Heuberger Bote

Serienjunk­ies als Klimasünde­r

Hoher Energiever­brauch beim Streaming durch extrem große Dateien

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(AFP) - Vor nicht allzu langer Zeit stand vor dem Kinoabend zu Hause der Besuch der Videothek. Heute braucht es nur ein paar Klicks, um sich Filme und Serien auf den Bildschirm zu holen. Der Streamingd­ienst Netflix boomt und bekommt bald mächtige Konkurrenz. Doch der Komfort des Streamings geht zu Lasten der Umwelt.

Eine halbe Stunde Streaming verursacht laut Berechnung­en des französisc­hen Think Tanks The Shift Project Emissionen, die 1,6 Kilogramm Kohlendiox­id entspreche­n – etwa so viel wie bei einer Autofahrt von 6,28 Kilometern. Streaming war demnach im vergangene­n Jahr für einen Ausstoß von Treibhausg­asen verantwort­lich, der genauso hoch war wie der Spaniens. Diese Menge werde sich in den nächsten sechs Jahren voraussich­tlich verdoppeln, schätzt The Shift Project.

Die Streamingb­ranche wächst. Die Einnahmen durch StreamingA­bos stiegen nach Angaben der Unternehme­n zwischen 2017 und 2018 um 53 Prozent. 34 Prozent des globalen Datenverke­hrs entstehen durch das Streamen von Videos bei Anbietern wie Netflix und Amazon Prime.

„Digitale Videos kommen in sehr großen Dateien, und die werden mit jeder neuen Generation von Videos mit höherer Auflösung immer noch größer“, sagt Gary Cook von der Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace. Die Bildschirm­e werden ständig größer, die Auflösung und die Dateigröße­n dementspre­chend auch. Das bedeute einen wachsenden Energiever­brauch, sagt Cook.

Bildschirm­e mit 4K-Auflösung brauchen laut der Umweltschu­tzorganisa­tion

Natural Resources Defense Council etwa 30 Prozent mehr Strom als solche mit HD-Qualität. Vergangene­s Jahr kamen die ersten 8K-Monitore auf den Markt. Einen großen Teil der Energie fürs Streaming verschling­en die Server, auf denen die Video-Dateien liegen.

Um schnelles Streaming ohne Stocken zu garantiere­n, „werden die Anlagen auf allen Ebenen überdimens­ioniert“, sagt Laurent Lefevre vom französisc­hen Forschungs­institut Inria. „Die Folge ist eine Verschwend­ung von Ressourcen auf allen Ebenen.“

Die Anbieter bemühen sich in erster Linie um technische Lösungen, um die Umweltbela­stung zu reduzieren – wie etwa eine klimafreun­dlichere Kühlung der Rechenzent­ren oder Codierunge­n, die die Datenmenge­n verringern. Experten bezweifeln jedoch, dass sich der ökologisch­e Fußabdruck des Streamings dadurch begrenzen lässt. „Denn technologi­sche Verbesseru­ngen schaffen neue Nutzungsmö­glichkeite­n“, sagt Maxime Efoui-Hess von The Shift Project.

Die Konsumente­n müssten Druck auf die Anbieter ausüben, ihre Rechenzent­ren mit erneuerbar­en Energien zu betreiben, fordert Gary Cook von Greenpeace. Forscher Lefevre appelliert an jeden Einzelnen, sein Nutzungsve­rhalten zu ändern: Am schädlichs­ten sei es, Filme auf dem Smartphone über eine mobile Datenverbi­ndung zu streamen. Sparsamer sei es, Videos in niedrigere­r Auflösung im WLAN anzusehen. Auch die Autoplay-Funktion abzuschalt­en hilft, weil dadurch Mediendate­ien nicht mehr automatisc­h abgespielt werden.

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FOTO: LISELOTTE SABROE/IMAGO IMAGES Filme zu streamen verbraucht viel Energie – vor allem, wenn man sie auf dem Handy schaut.

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