Ellwanger Mordprozess beginnt mit Geständnissen
55-jähriger Familienvater und seine Söhne sollen brutal gemordet haben
- Sicherheitsschleuse, Personen- und Taschenkontrolle, verstärkte Polizeipräsenz im Gerichtssaal, Blitzlichtgewitter als die Angeklagten in den Saal geführt werden – das alles kennt man im Landgericht im beschaulichen Ellwangen nur zu gut. Und doch ist der Prozessauftakt am gestrigen Dienstag alles andere als alltäglich. Ein Vater und seine beiden Söhne sind angeklagt, drei brutale Morde begangen, zwei Opfer zerstückelt und verscharrt zu haben. Von der dritten Leiche fehlt nach wie vor jede Spur. Die Details der Anklage lassen auch hartgesottene Gemüter schaudern. Ob das Merkmal der Heimtücke, also eines vorsätzlich aus hinterlistiger Bösartigkeit begangenen Mordes, gegeben ist, wird die Hauptverhandlung untersuchen.
Besucher und Presseleute sitzen auf Tuchfühlung im Saal im zweiten Stock des Ellwanger Landgerichts, der anders als der Schwurgerichtssaal für diesen Andrang nicht ausgelegt ist. Drei Angeklagte, fünf Verteidiger, fünf Nebenkläger mit ihren Anwälten, zwei psychiatrische Sachverständige, eine Dolmetscherin, die für den 55-jährigen Familienvater und mutmaßlichen Haupttäter ins Italienische übersetzt.
Der Mann ist untersetzt und eher unscheinbar. Grau der Anzug, grau das Haar. Vor den Kameras verbirgt er sein Gesicht. Ist er wirklich der abscheuliche Tyrann, der seine Ehefrau und seine drei Kinder schlug und seine Tochter im Alter von zwölf Jahren sexuell missbrauchte, wie der jüngere Sohn behauptet? Hat er seinen türkischstämmigen Schwiegersohn am 13. Februar 2008 in einer Garage in Sontheim an der Brenz erwürgt? Und hat er zusammen mit seinen beiden Söhnen den Lebensgefährten seiner Tochter wiederum in einer Garage mit einem Seil erdrosselt, mit einer Kettensäge zerstückelt und die Leichenteile in zubetonierten Fässern unweit seines sizilianischen Geburtsorts in einem Wald verscharrt? Und hat er schließlich aus Habgier am 14. Mai dieses Jahres den Vermieter der Garage zusammen mit seinem älteren Sohn erdrosselt, den Leichnam in eine Gefriertruhe gesteckt, einige Tage später „zerlegt“und dann die Konten des Opfers geplündert?
Stolz sei er, antwortet er auf die Fragen des Richters. Stolz darauf, trotz einer unfallbedingten Unterschenkelamputation 1983 immer für seine Familie gesorgt und immer gearbeitet zu haben. Mehr als 20 Jahre war er als Orthopädiemechaniker fest angestellt. Die Familie, sagt er, sei ihm das Wichtigste. Gutmütig sei er, aber auch streng und lege Wert auf Disziplin. Seine Kinder hätte er schon mal geohrfeigt und mit der Frau geschimpft, wie das ein „normaler“
Familienvater eben mache. Für seine Kinder habe er alles gegeben, zwei Häuser gekauft und sie instand gesetzt. Der älteste Sohn sei ihm immer der liebste gewesen. Das bestätigt dieser. Er habe die besten Eltern der Welt. Sein Vater sei bis heute sein großes Vorbild: „Ich schätze ihn sehr.“
Gleichzeitig belastet er ihn schwer, als er gesteht, mit seinem „Papa“am 31. Oktober 2014 den Lebensgefährten seiner Schwester erdrosselt und zerstückelt zu haben: „Es war schrecklich. Ich bereue das und wünsche es niemand“, sagt er aus. „Der muss weg“, habe sein Vater an diesem Tag zu ihm gesagt. „Ich wollte meiner Schwester helfen“, begründet der junge Mann sein Tatmotiv. Er habe den Mann gehasst, weil dieser seine Schwester und deren Kinder geschlagen habe. Die Kinder stammen aus der Ehe mit dem Mann muslimischen Glaubens, der das mutmaßliche erste Opfer des Vaters wurde.
Söhne zeigen Reue
Der 31-jährige Sohn dagegen sieht sich als das schwarze Schaf der Familie und ist früh ausgezogen. Dennoch ließ er sich mitziehen in den Strudel von Hass und Gewalt und machte auf Geheiß seines Bruders („Ich denke, mein Vater hat ihn geschickt“) mit bei dem zweiten Mord, indem er das Opfer festhielt: „Ich habe mich schwach gefühlt.“
Die Söhne zeigen Reue: „Es tut mir sehr leid“, erklären sie unisono. Dass die verstärkte Polizeipräsenz gerechtfertigt ist, zeigt ein Vorfall vor der Mittagspause, als sich ein Zuhörer auf den Vater der beiden stürzt und tätlich angreift. Offenbar gehört er zur Familie des ersten Opfers. Der Mann wurde in Gewahrsam genommen. Er ist wieder auf freiem Fuß, hat aber Hausverbot. Die Kammer zog zwei Streifen des Ellwanger Polizeireviers zum Schutz der Angeklagten hinzu.
Die Erste Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Gerhard Ilg hat zehn Fortsetzungstermine anberaumt. Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt. Wie zu erfahren war, soll dann die Tochter beziehungsweise Schwester des unseligen Trios aussagen.