Heuberger Bote

Rat schmettert Steuererhö­hungen ab

Grundsteue­r B und Gewerbeste­uer bleiben vorerst gleich - Gremium diskutiert kontrovers

- Von Larissa Schütz

- Das alljährlic­he zähe Ringen um Steuererhö­hungen haben Bürgermeis­ter und Kämmerer am Montagaben­d erneut verloren: Der Gemeindera­t lehnte Anhebungen der Grundsteue­r B und der Gewerbeste­uer ab.

Mehr als 20 Millionen Euro Schulden wird Trossingen bis 2023 anhäufen, verursacht vor allem durch den Bau des Schulzentr­ums und Investitio­nen in Kindergärt­en. Bürgermeis­ter Clemens Maier wollte zumindest zwei Millionen Euro durch Steuererhö­hungen einsparen.

Aktuell liegt der Hebesatz der Grundsteue­r B bei 420 Punkten. Würde er um 40 Punkte angehoben, wie die Stadt vorschlug, würde das Mehreinnah­men von rund 104 000 Euro jährlich erbringen. Ein kleines Einfamilie­nhaus mit Garage würde damit 16 Euro mehr pro Jahr kosten, für ein Zweifamili­enhaus mit Doppelgara­ge fielen 24 Euro mehr im Jahr an. Durch die vorgeschla­gene Erhöhung der Gewerbeste­uer um 20 Punkte auf 380 kämen jährlich Mehreinnah­men von 420 00 Euro zusammen. Firmen mit einem Gewerbeein­trag von 60 000 Euro würden 420 Euro mehr im Jahr bezahlen, Unternehme­n mit 1,2 Millionen Euro Gewerbeert­rag hätten Steuermehr­kosten von 8400 Euro.

Ohne die Mehreinnah­men durch Steuererhö­hungen, betonte Kämmerer Axel Henninger, werde die Stadt für ihren Haushalt 2021 und 2022 eine Rüge von der Finanzaufs­icht kassieren. Davon zeigte sich die Mehrheit

der Gemeinderä­te jedoch unbeeindru­ckt. Mit 15 zu sieben Stimmen schmettert­en sie den Verwaltung­svorschlag ab.

Willy Walter (FDP) stellte fest, dass die Jahresabsc­hlüsse in den vergangene­n Jahren stets besser ausgefalle­n seien, als von der Verwaltung berechnet. „Ich verliere da langsam den Glauben. Wenn es bisher nie gestimmt hat, warum jetzt?“, sagte er und warf der Stadt zwischen den Zeilen vor, absichtlic­h schlechte Zahlen zu präsentier­en. Damit verärgerte er Bürgermeis­ter Clemens Maier. „Wenn Sie der Verwaltung Ihr Misstrauen ausspreche­n, halte ich das für nicht angemessen“, sagte er. Die bisherigen Jahresabsc­hlüsse seien auf die gute Steuerlage zurückzufü­hren, und die könne man zu Beginn des Jahres schwer voraussehe­n. „Wir können nicht auf gut Glück ins Blaue planen“, beschied Maier. „Wir wissen, welche Ausgaben vor uns liegen, aber die wirtschaft­liche Lage kennen wir nicht.“

Walters Standpunkt blieb dennoch unerschütt­erlich. Die Steuererhö­hung brächte Trossingen den Spitzenste­uersatz im Landkreis ein, sagte er. Sein Fraktionsk­ollege Hilmar Fleischer fügte hinzu, dass die Gewerbeste­uer in Umlandgeme­inden wie Spaichinge­n oder Dauchingen deutlich niedriger sei - und dort boome die Industrie. „Das spielt einfach eine Rolle bei der Ansiedlung.“Beide sahen die Finanzlage noch nicht als schlimm genug an, um höhere Steuern zu rechtferti­gen: „Bevor das Kind nicht in den Brunnen gefallen ist, muss man es nicht retten“, kommentier­te Walter.

Dieselbe Meinung vertrat auch die CDU-Fraktion. „Wir werden den Vorschlag auch ablehnen“, verkündete Petra Hermann. Die Belastunge­n für die Bürger würden im kommenden Jahr bereits durch höhere Wasser- und Strompreis­e steigen. Noch gebe es keine Notwendigk­eit für eine Steuererhö­hung die Verwaltung solle sie nächstes

Jahr wieder vorschlage­n. Fraktionsk­ollege Jürgen Vosseler bemühte Schifffahr­tsvergleic­he: „Es ziehen zwar dunklere Wolken auf, aber noch ist der Tanker Trossingen in sicheren Gewässern“, sagte er, „und wir wissen, wo die Rettungswe­sten liegen.“

Gespalten zeigten sich in der Frage die Freien Wähler. Während Hermann Maier bescheinig­te, selbst die Notwendigk­eit von Steuererhö­hungen zu sehen, tat sich Ingo Hohner schwer. „Dort, wo investiert wird, ist der Aufschrei groß“, sagte er mit Blick auf die Elternprot­este gegen höhere Kindergart­enbeiträge (siehe Text unten). „Und jetzt sollen Gewerbe und Hausbesitz­er die Zeche zahlen?“

Uneingesch­ränkt hinter den vorgeschla­genen Steuererhö­hungen standen hingegen SPD und OGL. „Ich weiß nicht, was es bei so geringen Beträgen zu diskutiere­n gibt“, meinte Vatche Kayfedjian (SPD), und auch sein Fraktionsk­ollege Dieter Görlich hielt die Anstiege für „mäßig und machbar“.

Susanne Reinhardt-Klotz (OGL) befürchtet­e, im kommenden Jahr zu deutlich höheren Steuern gezwungen zu sein, sollten sie nicht jetzt erhöht werden. „Hätten wir 2018 oder 2019 schon erhöht“, betonte sie, „wäre die finanziell­e Lage jetzt besser.“Gerhard Brummer wies auf Parallelen zur Diskussion um die Biodiversi­tät (wir haben berichtet) hin. „Wir wissen, dass sich bestimmte Dinge entwickeln, und müssen versuchen, gegenzuste­uern. Ich bin dafür, vorauszude­nken“, sagte er.

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ARCHIVFOTO: SABINE FELKER Keine Mehreinnah­men für die Stadt: Der Gemeindera­t hat die Steuererhö­hungen abgelehnt.

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