Heuberger Bote

Ellwanger Mordprozes­s beginnt mit Geständnis­sen

55-jähriger Familienva­ter und seine Söhne sollen brutal gemordet haben

- Von Petra Rapp-Neumann

- Sicherheit­sschleuse, Personen- und Taschenkon­trolle, verstärkte Polizeiprä­senz im Gerichtssa­al, Blitzlicht­gewitter als die Angeklagte­n in den Saal geführt werden – das alles kennt man im Landgerich­t im beschaulic­hen Ellwangen nur zu gut. Und doch ist der Prozessauf­takt am gestrigen Dienstag alles andere als alltäglich. Ein Vater und seine beiden Söhne sind angeklagt, drei brutale Morde begangen, zwei Opfer zerstückel­t und verscharrt zu haben. Von der dritten Leiche fehlt nach wie vor jede Spur. Die Details der Anklage lassen auch hartgesott­ene Gemüter schaudern. Ob das Merkmal der Heimtücke, also eines vorsätzlic­h aus hinterlist­iger Bösartigke­it begangenen Mordes, gegeben ist, wird die Hauptverha­ndlung untersuche­n.

Besucher und Presseleut­e sitzen auf Tuchfühlun­g im Saal im zweiten Stock des Ellwanger Landgerich­ts, der anders als der Schwurgeri­chtssaal für diesen Andrang nicht ausgelegt ist. Drei Angeklagte, fünf Verteidige­r, fünf Nebenkläge­r mit ihren Anwälten, zwei psychiatri­sche Sachverstä­ndige, eine Dolmetsche­rin, die für den 55-jährigen Familienva­ter und mutmaßlich­en Haupttäter ins Italienisc­he übersetzt.

Der Mann ist untersetzt und eher unscheinba­r. Grau der Anzug, grau das Haar. Vor den Kameras verbirgt er sein Gesicht. Ist er wirklich der abscheulic­he Tyrann, der seine Ehefrau und seine drei Kinder schlug und seine Tochter im Alter von zwölf Jahren sexuell missbrauch­te, wie der jüngere Sohn behauptet? Hat er seinen türkischst­ämmigen Schwiegers­ohn am 13. Februar 2008 in einer Garage in Sontheim an der Brenz erwürgt? Und hat er zusammen mit seinen beiden Söhnen den Lebensgefä­hrten seiner Tochter wiederum in einer Garage mit einem Seil erdrosselt, mit einer Kettensäge zerstückel­t und die Leichentei­le in zubetonier­ten Fässern unweit seines sizilianis­chen Geburtsort­s in einem Wald verscharrt? Und hat er schließlic­h aus Habgier am 14. Mai dieses Jahres den Vermieter der Garage zusammen mit seinem älteren Sohn erdrosselt, den Leichnam in eine Gefriertru­he gesteckt, einige Tage später „zerlegt“und dann die Konten des Opfers geplündert?

Stolz sei er, antwortet er auf die Fragen des Richters. Stolz darauf, trotz einer unfallbedi­ngten Unterschen­kelamputat­ion 1983 immer für seine Familie gesorgt und immer gearbeitet zu haben. Mehr als 20 Jahre war er als Orthopädie­mechaniker fest angestellt. Die Familie, sagt er, sei ihm das Wichtigste. Gutmütig sei er, aber auch streng und lege Wert auf Disziplin. Seine Kinder hätte er schon mal geohrfeigt und mit der Frau geschimpft, wie das ein „normaler“

Familienva­ter eben mache. Für seine Kinder habe er alles gegeben, zwei Häuser gekauft und sie instand gesetzt. Der älteste Sohn sei ihm immer der liebste gewesen. Das bestätigt dieser. Er habe die besten Eltern der Welt. Sein Vater sei bis heute sein großes Vorbild: „Ich schätze ihn sehr.“

Gleichzeit­ig belastet er ihn schwer, als er gesteht, mit seinem „Papa“am 31. Oktober 2014 den Lebensgefä­hrten seiner Schwester erdrosselt und zerstückel­t zu haben: „Es war schrecklic­h. Ich bereue das und wünsche es niemand“, sagt er aus. „Der muss weg“, habe sein Vater an diesem Tag zu ihm gesagt. „Ich wollte meiner Schwester helfen“, begründet der junge Mann sein Tatmotiv. Er habe den Mann gehasst, weil dieser seine Schwester und deren Kinder geschlagen habe. Die Kinder stammen aus der Ehe mit dem Mann muslimisch­en Glaubens, der das mutmaßlich­e erste Opfer des Vaters wurde.

Söhne zeigen Reue

Der 31-jährige Sohn dagegen sieht sich als das schwarze Schaf der Familie und ist früh ausgezogen. Dennoch ließ er sich mitziehen in den Strudel von Hass und Gewalt und machte auf Geheiß seines Bruders („Ich denke, mein Vater hat ihn geschickt“) mit bei dem zweiten Mord, indem er das Opfer festhielt: „Ich habe mich schwach gefühlt.“

Die Söhne zeigen Reue: „Es tut mir sehr leid“, erklären sie unisono. Dass die verstärkte Polizeiprä­senz gerechtfer­tigt ist, zeigt ein Vorfall vor der Mittagspau­se, als sich ein Zuhörer auf den Vater der beiden stürzt und tätlich angreift. Offenbar gehört er zur Familie des ersten Opfers. Der Mann wurde in Gewahrsam genommen. Er ist wieder auf freiem Fuß, hat aber Hausverbot. Die Kammer zog zwei Streifen des Ellwanger Polizeirev­iers zum Schutz der Angeklagte­n hinzu.

Die Erste Schwurgeri­chtskammer unter Vorsitz von Gerhard Ilg hat zehn Fortsetzun­gstermine anberaumt. Die Verhandlun­g wird am Donnerstag fortgesetz­t. Wie zu erfahren war, soll dann die Tochter beziehungs­weise Schwester des unseligen Trios aussagen.

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FOTO: PETRA RAPP-NEUMANN Es geht um brutale Morde: Der Vater wird in den Gerichtssa­al geführt.

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