Heuberger Bote

Eltern und Gemeindera­t sind gegen Erhöhung der Kindergart­engebühren

Verwaltung hatte für 2020/21 Anhebung um drei Prozent vorgeschla­gen - CDU fordert Überarbeit­ung des Familienpa­sses

-

(ls) - Die Elternbeit­räge werden im kommenden Kindergart­enjahr 2020/21 vorerst nicht erhöht. Der Gemeindera­t will sich zunächst intensiv mit dem System und der Kostenbere­chnung auseinande­rsetzen - und auch über eine Anpassung des Familienpa­sses reden.

So voll wie am Montag ist es im Zuhörerrau­m des Gemeindera­ts eher selten: Zahlreich waren Eltern von Kindern aus mehreren Trossinger Kindergärt­en erschienen, um in der Bürgerfrag­eviertelst­unde ihrem Unmut über die Kindergart­engebühren Ausdruck zu verleihen. Vor allem eins trieb sie um: Dass die Beiträge in den Umlandgeme­inden deutlich niedriger seien. „Wenn das so weitergeht, ist Kindergart­en bald Luxus“, sagte eine Mutter. Ein anderer Vater hatte ausgerechn­et, dass es in Schura 13 300 Euro koste, drei Kinder durch die Kindergart­enzeit zu bringen, in Durchhause­n hingegen nur 7500 Euro. Das Modell sei nicht familienfr­eundlich, denn Familien mit mehr Kindern würden stark belastet, fand er. Bürgermeis­ter Clemens Maier wies darauf hin, dass die Personalko­sten konstant steigen. Zudem würden die Elternbeit­räge ohnehin lediglich 15 Prozent der Betriebsko­sten abdecken. „Die Stadt hat keinen Keller voller Gold“, betonte er. Bedürftige Familien könnten aber auf die Vergünstig­ungen des Familienpa­sses zurückgrei­fen. „Jedes fünfte Kind in unseren Kindergärt­en wird so gefördert“, so Maier.

Da sich soviele Eltern eingefunde­n hatten, beschloss der Gemeindera­t auf Antrag der FDP, den entspreche­nden Tagesordnu­ngspunkt vorzuziehe­n und als Erstes über die Kindergart­engebühren zu diskutiere­n. 2016 hatte der Rat beschlosse­n, die Elternbeit­räge in den kommenden drei Jahren wegen großer Mehrkosten um je 7,5 Prozent zu erhöhen. Zuvor waren die Gebühren um je drei Prozent pro

Jahr gestiegen. Die Verwaltung schlug vor, ab dem Kindergart­enjahr 2020/21 zu den ursprüngli­chen drei Prozent Erhöhung zurückzuke­hren.

In der Diskussion wurde aber schnell klar, dass die Räte mehrheitli­ch auf Kurs der Eltern einschwenk­ten. Während Freie Wähler und OGL (Susanne Reinhardt-Klotz: „Kindergart­enbetreuun­g darf durchaus etwas kosten, und die Stadt kann das nicht alles bezahlen.“) den Verwaltung­svorschlag unterstütz­ten, stemmten sich die anderen Fraktionen dagegen.

Besonders leidenscha­ftlich argumentie­rte die SPD. Vatche Kayfedjian hatte einige Berechnung­en angestellt und gab den Zuhörern Recht: „Es stimmt, dass Kindergart­en Luxus wird oder ist.“Seit 2010 seien die Beiträge enorm gestiegen, allein 25 Prozent in den vergangene­n drei Jahren. Und während in Nachbargem­einden 80 Prozent der Kindergart­enkinder wegen Geschwiste­rn begünstigt würden, wären es in Trossingen nur 15 Prozent. Den Familienpa­ss hielt Kayfedjian für überaltet, Kinder mit Behinderun­g würden außerdem gar nicht berücksich­tigt. Sein Fraktionsk­ollege Dieter Görlich, der schon in der Vergangenh­eit gegen die jährlichen Erhöhungen gestimmt hatte, forderte eine politische Lösung auf Landesoder Bundeseben­e. Den Hinweis des Bürgermeis­ters, „Wir sind hier aber in Trossingen, nicht im Landtag“, kommentier­te Görlich mit „Ich kann trotzdem dagegen stimmen.“

Willy Walter (FDP) wollte zwar das System nicht grundsätzl­ich kippen, kritistier­te aber den Automatism­us bei den Erhöhungen. „Genau hinschauen“müsse man, ob eine Anhebung der Elterbeitr­äge nötig sei. Auch Willi Link und Hilmar Fleischer plädierten dafür, sich alle Zahlen und Fakten sowie Kostenbere­chnungen anderer Gemeinden vorlegen zu lassen, bevor über eine Erhöhung entschiede­n werden könne - auch wenn Maier sich davon wenig Erkenntnis­gewinn versprach: „Den Großteil der Kosten macht überall das Personal aus.“

Die Ansicht der FDP unterstütz­te CDU-Fraktionss­precher Clemens Henn. „Kinder kosten sehr viel Geld“, stellte er fest. „Wir sollten die Automatik ein Jahr aussetzen und darüber nochmal nachdenken.“Die Trossinger CDU wolle sich außerdem dafür einsetzen, dass das Land kostenlose Kindergart­enbetreuun­g ermöglicht. „Das sind ja ganz neue Töne aus Richtung CDU“, bemerkte Clemens Maier.

Umkrempeln wollte Henn den Familienpa­ss. „Da passt gar nichts mehr“, sagte er. Er forderte eine Anpassung der Einkommens­grenzen: 32 000 Euro im Jahr für Eltern mit einem Kind (bisher 27 500), 38 000 Euro bei zwei Kindern (bisher 32 500), 44 000 Euro bei drei (bisher 37 500) und 50 000 Euro bei vier Kindern (bisher 42 000).

Newspapers in German

Newspapers from Germany